Unerträgliche Kriminalisierung der Ärzte durch Spitzenverbände der Krankenkassen
(Stuttgart) - Die Kriminalisierung der niedergelassenen Ärzte durch falsche Behauptungen über betrügerische Abrechnungen ist ein Skandal und die alljährliche Wiederholung macht diese unerträglichen Aussagen nicht wahrer, so Dr. med. Werner Baumgärtner, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg (KV NW) zu den jüngsten Äußerungen von Gernot Kiefer, Vorstand des Bundesverbandes der Innungskrankenkassen und Leiter der Arbeitsgruppe der Spitzenverbände der Krankenkassen.
Kiefers Aussage, dass dem Gesundheitssystem durch Betrug und Manipulation jedes Jahr ein Schaden von ungefähr einer Milliarde Euro entsteht, ist eine Falschaussage. Damit soll offenbar bewusst die Öffentlichkeit getäuscht werden. In unserem Gesundheitssystem bezahlen die Krankenkassen eine Kopfpauschale für jeden Versicherten an die Kassenärztlichen Vereinigungen, die dann wiederum dieses Gesamthonorar an die Ärzte ausbezahlen. Ein falsch abrechnender Kollege schädigt also nicht die Krankenkassen oder die Patienten, sondern ausschließlich seine am System beteiligten Kollegen. Wie Herr Kiefer auf 1 Milliarde Euro kommt, bleibt sein Geheimnis, so Dr. Baumgärtner.
Im Gegenteil entsteht den Ärzten durch das Kopfpauschalensystem und die gesetzlich begrenzte Gesamtvergütung ein Schaden in Milliardenhöhe, da ca. 10 bis 20 % der ärztlichen Leistungen nicht honoriert werden. Zudem entstehen den Ärzten Kosten durch das so genannte Doktor-Hopping mit der Chipkarte. Den Krankenkassen ist das Ausmaß des Doktor-Hopping seit Jahren bekannt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Patienten bis zu 60 Mal pro Quartal den Arzt wechseln. Es besteht auf Seiten der Krankenkassen jedoch kein Interesse daran, solchen Fällen nachzugehen. Denn unabhängig davon, ob ein Patient einmal oder 60 Mal innerhalb eines Quartals zum Arzt geht, sind die Kosten für die Krankenkassen mit der Zahlung einer einmaligen Kopfpauschale pro Quartal abgegolten.
Die ritualisierte Kriminalisierung der Ärzte durch die Krankenkassen kommt jedes Jahr im Sommer auf Initiative der Krankenkassen an die Öffentlichkeit, so Dr. Baumgärtner. Die Motive hierfür sind offensichtlich: Die Krankenkassen wollen in den Besitz umfassender Arzt- und Patientendaten gelangen, um Ärzte und Patienten zum Beispiel über Callcenter steuern zu können. Außerdem ist dieses Sommertheater ideal geeignet, um von eigenen Missständen abzulenken wie zum Beispiel irreguläre Erstattungen für Leistungen auf Privatrezept. Auch über die Höhe der Verwaltungskosten der Krankenkassen in Deutschland wird gerne geschwiegen. Mit 7 Milliarden Euro sind sie fast genauso hoch wie die bundesweiten Ausgaben für die hausärztliche Versorgung.
Quelle und Kontaktadresse:
Kassenärztliche Vereinigung Nord-Württemberg
Albstadtweg 11
70567 Stuttgart
Telefon: 0711/78750
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