Urteil des Bundesverfassungsgerichts über unterschiedliche Besteuerung von Renten kam nicht überraschend
(Frankfurt a.M.) - Zu dem am 06.März 2002 verkündeten Urteil des Bundesverfassungsgerichts erklärte der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) Prof. Dr. Franz Ruland:
Urteil nicht überraschend und in der Begründung nicht zwingend
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass die unterschiedliche Besteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Beamtenpensionen nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes vereinbar ist, kommt angesichts der in den bisherigen Diskussionen erkennbaren Tendenz in Richtung einer nachgelagerten Besteuerung nicht überraschend. Das Urteil ist allerdings in seiner Begründung und damit auch im Ergebnis nicht zwingend. Das Bundesverfassungsgericht lehnt die Ertragsanteilsbesteuerung der Renten vor allem deshalb ab, weil der Arbeitgeberanteil steuerfrei sei. Dabei bleibt aber in der verfassungsrechtlichen Bewertung unberücksichtigt, dass - wie das Bundesverfassungsgericht 1978 betont hat - diese Vergünstigung durch die Kürzung des sog. Vorwegabzugs teilweise wieder aufgehoben und damit die Möglichkeit des Versicherten gemindert wird, seinen Beitragsanteil von der Steuer abzuziehen.
Freistellung der Rentenversicherungsbeiträge
Wenn der Gesetzgeber in Umsetzung des Neuregelungsauftrags eine stärkere Besteuerung der Renten einführt, muss er die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich in voller Höhe freistellen. Dies ist eine zwingende Folge des Verbots der Doppelbesteuerung, nach dem Einkommen nicht sowohl in der Erwerbsphase als auch bei der späteren Rückzahlung in Form der Rente besteuert werden darf. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber ausdrücklich aufgefordert, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Lange Übergangsfristen erforderlich
Der Gesetzgeber muss bei der Einführung einer stärkeren Besteuerung der Renten aus Gründen des Vertrauensschutzes lange Übergangsfristen vorsehen. Denn nicht mehr erwerbstätige ältere Menschen können aus eigener Kraft eine Verringerung ihrer Nettobezüge kaum noch kompensieren. Lange Übergangsfristen sind auch erforderlich, um eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppelbesteuerung zu vermeiden. Eine volle Besteuerung der Rentenzahlbeträge scheidet so lange aus, wie ihnen Beitragszahlungen zugrunde liegen, die der Einkommensteuer unterworfen waren.
Auswirkungen einer Neuregelung auf die Rentenversicherung
Die neue Rentenanpassungsformel führt dazu, dass sich Änderungen im Steuerrecht nicht mehr unmittelbar auf die Höhe der Rentenanpassung auswirken. Allerdings kann es bei der zu erwartenden Einführung der nachgelagerten Besteuerung zu einer Absenkung des Nettorentenniveaus kommen, die den Gesetzgeber aufgrund der Niveausicherungsklausel zum Tätigwerden zwingt. Ob die dafür entscheidende Marke von 67 Prozent unterschritten wird, hängt von der Ausgestaltung der Neuregelungen ab.
Einsetzung einer Sachverständigenkommission wird begrüßt
Die erklärte Absicht der Bundesregierung, zur Vorbereitung der Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils eine Sachverständigenkommission einzusetzen, wird angesichts der Komplexität der zu treffenden Entscheidungen begrüßt. Die gesetzliche Rentenversicherung erwartet, in dieser Kommission angemessen vertreten zu sein.
Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Rentenversicherungsträger e.V.
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