VDA-Präsident sieht "Klimaschutz der zwei Geschwindigkeiten" / Wissmann: Wir brauchen eine Balance zwischen Ökonomie und Ökologie
(Berlin) - "Die deutsche Automobilindustrie stellt sich den Herausforderungen des Klimaschutzes, aber sie plädiert für eine CO2-Reduktion mit Augenmaß. Es darf zu keiner einseitigen Belastung kommen, die am Ende womöglich Produktionsstandorte in Europa gefährdet", betonte Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), auf dem BP Forum "Das Pariser Klima-Abkommen und die Zukunft der fossilen Energien" in Berlin.
Der Klimagipfel in Paris sei sicherlich als diplomatischer Erfolg zu werten: "So viele Staaten wie nie haben das Abkommen unterzeichnet. Das unterstreicht die globale Brisanz dieses Themas und den Bedarf, gemeinsame Lösungen zu finden. Allerdings fehlen weiterhin verbindliche Instrumente zur Umsetzung wirksamer Klimaschutzmaßnahmen", sagte Wissmann. Nach wie vor sei eine "Zweiteilung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern" zu sehen - und damit ein "Klimaschutz der zwei Geschwindigkeiten": "Gemessen am Jahr 1990 sinken die absoluten CO2-Emissionen nur in Europa; vor allem in Asien nehmen die Emissionen schnell zu." So lag der CO2-Ausstoß des gesamten europäischen Pkw-Verkehrs im Jahr 2012 bei rund 480 Mio. Tonnen CO2. Aufgrund der stärkeren Nutzung fossiler Brennstoffe entspreche dieses Volumen der CO2-Emission Chinas innerhalb von drei Wochen.
Die CO2-Regulierung für Pkw in der Europäischen Union sei bereits heute die "schärfste Regulierung der Welt". Bis zum Jahr 2020/2021 müssten im europäischen Flottendurchschnitt bei Neuzulassungen 95 Gramm CO2/km erreicht werden. Erste Überlegungen für eine "Post-2020-Regulierung" würden, so Wissmann, eine weitere Verschärfung vorsehen.
"Mit erheblichen Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen haben die deutschen Pkw-Hersteller die Kraftstoffeffizienz ihrer neuen Modelle stetig verbessert. Den Kunden stehen heute bereits 241 Modelle mit einem Verbrauch von weniger als 4 Liter auf 100 Kilometer zur Verfügung. Dieser Trend zu immer effizienteren Neuwagen wird sich fortsetzen. Doch die Potenziale beim klassischen Verbrennungsmotor sind mittlerweile begrenzt. Wir werden das 95-Gramm-Ziel daher nur mit einem steigenden Anteil von Autos mit alternativem Antrieb, vor allem Elektro, erreichen können", sagte Wissmann.
Die deutschen Hersteller haben in den vergangenen Jahren 14 Mrd. Euro in die Elektromobilität investiert. Sie bieten heute rund 30 Modelle mit E-Antrieb an und sind damit einer der internationalen Leitanbieter. Insbesondere die Nachfrage nach Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen ist in Deutschland gestiegen: im März 2016 um plus 45 Prozent gegenüber dem Vorjahrsmonat. "Der Plug-in-Hybrid verbindet für den Kunden derzeit das 'Beste aus beiden Welten' - elektrisch fahren, ohne auf die Reichweite achten zu müssen", unterstrich Wissmann.
Ein Blick auf die internationalen Märkte zeige jedoch, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen Marktentwicklung und staatlicher Förderung gebe. So sei gut jeder vierte Neuwagen (27 Prozent), der in den ersten Monaten des laufenden Jahres in Norwegen (dort gibt es ein intelligentes Anreizsystem) verkauft wurde, ein E-Auto. In Deutschland hingegen betrage der Marktanteil von E-Autos an den gesamten Pkw-Neuzulassungen knapp 1 Prozent. "Damit Deutschland auch Leitmarkt für Elektromobilität werden kann, sind zeitlich begrenzte Nachfrageimpulse, also eine Kaufprämie oder steuerliche Anreize, nötig. Ebenso der Auf- und Ausbau der Ladeinfrastruktur. Die Regierungskoalition wird in Kürze darüber entscheiden", betonte Wissmann.
Die Förderung der Elektromobilität sei gleichzeitig auch ein Schritt weiter in Richtung Unabhängigkeit von fossilen Ressourcen. "Wir verfolgen eine langfristige Strategie. Auch ein mittelfristig niedriger Ölpreis wird nicht dazu führen, dass die deutsche Automobilindustrie ihre Anstrengungen in die Entwicklung immer effizienterer Motoren und alternativer Antriebe zurückschraubt. Ganz im Gegenteil: Wir sehen uns in der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung - auch die Kunden erwarten von dieser Schlüsselbranche die modernsten und effizientesten Lösungen", unterstrich Wissmann. Allerdings müsse von der Politik - auch mit Blick auf die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie - beim Klimaschutz die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie gewahrt werden.
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