Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

UWG-Reform: Gesetz gebrochen, Geld behalten

(Berlin) - Unternehmen, die mit unlauteren Werbemethoden arbeiten, werden die damit erzielten Gewinne auch weiterhin behalten können. Das befürchtet der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Hintergrund ist die Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, das morgen in erster Lesung im Bundestag beraten wird. Der vzbv ruft die Abgeordneten zu Nachbesserungen bei der geplanten Abschöpfung von Unrechtsgewinnen auf. Die Novelle sieht zwar eine Gewinnabschöpfung vor. Sie ist jedoch so unpraktikabel geregelt, dass sie in der Praxis kaum umsetzbar ist. „Es kann nicht sein, dass sich unlauterer Wettbewerb auszahlt“, so vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. „Auch nach der von der Bundesregierung geplanten Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gilt: Der Vorteil bleibt auf Unternehmensseite – zum Schaden der Verbraucher und seriöser Unternehmen.“

Um der Forderung nach einer effektiven Gewinnabschöpfung Nachdruck zu verleihen, wird Müller Abgeordneten des Rechtsausschusses des Bundestages je eine Flasche gepanschtes Olivenöl übergeben. „Wer minderwertiges Olivenöl als Premium-Produkt anpreist, handelt zwar rechtswidrig – das damit verdiente Geld wird er aber auch in Zukunft behalten können“, so die vzbv-Chefin. Gleichzeitig schickt der vzbv allen Mitgliedern des Rechts- und des Verbraucherausschusses je eine Flasche Olivenöl – die Abgeordneten beraten zur Zeit über Nachbesserungen bei der UWG-Novelle.

test-Urteil „gut“ für minderwertiges Olivenöl
Mit seiner Olivenöl-Aktion erinnert der vzbv an den Fall Lidl vor einem Jahr. Die Stiftung Warentest testete 32 verschiedene Olivenöle und veröffentlichte die Ergebnisse in ihrer Zeitschrift „test“ – das war im Oktober 2002. Das Lidl-Olivenöl Luccese erhielt das test-Urteil „Gut“ und galt aufgrund seines niedrigen Preises insgeheim als Testsieger.
Nachdem sich Verbraucher über die Diskrepanz zwischen dem Testurteil und der dürftigen Produktqualität gewundert hatten, prüfte die Stiftung Warentest den Geruch und Geschmack (Sensorik) des Lidl-Öls im November/Dezember 2002 noch einmal. Ergebnis: Das in der sensorischen Prüfung mit „Gut“ gekennzeichnete Produkt entsprach dem Urteil längst nicht mehr. Die Stiftung Warentest urteilte nur noch mit „Ausreichend“.

Und nach Befund zweier von der Zeitschrift „Merum“ beauftragter unabhängiger Fachkommissionen hätte das Öl gar nicht erst in den Handel gelangen dürfen. Güteklasse „extra vergine“? Keine Rede von der höchsten Qualitätskategorie. Das Urteil der Stiftung Warentest wurde in der Lidl-Werbung einfach auf neue Abfüllungen des Olivenöls übertragen.
Eindeutig also, dass Lidl Etikettenschwindel betrieben hat. Doch ein bitterer Nachgeschmack bleibt: Denn – die Gewinne, die Lidl mit diesem Schwindel erzielt hat, hat das Unternehmen behalten. Damit hat sich das Geschäft gelohnt. Auf Kosten der Verbraucher.

Schwachpunkt Vorsatz
Zwar sieht der Reformentwurf zum UWG jetzt einen Gewinnabschöpfungsanspruch vor, dieser ist jedoch höchst unpraktikabel geregelt. In den wenigsten Fällen wird es überhaupt möglich sein, den Unternehmen Vorsatz nachzuweisen. Und selbst wenn dies ausnahmsweise einmal möglich ist, ist doch noch immer die Berechnung des abzuschöpfenden Gewinns ein erhebliches Problem.

Denn: Wer einen Gewinnabschöpfungsanspruch durchsetzen will, muss nachweisen können, dass der Gewinn auf Kosten der Verbraucher erzielt wurde. Es muss also der Vermögensnachteil der Käufer von der Klagepartei dargelegt und bewiesen werden. Allerdings, und das stellt auch der Bundesrat in einer Stellungnahme zur UWG-Reform fest: Ein präziser, objektiver Marktwert wird sich häufig nicht oder allenfalls mit aufwendigen Sachverständigengutachten feststellen lassen. Hierbei wird oft nur der Rahmen eines Marktpreises feststellbar sein, so dass erzielte Vorteile innerhalb dieses Rahmen nicht nachgewiesen und abgeschöpft werden können. Der zwingende Zusammenhang, den der Gesetzesentwurf zwischen den Vermögenseinbußen der Verbraucher und den Gewinnen der Unternehmen herstellt, ist zu eng.

Fazit: Die Aufgabe eines Gewinnabschöpfungsanspruchs kann nicht in der möglichst exakten Ermittlung der auf Kosten der Verbraucher erzielten Gewinne liegen. Vielmehr muss ein Mechanismus gefunden werden, der mit einer gebotenen Pauschalierung Vorteile abschöpft und eine wirksame Prävention sichert.

Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66, 10969 Berlin Telefon: 030/258000, Telefax: 030/25800218

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