Pressemitteilung | k.A.

VDR erwartete Beitragssatz von 19,8 Prozent / Zur Finanzsituation in der Rentenversicherung

(Frankfurt am Main) - "Unter den Annahmen der Bundesregierung errechnet sich für die Jahre 2004 und 2005 ein Beitragssatz in der Rentenversicherung von 19,8 Prozent". Diese Einschätzung traf der Vorstandsvorsitzende des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, Dr. Erich Standfest, auf der Mitgliederversammlung des VDR am 13. Mai 2003 in Stuttgart. Erst im Jahr 2006 könne der Beitragssatz wieder auf 19,5 Prozent gesenkt werden.

Ursächlich für die Einnahmesituation der Rentenversicherung seien neben der hinter den Erwartungen zurückgebliebenen konjunkturellen Entwicklung u.a. auch die Neuregelungen im Bereich der zusätzlichen Alterssicherung. So seien die Zugangsmöglichkeiten der Arbeitnehmer zur betrieblichen Altersvorsorge erheblich ausgeweitet und die Entgeltumwandlung durch die Sozialversicherungsfreiheit vergleichsweise attraktiv ausgestaltet worden. "Unterstellt man – wie die Versicherungswirtschaft - rund zwei Millionen Arbeitnehmer, die diese Rahmenbedingungen genutzt und sozialversicherungsfrei für ihr Alter vorgesorgt haben, so wären der Rentenversicherung bei einem Umwandlungsbetrag von durchschnittlich 800 Euro im Jahr Beiträge in Höhe von 300 Millionen Euro entgangen", so Standfest.

Er machte deutlich, dass sich weitere Einnahmeverschlechterungen aufgrund beschlossener bzw. geplanter gesetzlicher Neuregelungen ergeben könnten. Die seit April dieses Jahres in Kraft getretenen Neuregelungen für die Minijobs führten in diesem Jahr zu Einnahmeverlusten von 400 Millionen Euro. Für die Folgejahre rechnet er mit Einnahmeverlusten von 600 Millionen Euro. In ähnlicher Größenordnung - mit 300 bzw. 600 Millionen Euro - sind die Folgen der verschärften Einkommensanrechnung bei der Arbeitslosenhilfe in Rechnung zu stellen.

Ein konkreter Sparvorschlag mit direktem Bezug zur Rentenversicherung in der Agenda 2010 betrifft die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Zur Zeit würden für rund 1,7 Millionen Empfänger von Arbeitslosenhilfe Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 2 Milliarden Euro gezahlt. Eine ersatzlose Streichung oder Kürzung dieser Beiträge hätte entsprechende Einnahmeausfälle in der Rentenversicherung zur Folge. Andererseits könnte die ebenfalls diskutierte Einbeziehung der arbeitsfähigen Sozialhilfebezieher in das Arbeitslosengeld II zu einer Ausweitung der Finanzierungsbasis der Rentenversicherung führen, wenn hierfür auch Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen sind. Schließlich würde eine Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes die Rentenversicherung ebenfalls betreffen. Hier könnten sich nach einer zweifellos notwendigen Übergangsphase geringere Zahlungen von der Bundesanstalt für Arbeit an die Rentenversicherung in der Größenordnung von 1 Milliarde Euro ergeben. Aus systematischen Gründen wäre es konsequent, dass für das neue Arbeitslosengeld II Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen sind.

Finanzspielraum der Rentenversicherung verengt

Da der Zielwert der Schwankungsreserve vom Gesetzgeber in zwei aufeinander folgenden Jahren abgesenkt worden ist, hat sich der Finanzspielraum der Rentenversicherung erheblich verengt. Standfest erinnerte noch einmal daran, dass der Verband in der Vergangenheit immer wieder deutlich gemacht habe, dass damit schon verhältnismäßig geringe Abweichungen von der unterstellten Entwicklung die Rentenversicherung in eine angespannte Finanzlage bringen kann. Bereits jetzt sinkt die Schwankungsreserve unter Berücksichtigung der Wirtschaftsannahmen der Bundesregierung zum Jahresende 2003 auf 54 Prozent einer Monatsausgabe. Ende Oktober 2003 stünden nur noch 3,4 Milliarden Euro an liquiden Mitteln oder 22 Prozent einer Monatsausgabe zur Verfügung. Standfest traf die Einschätzung, dass bei einer verhalteneren als der angenommenen ökonomischen Entwicklung sehr schnell die Notwendigkeit entstehen kann, im Herbst Teile der monatlichen Vorschüsse auf den Bundeszuschuss vorzeitig in Anspruch zu nehmen, um die Liquidität zu gewährleisten.

Rürup-Kommission

Die Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme hat am 7. Mai 2003 Reformvorschläge im Bereich der Rentenversicherung beschlossen. Bei den Vorschlägen geht es im Kern um zwei Maßnahmen: um eine Änderung der Rentenanpassungsformel und um eine stufenweise Anhebung der Altersgrenzen. Bei Umsetzung der Kommissionsvorschläge können die bei der letzten Rentenreform gesetzten Beitragssatzziele eingehalten werden. Jedoch ist dies nur zu Lasten einer weiteren Absenkung des Rentenniveaus zu realisieren. Im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Anhebung der Altersgrenzen ergibt sich die Notwendigkeit, dass auf betrieblicher, tarifpolitischer und gesetzlicher Ebene die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass ältere Arbeitnehmer wirklich länger erwerbstätig bleiben können. Standfest begrüßte, dass die Kommission einen Systemwechsel zur steuerfinanzierten Grundrente wegen der damit verbundenen weitreichenden Probleme ausdrücklich ablehnt. Er teilte zudem die Auffassung der Kommission, dass eine Differenzierung der Rentenanpassung nach der Rentenhöhe, eine Differenzierung der Beiträge und/oder der Rentenhöhe in der Rentenversicherung nach der Kinderzahl oder eine Differenzierung des
abschlagsfreien Rentenzugangsalters nach der Anzahl der Beitragsjahre nicht sinnvoll sei. Auch unterstützt er die Arbeitsgruppe ausdrücklich in der Auffassung, dass die Schwankungsreserve in der gesetzlichen Rentenversicherung wieder anzuheben sei, sofern dies bei einer Belebung der konjunkturellen Entwicklung ohne einen Anstieg des Beitragssatzes möglich ist.

Rentenbesteuerung

Standfest befasste sich auch mit den Vorschlägen der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen. Für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung schlägt die Kommission einen Übergang zur nachgelagerten Besteuerung vor. Nach Abschluss einer Übergangsphase sollen die Arbeitnehmer ihre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung vollständig von der Steuer absetzen können. Im Gegenzug sollen später die Renten voll besteuert werden.

Nach dem Kommissionsvorschlag soll der steuerfrei zu stellende Rentenbetrag als gleichbleibender individueller Renten-Freibetrag gewährt werden. Problematisch sei, dass nach dem Vorschlag der steuerfreie Anteil zwar als absoluter Betrag gleich bleibt, wegen der zwischenzeitlich stattfindenden Rentenanpassung prozentual aber immer geringer werde. Beispielsweise sind bei einer Steuerfreistellung von 50 Prozent zu Rentenbeginn nach einer Rentenlaufzeit von 17 Jahren aufgrund der jährlichen Rentenerhöhungen nur noch ca. 33 Prozent der Rentenleistung steuerbefreit.

Die Kommission kommt in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass die vorgeschlagene Übergangsregelung nur in wenigen Fällen – und auch erst ab dem Jahr 2018 - zu einer Doppelbesteuerung führen werde. Demgegenüber komme der VDR - aufgrund einer anderen, steuersystematisch begründeten Berechnungsmethode - zu dem Ergebnis, dass nach dem Übergangsmodell der Kommission eine Doppelbesteuerung häufiger und bereits früher eintreten wird. So würden bereits zu Beginn der Übergangsregelung Rentner, die beispielsweise zuvor über 30 Jahre als Selbstständige Beiträge auf der Grundlage des Durchschnittsverdienstes geleistet haben, eine Doppelbesteuerung erfahren. Im Laufe der Übergangsphase würden von der Doppelbesteuerung aber auch zunehmend Rentner betroffen sein, die früher als Arbeitnehmer versichert waren - und zwar nicht nur dann, wenn sie hohe Einkommen hatten, sondern auch, wenn sie
Durchschnittsverdiener waren.

Stand der Organisationsreform

Standfest unterstrich auch in dieser Mitgliederversammlung die Notwendigkeit einer Organisationsreform in der Rentenversicherung. Die Bundesregierung habe die Organisationsreform der Rentenversicherung zum Gegenstand ihrer Koalitionsvereinbarungen gemacht und dabei festgelegt, dass durch eine umfassende Reform die Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Rentenversicherung verbessert und Verwaltungsvereinfachungen angestrebt werden sollen. Standfest betonte, dass es nach intensiven Diskussionen gelungen sei, sich innerhalb der Rentenversicherung auf einen gemeinsamen Vorschlag für ein "Organisationsmodell für die Deutsche Rentenversicherung" zu verständigen. Nach Auffassung Standfests habe die Selbstverwaltung mit ihrem Organisationsmodell eine gute und tragfähige, zumal einvernehmliche Grundlage für den Diskussionsprozess geliefert.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Rentenversicherungsträger e.V. Eysseneckstr. 55, 60322 Frankfurt Telefon: 069/15220, Telefax: 069/1522320

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