Unternehmensnahe Dienstleister sind kräftigster Job-Motor im Norden / 33.400 neue Arbeitsplätze geschaffen, weitere 26.400 geplant / Norddeutsche Hafen- und Verkehrspolitik erforderlich / Steigender Bedarf an Abiturienten und Akademikern
(Hamburg) - "Nach einer kurzen Verschnaufpause im Krisenjahr 2009 hat der unternehmensnahe Dienstleistungssektor in Norddeutschland 2010 wieder an Kraft gewonnen und ist erneut kräftigster Job-Motor im Norden." Dies erklärten Dr. Hans Fabian Kruse, Präsident des AGA Unternehmensverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V., und Nikolaus von der Decken, Geschäftsführer von Creditreform Hamburg, auf der Basis der Konjunkturanalyse für den norddeutschen Dienstleistungssektor "DiNo 2010" heute (15. Dezember 2010) vor Journalisten in Hamburg.
Im Durchschnitt aller Branchen erzielten die Unternehmen in den ersten zehn Monaten des Jahres ein Umsatzplus von 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Gewinnsituation hat sich wieder verbessert. Die Geschäftserwartungen für 2011 sind zuversichtlich. Für das erste Halbjahr erwarten die Unternehmen im Durchschnitt aller Branchen Umsatzsteigerungen von 4 Prozent, für das zweite Halbjahr sogar von 4,8 Prozent. Auch bei den Gewinnen wird eine deutliche Besserung erwartet, insbesondere für das zweite Halbjahr 2011.
Der DiNo-Indikator, der die Einschätzung der gegenwärtigen und erwarteten Absatz- und Ertragslage zusammenfasst, ist um 27 Punkte gestiegen. Er weist jetzt einen Stand von 131 Punkten auf. Innerhalb des Dienstleistungssektors hat sich das Geschäftsklima in den einzelnen Dienstleistungsgruppen unterschiedlich stark erholt. Spitzenreiter sind mit einem Plus von 51 Punkten die Finanzdienstleister, deren Indikator einen historischen Höchststand von 162 Punkten aufweist.
Auch der Teilindikator für den Bereich Logistik, der im Vorjahr um 44 Punkte gestürzt war, konnte 2010 - mit 51 auf nunmehr 133 Punkte - wieder kräftig zulegen. Dank der schnellen Erholung der Weltwirtschaft und des wieder gestiegenen Güterumschlags der norddeutschen Häfen hat sich laut Kruse die Auftragslage in der Logistikwirtschaft verbessert. "Die krisenbedingte Umsatzflaute im internationalen Handel wurde nicht genutzt, um die wasser- und landseitige Infrastruktur des Hamburger Hafens auszubauen, wie unser Verband es durchgehend gefordert hatte", kritisierte der AGA-Präsident. Notwendig sei eine norddeutsche Hafen- und Verkehrspolitik, damit Norddeutschland als führende Drehscheibe für Handel und Logistik in Nordeuropa nicht zurückfällt, hieß es weiter. "Die Fahrrinnenanpassung der Elbe, der Bau der Hafenquerspange und die Y-Schienentrasse dulden keinen Aufschub mehr", sagte Kruse.
Der Teilindikator für die IT-Dienstleister kletterte um 25 Punkte auf einen Stand von 140. Die Indikatoren für die Bereiche Facility-Management, Marketing/Medien und Service sind zwischen 13 und 17 Punkte gestiegen.
Im unternehmensnahen Dienstleistungssektor wurden in den ersten zehn Monaten des Jahres rund 33.400 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das entspricht einem Beschäftigungsplus von 2,8 Prozent. Überdurchschnittlich stark wurden die Belegschaften in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen aufgestockt. Die Personalpläne sind weiterhin nach oben gerichtet. 2011 wollen die norddeutschen Dienstleister ihre Belegschaften um durchschnittlich weitere 2,2 Prozent aufstocken. Konkret bedeutet dies die Schaffung von weiteren 26.400 neuen Stellen. Den größten Beschäftigungszuwachs wird es in Hamburg geben. "Die positive Beschäftigungsbilanz für 2010 und die Personalpläne für 2011 belegen eindrucksvoll die Bedeutung des unternehmensnahen Dienstleistungssektors für den Arbeitsmarkt im Norden", sagte der AGA-Präsident. "Unsere meist inhabergeführten Dienstleister haben sich dank ihrer Flexibilität, der qualifizierten Mitarbeiter und ihres persönlichen Einsatzes in der Krise gut behauptet. Sie stellen jetzt zusätzliche Mitarbeiter ein, um personellen Engpässen vorzubeugen, wenn sich die Auftragsbücher wieder füllen."
Die Beschäftigung hat sich in den einzelnen Dienstleistungsbranchen unterschiedlich entwickelt. Die größte Beschäftigungsdynamik weist mit einem Plus von 4,4 Prozent der Bereich Informationstechnologie auf. 2011 sollen die Belegschaften um weitere 4,1 Prozent aufgestockt werden. Zum IT-Bereich zählen u. a. Systemhäuser, Internet-Dienstleister, Telekommunikationsanbieter und Rechenzentren. Überdurchschnittlich hat sich auch die Beschäftigung mit einem Plus von 3,8 Prozent im Bereich Service entwickelt - dazu zählen u. a. Labore, Caterer und Personaldienstleister. 2011 sollten die Belegschaften um weitere 2,2 Prozent aufgestockt werden. Das schwächste Beschäftigungsplus mit 1,3 Prozent weist der Bereich Marketing/Medien auf, zu denen u. a. Werbeagenturen und Call Center zählen. 2011 sollen die Belegschaften in diesem Bereich um weitere 2,2 Prozent aufgestockt werden.
Auch in der Logistik-Wirtschaft entwickelt sich die Beschäftigung positiv. Nach dem Beschäftigungseinbruch 2009 um 1,9 Prozent wurden die Belegschaften 2010 per Saldo wieder um 1,9 Prozent aufgestockt. Für 2011 planen die Logistik-Dienstleister ihre Belegschaften um weitere 1,8 Prozent auszuweiten. Auch die Bereiche Facility-Management und Finanzdienstleistungen weisen für 2010 eine positive Beschäftigungsbilanz auf; die Personalpläne für 2011 sind insbesondere bei den Finanzdienstleistern deutlich nach oben gerichtet.
"Der unternehmensnahe Dienstleistungssektor beschäftigt fast ausschließlich gut ausgebildete Mitarbeiter", erklärte von der Decken. Im Durchschnitt aller Dienstleistungsgruppen verfügen 62 Prozent der Beschäftigten über eine abgeschlossene Berufsausbildung, 31 Prozent über einen Hochschul- oder Universitätsabschluss. Nur 7 Prozent der Mitarbeiter sind un- oder angelernte Kräfte. Derzeit würden laut von der Decken nur wenige unternehmensnahe Dienstleister über Schwierigkeiten berichten, geeignete Fachkräfte zu finden. "Der Fachkräftemangel wird aber in den nächsten Jahren das zentrale Thema sein, wenn der Bedarf nach höheren Qualifikationen steigt." In den kommenden fünf Jahren wird der Anteil der Akademiker auf 36 Prozent steigen. Der Anteil der Beschäftigten mit abgeschlossener Berufsausbildung wird auf 59 Prozent zurückgehen. 2015 werden nur noch 5 Prozent der Beschäftigten im unternehmensnahen Dienstleistungssektor ohne Berufsausbildung sein.
Auch bei den Schulabschlüssen der Auszubildenden wird deutlich, dass der unternehmensnahe Dienstleistungssektor vor allem qualifizierte Mitarbeiter benötigt. Nur 11 Prozent sind Hauptschüler, 49 Prozent haben die Realschule oder die Höhere Handelsschule abgeschlossen, 40 Prozent sind Abiturienten. Mit 25 Prozent weist der Logistik-Bereich einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Hauptschülern auf. Besonders hoch ist der Anteil der Abiturienten bei den Auszubildenden in den Bereichen Marketing/Medien (66 Prozent) und im Bereich Informationstechnologie (60 Prozent).
In den kommenden fünf Jahren wird der Bedarf an Abiturienten weiter steigen. Im Bereich der Informationstechnologien werden 74 Prozent der Auszubildenden Abitur haben, im Bereich Marketing/Medien werden es 68 Prozent und im Bereich Service 53 Prozent sein. Die Ausbildungschancen für Hauptschüler werden weiter sinken.
Zahlen zum unternehmensnahen Dienstleistungssektor in Norddeutschland:
In Norddeutschland gibt es derzeit rund 118.400 unternehmensnahe Dienstleister, in denen ca. 1.179.600 Personen arbeiten. Das sind 17 Prozent aller Beschäftigten des unternehmensnahen Dienstleistungssektors in Deutschland. In Hamburg sind 282.300 Personen im Bereich der Unternehmens-Dienstleistung tätig. In Schleswig-Holstein sind es rund 177.300 Personen, in Niedersachsen rund 538.600, in Bremen rund 103.000 und in Mecklenburg-Vorpommern rund 78.300 Personen.
Sowohl in Hamburg als auch in Bremen sind überdurchschnittlich viele Mitarbeiter im unternehmensnahen Dienstleistungssektor tätig. In Hamburg liegt der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über 35 Prozent, in Bremen sind es 29 Prozent. In Mecklenburg-Vorpommern sind es 20 Prozent, in Schleswig-Holstein 19 Prozent und in Niedersachsen 18 Prozent. Im Bundesdurchschnitt arbeiten 21 Prozent aller Beschäftigten im unternehmensnahen Dienstleistungssektor.
Beschäftigungsentwicklung 2010 und Personalpläne 2011 nach Regionen:
Den kräftigsten relativen Beschäftigungsanstieg weisen 2010 Schleswig-Holstein mit 3,3 Prozent und Niedersachsen mit 3,2 Prozent auf. Konkret sind das rund 5.800 Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein und 17.300 in Niedersachsen. In Hamburg gibt es mit einem Plus von 2,6 Prozent 7.300 neue Arbeitsplätze. In Bremen sind es mit einem Plus von 2,1 Prozent 2.200 neue Stellen. Schlusslicht bei der Beschäftigungsbilanz 2010 ist Mecklenburg-Vorpommern mit einem Zuwachs von 1,1 Prozent, das entspricht 800 neuen Stellen.
2011 wird Hamburg die größte Beschäftigungsdynamik aufweisen. Die Dienstleister in Hamburg planen ihre Belegschaften um durchschnittlich 3,6 Prozent aufzustocken, das entspricht rund 10.200 neuen Stellen. An zweiter Stelle folgt Niedersachsen mit einem Plus von 2,0 Prozent, das entspricht 10.800 neuen Stellen. Die Dienstleister in Schleswig-Holstein planen einen Beschäftigungszuwachs von 1,8 Prozent, das entspricht rechnerisch 3.200 Stellen. In Bremen und in Mecklenburg-Vorpommern planen die Dienstleister ihre Belegschaften um jeweils 1,2 Prozent aufzustocken. Das sind für Bremen 1.200 und für Mecklenburg-Vorpommern rund 1.000 neue Arbeitsplätze.
DiNo-Umfrage:
Seit nunmehr acht Jahren erheben der AGA Unternehmensverband und Creditreform Hamburg systematisch Konjunkturdaten für den norddeutschen Dienstleistungssektor. In Zusammenarbeit mit dem Verband für Groß-, Außenhandel und Dienstleistungen Niedersachsen e.V. (GVN) wurden zum vierten Mal Dienstleister aus ganz Niedersachsen in die Analyse einbezogen. An der Umfrage, die im Oktober 2010 durchgeführt wurde, haben sich 1.064 Dienstleistungsunternehmen aus Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein beteiligt.
Quelle und Kontaktadresse:
AGA Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.
Dr. Holger Eisold, Leiter, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Kurze Mühren 2, 20095 Hamburg
Telefon: (040) 308010, Telefax: (040) 30801107