VATM-Glasfasertag 2014: / Politik und Regulierung haben viele Möglichkeiten für neue Breitbandnetze und innovative Dienste zu sorgen / EU-Politik darf nicht zum Bremsschuh für Deutschlands Verbraucher werden
(Köln) - "Der Breitbandausbau in Deutschland braucht nicht weniger Regulierung mit dem angeblichen Ziel, Investitionswettbewerb zu fördern. Kein Unternehmen - auch nicht die Telekom - wird so einen unwirtschaftlichen Ausbau vorantreiben." Deutliche Worte fand VATM-Präsident Martin Witt, CEO der 1&1 Telecommunication AG und Vorstand Access der United Internet AG, auf dem VATM-Glasfasertag in Köln. Große Unternehmen teilweise aus der Regulierungen zu entlassen, in der Hoffnung, dass diese die neue Freiheit uneigennützig zum Bandbreitenausbau nutzten, sei der falsche Weg. "Wir müssen diejenigen unterstützen, die wirklich bauen - gerade auf dem Land. Daher darf es eine Benachteiligung kleiner regionaler Unternehmen nicht geben", betonte Witt vor den rund 100 Gästen dieses wichtigen Branchenkongresses.
Eine Preisregulierung, die gerade die ausbauwilligen Unternehmen zusätzlich belaste und damit Investitionen abwürge, dürfe es nicht geben, unterstrich der VATM-Präsident. Zuletzt waren die TAL-Preise, die die Wettbewerber für die Anmietung der letzten Meile alter Kupferleitungen an die Telekom zu zahlen haben, sogar noch angehoben worden. Investiert werden müsse in neue Technologien. Damit alle Bürger in Deutschland von der neuesten Vectoring-Technologie profitieren können, forderte Witt, dass die von der Telekom verwaltete Liste der geplanten Ausbaugebiete allen Unternehmen und relevanten Stellen zugänglich sein müsse. Es gebe keinen Grund, die Liste geheim zu halten, kritisierte er.
In den drei Panelrunden zogen die insgesamt 18 Vertreter aus TK-Branche, Regulierung, Bundesländern, Landkreisen und Wissenschaft am Mittwoch ein klares Fazit. Das Ziel eines flächendeckenden Breitbandausbaus bis 2018 - wie von der Bundesregierung vorgegeben - sei äußerst ambitioniert und stelle alle Marktteilnehmer vor große Herausforderungen. Unternehmen ebenso wie die Diskutanten aus Landesministerium und Landkreistag verwiesen dabei auf die Probleme in finanzschwachen Bundesländern und Kommunen, auf fehlende Förderprogramme und drängten auf Standardisierung der Ausschreibeverfahren. Auch mangele es an einer Langzeitperspektive für Deutschland über das Jahr 2018 hinaus. Für die Bundesnetzagentur betonte Friedhelm Dommermuth, Abteilungsleiter für ökonomische Fragen der Regulierung der Telekommunikation, dass es keinen Königsweg gebe, vielmehr brauche der Infrastrukturausbau unterschiedliche Geschäftsmodelle in einem fairen Wettbewerb.
Als eine äußerst wichtige Aufgabe bezeichnete Witt die Vergabe der Frequenzen der sogenannten Digitalen Dividende II im nächsten Jahr. Dabei drängte der VATM-Präsident auf ein faires Vergabeverfahren. Kritisiert wurde von den Diskutanten das Bestreben der Bundesregierung, erst mit den Erlösen dieser Vergabe den Breitbandausbau zu fördern. "Die Zeit drängt. Förderszenarien müssen jetzt nach Sachkriterien entwickelt werden und die Fördermittel des Bundes dürfen nicht erst Ende 2015 bereitstehen", unterstrich Witt.
Die Zukunft der hochleistungsfähigen Datennetze entscheide sich nicht zuletzt auch daran, welche attraktiven Breitbanddienste die Netze von morgen auslasten werden. Wie die aktuelle VATM-Marktstudie 2014 zeigt, die Prof. Thorsten J. Gerpott erst vor wenigen Tagen vorstellte, werden lediglich 24 Prozent aller verfügbaren FTTB/H-Anschlüsse in Deutschland tatsächlich nachgefragt. Letztlich, so die Quintessenz der Content-Diskussion auf dem Glasfasertag, werde erst die Vielzahl von multimedialen Anwendungen, Inhalten und Diensten den Ausbau von Glasfasernetzen zwingend machen und die erforderlichen Einnahmen sicherstellen können.
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