Unternehmenssteuerreform: Jetzt auch den Mittelstand mitnehmen! / Eckpunktepapier der Regierungskoalition verkennt in zahlreichen Punkten die Bedürfnisse der mittelständisch geprägten Textilindustrie / Arbeitsplatzklausel bei Erbschaftsteuerreform kann zum Abbau von deutschen Arbeitsplätzen führen
(Eschborn) - Die Eckpunkte der Unternehmenssteuerreform bleiben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Obwohl verschiedene Modelle für eine grundlegende Steuerreform auf dem Tisch lagen, haben sich die Regierungsparteien auf einen Minimalkonsens geeinigt, bei dem die Gefahr besteht, dass der Mittelstand auf der Strecke bleibt. Anstatt die Möglichkeit wahrzunehmen, die Gewerbesteuer abzuschaffen, erhält sie einen anderen Namen und wird inhaltlich auf die Körperschaftsteuer ausgedehnt. Dies ist abzulehnen.
Die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes ist hingegen zu begrüßen. Entlastungen muss es aber auch für die Personengesellschaften geben. Auch kleine und mittlere Unternehmen, insbesondere in der international ausgerichteten Textilbranche stehen im internationalen Wettbewerb und bedürfen einer Steuerentlastung. Das Gesamtvolumen der geplanten Reform ist mit 5 Mrd. Euro viel zu gering, um der Wirtschaft nachhaltige Impulse zu geben. Dies gilt insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass bereits ca. 2 -3 Mrd. für die geplante Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge verbraucht werden. Diese hat aber mit der Reform der Unternehmensbesteuerung zunächst nur am Rande zu tun. Der Gesamtverband Textil und Mode hält ein Volumen von mindestens 10 Mrd. Euro für erforderlich, um eine erfolgreiche und nachhaltig wirksame Steuerreform durchzuführen. Verheerende Auswirkungen hätte die geplante Zurechnung von Zinsen zum zu versteuernden Gewinn. Es mag vereinzelt Fälle geben, in denen internationale Konzerne Gewinne durch Zinszahlungen in das Ausland verschieben. Es darf aber nicht sein, dass der Mittelständler, der keinen Gewinn erzielt hat, dies auszubaden hat. Er hätte Steuern zu zahlen, weil er bei seiner Bank Kreditzinsen zu zahlen hat. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn er kreditfinanziert eine Maschine gekauft und hierbei neue Arbeitsplätze geschaffen hat. Kapitalintensive Industrien würden massiv benachteiligt werden. Gerade die Unternehmen der Textilindustrie, die nach dem Strukturwandel im kapitalintensiven Bereich der technischen Textilien weltweit erfolgreich sind, würden von einer solchen Regelung massiv betroffen. Arbeitsplatzabbau wäre unweigerlich die Folge. Der Gesamtverband Textil und Mode ruft die Politik dazu auf, von ertragsunabhängiger Besteuerung Abstand zu nehmen. Diese widerspricht dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und zehrt die Substanz der Betriebe auf. Gleiches gilt für die geplante Erhöhung der Grundsteuer (sog. Grundsteuer C). Viele Textilbetriebe existieren seit sehr langer Zeit. Sie verfügen deshalb häufig über wertvolle Grundstücke in zentralen Lagen, die häufig nur noch zu einem Teil genutzt werden. Eine höhere Grundsteuer würde sie unverhältnismäßig treffen.
Ausdrücklich zu begrüßen sind die Überlegungen der Koalition, reinvestiertes Kapital steuerlich zu begünstigen. Eine bloße Investitionsrücklage in der geplanten Größenordnung von lediglich 100.000 pro Gesellschafter ist jedoch nicht geeignet, wirkliche Impulse für Investitionen zu geben. Jeder neue, technisch anspruchsvolle Arbeitsplatz verlangt nach Investitionen im sechsstelligen Bereich. Notwendig ist deshalb die generelle Thesaurierungsbegünstigung.
Im Bereich der geplanten Erbschaftsteuerreform ist die von der SPD geplante Arbeitsplatzklausel unsinnig, da sie wirtschaftlich notwendige Umstrukturierungsmaßnahmen verhindern kann. Einem Unternehmen, das einen Teil der vorhandenen Arbeitsplätze dauerhaft sichern kann, indem es rationalisiert und modernisiert, würden die Mittel genommen, die es benötigt, um die anstehenden Investitionen zu tätigen. Das Geld müsste stattdessen genutzt werden, um die fällig gewordene Erbschaftssteuer zu zahlen. Die Arbeitsplatzklausel sollte zugunsten einer Gesamtschau der Betriebsverhältnisse, wie sie bereits heute im Umwandlungssteuergesetz besteht, aufgegeben werden. Eine Arbeitsplatzklausel, die auf den Erhalt der Arbeitsplätze in Deutschland abstellt, wäre überdies europarechtswidrig. Sie verstößt gegen die Niederlassungsfreiheit. Eine europarechtskonforme Ausgestaltung hätte demgegenüber zur Folge, dass die Bedingung des Arbeitsplatzerhalts auch dann erfüllt wäre, wenn deutsche Arbeitsplätze abgebaut und durch solche im europäischen Ausland ersetzt würden. Das fördert Betriebsverlagerungen und liegt nicht im Interesse der deutschen Wirtschaft.
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