VDV-Präsidium äußert sich zu Grundsatzfragen des ÖPNV
(Köln) - Das Präsidium des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat sich bei seiner Sitzung am 18. und 19. November 2010 in Potsdam vor allem mit dem Fernbuslinienverkehr und der zukünftigen Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) befasst.
Fernbuslinienverkehr
Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht eine Zulassung von Fernbusverkehr und eine damit verbundene Änderung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) vor. Das VDV-Präsidium fürchtet dadurch erhebliche Kannibalisierungseffekte gegenüber dem Eisenbahnfernverkehr und dem ÖPNV. Deshalb fordert es eine Zulassung neuer Fernbusverkehre nur dort, wo sie ohne eine erhebliche Reduzierung der Fahrgastzahlen bei den vorhandenen Verkehrsmitteln zusätzliche Fahrgäste auf die öffentlichen Verkehrsmittel bringen. Dies gewährleistet nach Ansicht des Präsidiums die heute bestehende Rechtslage: Ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2010 zum bestehenden PBefG öffnet hinreichenden Raum für Fernbusverkehre. Nach dieser Entscheidung kann ein Busfernverkehr sogar parallel zu einer vorhandenen Eisenbahnverbindung genehmigt werden, nämlich wenn dessen Fahrpreise erheblich günstiger sind als die entsprechenden Bahnpreise.
ÖPNV-Finanzierung
Mit großer Sorge betrachtet das VDV-Präsidium die Perspektiven der ÖPNV-Finanzierung. Der seit Jahren festzustellende Rückgang der Mitfinanzierung des ÖPNV aus öffentlichen Kassen kann von der Branche nicht kompensiert werden. In den letzten Jahren haben die Unternehmen ihre Kosten deutlich gesenkt und gleichzeitig ihre Einnahmen gesteigert. Die Spielräume für die Unternehmen, Belastungen aufzufangen, werden immer geringer.
Die Schere zwischen wachsender Nachfrage in den Ballungsräumen und verfügbaren Mitteln für Neubau- und Erneuerungsinvestitionen klafft immer weiter auseinander. "Dringend notwendige Erneuerungsinvestitionen liegen teilweise schon seit Jahren auf Eis. Die fehlenden Mittel können nicht durch Ticketpreiserhöhungen oder immer weitere Einsparmaßnahmen bei den Verkehrsunternehmen aufgefangen werden", erklärt VDV-Präsident Jürgen Fenske.
Vielerorts sind Teile der ÖPNV-Infrastruktur, wie beispielsweise Rolltreppen, veraltet und daher nur noch eingeschränkt funktionsfähig. "In allen Bereichen des Betriebs merkt man den großen Erneuerungsbedarf. Das geht von stillstehenden Rolltreppen bis hin zur teilweise überalterten Signaltechnik, die immer störungsanfälliger wird", erklärt Fenske. Dem deutschen ÖPNV droht ein Substanzverlust.
Aufgrund der Ergebnisse der Föderalismusreform zieht sich der Bund - trotz nachgewiesenem Erneuerungs- aber auch Ausbaubedarfs mit jährlicher Unterdeckung in Milliardenhöhe - schrittweise aus seiner bisher wahrgenommenen Verantwortung zurück. So besteht allein beim ÖPNV ein Sanierungsrückstau von 2,35 Milliarden Euro und in Zukunft kommen jedes Jahr weitere 330 Millionen Euro hinzu. Für die Nichtbundeseigenen Eisenbahnen hat der Bund von vornherein jede Finanzierung abgelehnt.
Auch die Länder und Kommunen haben ihr finanzielles Engagement teilweise bis auf Null zurückgefahren. "Es geht nicht an, dass die für die Wirtschaftsstandorte und den Klimaschutz essentiellen ÖPNV-Investitionen in Deutschland schleichend verrotten", macht Fenske deutlich. Die Verkehrsunternehmen werden zwar weiterhin alles tun, um ihre Kosten zu senken und ihre Erträge zu steigern. Dies allein wird nicht reichen. "Wir brauchen eine ausreichende Finanzausstattung, um den wachsenden Bedarf zu decken und veraltete Infrastrukturen zu erneuern," so Fenske.
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