Pressemitteilung | Deutscher Bauernverband e.V. (DBV)

Urteilt Künast bei Legehennenverordnung vorschnell?

(Bonn) - Deutschland will mit der neuen Legehennenverordnung nach Aussagen von Bundesministerin Renate Künast eine Vorreiterrolle für den Tierschutz in der Europäischen Union einnehmen. Nach dieser Verordnung soll es künftig keinerlei Käfighaltung mehr geben, auch nicht die so genannten ausgestalteten Käfige mit Sitzstangen, Legenest und Einstreu. Diese wurden in den letzten Jahren unter den Vorgaben eines ethisch begründeten Tierschutzes entwickeltet. Dies erklärte Ministerin Künast auf dem jüngsten Agrarrat in Brüssel. Für den Deutschen Bauernverband (DBV) erscheinen solche Aussagen wenig fach- und sachorientiert. Denn seit zwei Jahren wird in einem bundesweiten Modellvorhaben unter Federführung des Bundeslandwirtschaftsministeriums diese Kleingruppenhaltung als neue zukünftige Haltungsform getestet. Ergebnisse der begleitenden wissenschaftlichen Untersuchung liegen noch nicht vor, ein Erfahrungsaustausch der beteiligten Praktiker fand jüngst erstmals statt.

Bei einem Besuch eines der sieben Pilotprojekte in Hubbelrath bei Düsseldorf stellte der Staatssekretär im Ministerium für Verbraucherschutz und Landwirtschaft, Dr. Gerald Thalheim, die Vorzüge der Kleingruppenhaltung in diesen ausgestalteten Käfigen fest. "Ich bin beeindruckt von der Tierhygiene, dem stressfreien Verhalten der Hennen, dem guten Stallklima und der hohen Qualität für die Verbraucher. Die Grundbedürfnisse der Tiere wie Schlafen, ge-trennte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, Rangordnung, geschütztes Nest oder Staubboden sind mit dieser Haltungsform gewährleistet", beschrieb Thalheim anschließend seine Eindrücke.

Diese Aussagen werden auch durch den ersten Erfahrungsaustausch der am bundesweiten Modellvorhaben beteiligten Praktiker im Institut für Tierzucht und Tierverhalten der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig bestätigt. Alternative Haltungsformen wie Boden- und Freilandhaltung haben den Vorteil einer abwechslungsreichen Umwelt, aber die Nachteile der erhöhten Staub- und Ammoniakgehalte in der Luft. Die Qualität der Einstreu kann zu gesundheitlichen Problemen für Mensch und Tier führen. So liegen die Tierverluste in der Bodenhaltung nach wie vor bei 20 Prozent. Die höhere Ammoniakproduktion schädigt die Umwelt eher. Bei Auslaufhaltung ist besonders eine Belastung des Bodens mit unerwünschten Stoffen nicht zu umgehen. Die Vorteile der ausgestalteten Käfighaltung dagegen liegt in den guten Hygieneverhältnissen und in der geringeren Tiergruppengröße. Die Hennen erhalten in den ausgestalteten Käfigen bereits die von der EU spätestens ab 2012 vorgeschriebene Bodenfläche. Gemessen am üblichen Käfig bedeutet dieses eine Ver-größe-rung um fast 70 Prozent. Die Gruppen sind so gehalten, dass sich die Hennen gegenseitig kennen und eine "familiäre Situation" mit stabilster Rangordnung entsteht, heißt es in dem Erfahrungsbericht der Bundesanstalt.

Zurzeit befinden sich vier der sieben teilnehmenden Betriebe im ersten von zwei vorgesehenen Jahresdurchgängen. Außer der Ermittlung der Produktionsdaten durch die Betriebe selbst, führen vier wissenschaftliche Institute eigene Untersuchungen vor Ort durch, die sich auf Tierverhalten, Gefieder-, Kamm und Fußqualität, Eiqualität, Luftqualität und Produktionskosten beziehen. Die Praktiker berichten, dass in den ausgestalteten Käfigen die Nester, das Staub-bad und die Sitzstangen von den Legehennen sehr gut angenommen wurden. Gesundheit und Gefiederqualität schätzen die Praktiker des Modellprojektes sehr positiv ein. Das ruhige Verhalten der Hennen wurde besonders hervorgehoben. Durch Veränderung der Form und Position der neuen Einrichtungselemente konnte die Umweltstruktur sowohl für die Hennen als auch für den Betrieb verbessert werden.

Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Beurteilung und die abschließende Praxis-Beurteilung liegen mit dem Ende des Modellprojektes 2003 vor. Nach Ansicht des DBV sollte Ministerin Künast auf sachliche Entscheidung Wert legen und diese Ergebnisse abwarten. Eine voreilige Verordnung hätte einen populistischen Beigeschmack und keinen dauerhaften Vorteil - auch nicht im Sinne des Tierschutzes.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Bauernverband e.V. (DBV) Godesberger Allee 142-148 53175 Bonn Telefon: 0228/81980 Telefax: 0228/8198205

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