UN-Protokoll gegen Menschenhandel tritt am 25.12. in Kraft / UNICEF-Aktion Kinder sind unverkäuflich!"
(Köln) - Ein neuer Bericht von UNICEF, OSZE und dem UN-Kommissariat für Menschenrechte zeigt, dass die Menschenhändlerringe in Europa zunehmend professioneller und verdeckter vorgehen. Fast jede Prostituierte in Südosteuropa ist demnach von Menschenhändlern verkauft worden, bis zu 15 Prozent der Opfer sind Mädchen unter 18 Jahren. Die Händler haben auf verstärkte Polizeieinsätze und Razzien reagiert und statten Mädchen und Frauen mit falschen Papieren aus. Viele betroffene Frauen schrecken vor einer Anzeige zurück, weil sie Angst vor den Zuhältern haben und es nach wie vor an Hilfsangeboten mangelt. Die Folge: Die Opfer, insbesondere die Kinder unter ihnen, werden immer weiter ins Verborgene gedrängt und von jeder Hilfe abgeschnitten.
Der Bericht mahnt dringend besseren Schutz und rechtliche Unterstützung für die Opfer an. UNICEF begrüßt in diesem Zusammenhang das Inkrafttreten des Palermo-Protokolls gegen Menschenhandel am 25. Dezember. Dieses Zusatzprotokoll zur UN-Konvention gegen das transnationale organisierte Verbrechen sieht vor, jede Form von Menschenhandel unter Strafe zu stellen. Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich, die Opfer zu schützen und nicht länger als illegale Einwanderer zu kriminalisieren.
Kriminelle Menschenhändler nutzen das Armutsgefälle in Europa, um Mädchen und Frauen gnadenlos auszubeuten, sagte UNICEF-Schirmherrin Christina Rau. Die Regierungen müssen endlich entschlossen gegen diese schmutzigen Geschäfte vorgehen. Reiche Länder wie Deutschland müssen dabei Vorreiter sein, um die Opfer zu schützen und die Täter zu verfolgen. Christina Rau warb um weitere Unterstützung für die UNICEF-Aktion Kinder sind unverkäuflich!. Mit der Unterschriftenkampagne fordert UNICEF die Bundesregierung dazu auf, den Kampf gegen die skrupellosen Geschäfte mit Kindern auf nationaler und internationaler Ebene zu forcieren. Fast 180.000 Menschen haben die Forderungen von UNICEF bereits unterschrieben.
Schlepperbanden finden neue Handelswege
Der Bericht zur Situation in Südosteuropa, der die Situation in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Mazedonien, Moldawien, Serbien, Kosovo, Kroatien und Rumänien untersucht, beschreibt die neuen Handelsrouten der Schlepperbanden: Kinder werden nicht nur aus Albanien nach Griechenland und Italien, sondern vermehrt auch aus Moldawien und Rumänien nach Polen, nach Tschechien und nach Westeuropa verschleppt. Weitere Zielländer der Händlermafia sind Russland und die Staaten der früheren Sowjetunion.
Die Zahl der Opfer des Menschenhandels in Europa lässt sich nicht genau beziffern. Nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration werden jährlich rund 120.000 Frauen und Kinder aus Ost- und Südosteuropa in die EU-Staaten verkauft. Insbesondere über die Situation der betroffenen Kinder fehlen verlässliche Daten. Klar ist, dass Minderjährige zwei Gruppen von Opfern stellen: Mädchen im Alter ab etwa 12 Jahren werden vor allem in die Prostitution verkauft. Jüngere Mädchen und Jungen unter 13 Jahren werden überwiegend zum Betteln oder zur Arbeit gezwungen.
Zuhälter bleiben ohne Strafe - ihre Opfer leben in Angst
Neue Erkenntnisse liefert der Bericht auch über die unterschiedlichen Tätergruppen, die am Menschenhandel verdienen: Zum einen sind es professionell organisierte, international operierende Banden, die vom Menschenhandel und dem Geschäft mit der Prostitution ebenso profitieren wie vom Drogenschmuggel. Ihre Helfer sind Zuhälter und Kleinkriminelle, die in den Herkunftsländern Opfer anwerben - mal mit falschen Versprechungen, mal mit brutaler Gewalt. Darunter sind auch Frauen, die zunächst selbst Opfer waren, und jetzt als Vermittler arbeiten. Eine dritte Gruppe sind Geschäftsleute, Polizisten und Politiker, die mit dem organisierten Verbrechen gemeinsame Sache machen, Schmiergelder kassieren oder selbst Bars und Bordelle betreiben.
Vor allem den Zuhältern und Handlangern in den Herkunftsländern widmen die Strafverfolgungsbehörden bislang zu wenig Aufmerksamkeit, so die Untersuchung. Dies hat schwerwiegende Folgen für die Opfer: Viele wollen aus Angst nicht in ihr Heimatland zurückkehren und fürchten zu Recht Rache, wenn sie als Zeugen vor Gericht aussagen. Mädchen, die in ihr Heimatland zurückgeschickt werden, haben Angst vor den Schleppern, die ihre Familie kennen, sie erpressen können und augenscheinlich keine Angst vor Strafverfolgung haben müssen. Zudem fehlen Zeugenschutzprogramme, so dass auch Hilfsorganisationen vor einer Aussage vor Gericht warnen, denn die Opfer gehen dabei ein hohes Risiko ein, heißt es in dem Bericht.
UNICEF fordert besseren Schutz für die Opfer
Seit mehr als einem Jahr steht der Kampf gegen Kinderhandel im Mittelpunkt der Arbeit von UNICEF und seiner Aktion Kinder sind unverkäuflich!. Wichtigste Forderung von UNICEF: Die Regierungen müssen dafür sorgen, dass klare Menschenrechtsstandards bei der Behandlung der Opfer eingehalten werden. Nach wie vor bleiben die meisten minderjährigen Opfer von Menschenhändlern ohne Hilfe und Beistand. Viele Kinder und Frauen, die von den Behörden in ihr Heimatland zurückgeschickt wurden, geraten wiederum in die Fänge von Händlern und Zuhältern. Vor allem Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren brauchen besondere Unterstützung und dürfen nicht einfach in ihre Heimat abgeschoben werden.
Weitere Informationen zur UNICEF-Aktion Kinder sind unverkäuflich! finden Sie im Internet unter www.unicef.de
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die UNICEF-Pressestelle, Rudi Tarneden oder Helga Kuhn, 0221/93650-235 oder -234.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Komitee für UNICEF e.V.
Höninger Weg 104, 50969 Köln
Telefon: 0221/936500, Telefax: 0221/93650279
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