Pressemitteilung | Union mittelständischer Unternehmen e.V. (UMU)

UMU-Wirtschaftsumfrage 2004/2005: Mittelstand packt an und hat kein Verständnis für Reformstau

(München) - Der Mittelstand beurteilt die Wirtschaftlage zur Jahreswende 2004/2005 erneut etwas besser als im Vorjahr. 68,5 Prozent sehen die Wirtschaftslage derzeit als mäßig und gut an. 2003 waren es 63,9 Prozent. Der vorsichtige Optimismus schlage sich aber nur zögernd in der Investitionsneigung nieder“, erklärte Hermann Sturm, Präsident der Union Mittelständischer Unternehmen (UMU) in München, der die Ergebnisse einer Umfrage vorstellte, die für die UMU durchgeführt wurde.

46,2 Prozent der antwortenden Unternehmen gaben an investieren zu wollen, im Vorjahr waren es 50,5 Prozent. Der Schwerpunkt dieser Investitionen liegt mit 31,5% weiter bei den Ersatzinvestitionen. Erweiterungsinvestitionen planen 19,6 Prozent, Rationalisierungsinvestitionen 17,5%.

„Auch wenn der Optimismus weiter zugenommen hat, schlägt sich das im Jahr 2005 wohl nicht positiv in der Beschäftigung nieder. Gesamtwirtschaftlich rechnen sogar 64,6 Prozent für das Jahr 2005 mit einer weiter fallenden Beschäftigung. Im Vorjahr waren es 52,8%“, erklärte Sturm.

Allerdings zeige das „Nahbild“, aus dem eigenen Betrieb, dass der Mittelstand, anders als Teile der Großwirtschaft, seine Verantwortung für Wirtschaft und Gesellschaft direkt annehme. Nur 30,1 Prozent der Mittelstandsunternehmer rechneten im eigenen Betrieb mit einer fallenden Beschäftigung 12,1 Prozent gingen davon aus, dass diese steigen werde. 58,5 Prozent glaubten, dass sie gleich bleibt. Diese Erwartung deckt sich weitgehend mit den geplanten Neueinstellungen die im Jahr 2005 mit 13,8 Prozent erwartet werden. Der Markt für Fachkräfte hat sich entspannt. 57,3 Prozent der einstellungswilligen Arbeitgeber können geeigneten Fachkräfte finden, nur noch 36,8 Prozent könnten das nicht.

Mittelstand nimmt Herausforderung der Nachfrageschwäche an und reagiert
In der Erschließung neuer Märkte (52,4%) und in der Änderung der Produktpalette (37,1%) sieht der Mittelstand sein Heil für das nächste Jahr. 20 Prozent wollen Änderungen in der Produktion vornehmen, aber immerhin 32,9 Prozent wollen auch Kapazitäten abbauen. Hier zeigt sich, dass der Mittelstand die Herausforderungen aus Nachfragemangel und Kostendruck aktiv annimmt. Eine Möglichkeit aus der Kostenfalle zu kommen besteht auch darin die Arbeitskosten zu verringern. Immerhin 17,9 Prozent gaben an, dass sich die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit in ihrem Betrieb im letzten Jahr verlängert hat. Fast ein Drittel (28,4%) erklärte, dass es letzten Jahr gelungen sei die Arbeitskosten zu senken. Bei den Maßnahmen zur weiteren Reduzierung der Arbeitskosten setzt der Mittelstand überwiegend (60,4%) auf betriebliche Lösungen. 28,4 Prozent sprechen sich für eine Flexibilisierung aus mit längeren Jahresarbeitszeiten, 23,3 Prozent sind für eine generelle Verlängerung der Wochenarbeitszeit. Dass beim Mittelstand deutlich länger als 36 Stunden gearbeitet wird zeigen die Ergebnissen der Frage nach den wöchentlichen Arbeitszeiten. 48,5 Prozent arbeiten 40 Stunden in der Woche, 28,7% arbeiten 38 Stunden und nur 4 Prozent arbeiten 36 Stunden. Immerhin 14,7 Prozent gaben an mehr als 40 Stunden in der Woche zu arbeiten.

Mit der Finanzierung hatte es der Mittelstand auch im abgelaufenen Jahr schwer. 43,4 Prozent der antwortenden Unternehmen gaben an, dass sich das Finanzierungsverhalten der Banken verschlechtert habe. Für 50,3 Prozent blieb dieses gleich. Nur 2,1 Prozent vergaben die Note besser.

Hartz IV, Gesundheitsreform
Die Themen Hartz IV und Gesundheitsreform haben die Gemüter im abgelaufenen Jahr bewegt. Der Mittelstand hält mit großer Mehrheit (63,6%) die von der Bundesregierung mit Unterstützung der Opposition durchführten Maßnahmen einer Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe für gut. 24 Prozent finden Sie weniger gut. Fast 3/4 der Unternehmer (72,3%) erwarten von der Reform jedoch keinen direkten Einfluss auf die Beschäftigung in ihrem Betrieb. Auswirkungen der Reform sind nach Meinung von 83,5% der Antwortenden bisher nicht zu erkennen. „Mit großer Reserve reagiert der Mittelstand auf die Idee der 1 Euro Jobs. Wie aus verschiedenen Anmerkungen deutlich wurde hält man davon nicht viel“, erklärte Hermann Sturm, der auch auf die strukturellen und menschlichen Probleme eines „Zwei-Klassen-Arbeitsmarktes“ hinwies. Außerdem sei es sehr zweifelhaft ob eine Art „Beschäftigungsdienst“ wie sie die 1 Euro Jobs darstellte, die erforderliche Kaufkraft brächten um die Binnenkonjunktur anzukurbeln.

Bei den Vorschlägen zur Gesundheitsreform stoßen sowohl die Vorschläge der rot/grünen Koalition wie auch die von CDU/CSU auf wenig Gegenliebe. 39,2 Prozent der mittelständischer Unternehmer sind dafür, den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung direkt an die Arbeitnehmer auszuzahlen. 21,9 Prozent sprachen sich dafür aus das System in der bisherigen Form zu belassen aber weitere Kostenreduzierungen im Gesundheitswesen vorzunehmen, auch bei den Kassen und Arzneimitteln.16,6 Prozent sprachen sich für das ursprüngliche Modell der CDU aus, 9,2% für das der CSU, 8,2% für den Unions-Kompromiss aber nur 4% für den Vorschlag der Regierung.

Steuern
Den größten Reformbedarf sieht der Mittelstand neben den eingeleiteten Maßnahmen im Bereich der Steuern. Steuervereinfachung und Änderung des Steuertarifs (3-Stufen-Modell) stehen hier mit 45,7 Prozent an der Spitze. Immerhin 30,1 Prozent sind für einen „linearprogressiven Tarif mit Senkung des Spitzensteuersatzes und dem Abbau sämtlicher Steuerprivilegien. „Diese strukturelle Reform des Steuersystems muss weitergehen, je schneller desto besser“ erklärte der Mittelstandspräsident. Allerdings glauben 93,4% der teilnehmenden Unternehmer nicht, dass es dazu in dieser Wahlperiode noch kommen werde. „Mit großer Sorge muss die Entwicklung im Bereich der Steuern auch von andere Seite gesehen werden.

Auch wenn zum Jahresanfang 2005 jetzt die früher beschlossenen Steueränderungen in Kraft treten, die für den einzelnen Bürger einige Erleichterungen bringen werde, bleiben die strukturellen Schwächen des Systems, das mit jeder Änderung noch komplizierter und unüberschaubarer werde“, ergänzte Sturm.

„Dass unter dem Vorwand der Terrorismus- und Geldwäschebekämpfung in Kürze das Bankgeheimnis aufgehoben wird und die Finanzämter in den Konten der Bürger herumschnüffeln können, ist mehr als ein ausufern der Bürokratie, es ist ein Stück Misstrauen, das nicht begründet ist“, erklärte Hermann Sturm. „Das muss mit allem Mitteln bekämpft werden. Das darf in Deutschland einfach nicht passieren, wehret den Anfängen.

Es ist nicht zu verstehen, dass bei der Kompetenz in Regierung, Bundesrat und Parlament nicht innerhalb von sechs Monaten ein neues vereinfachtes Steuermodell ohne Steuersenkung entstehen kann“, erklärt Sturm zu den jüngsten Äußerungen von Minister Eichel, der eine weitere Steuerreform in der Wahlperiode bis 2006 erst jüngst ausgeschlossen hatte. Die Politik wurschtelt weiter, der Mittelstand geht pleite“, ergänzte Sturm seine Meinung zur Steuerpolitik.

Politik und Parteien
Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung ist gegenüber dem Vorjahr weiter leicht gestiegen. 7,9% „Zufriedene“ gegenüber 88,6% „Unzufriedenen“ lautet die Relation. Das sind trotzdem keine Zahlen die den Kanzler in Freudentränen ausbrechen lassen sollten, auch wenn er von Verbandsvorständen der Arbeitgeber und Wirtschaftsverbände in den letzten Monaten moralische Unterstützung bekommen hat. Die verbesserten Werte sind der Dank für seine „Hartzsche Standhaftigkeit“, mit der er staatsmännisches Handeln ohne Quotenschielen gezeigt hat.

Nur 4,4 Prozent der Mittelständler halten die allgemeine Politik der Bundesregierung für gut, 31,5 Prozent für ausreichend aber 62,2 Prozent für nicht ausreichend. Noch sehr viel schlechter fallen die Ergebnisse aus, wenn man nach der Politik für den Mittelstand fragt. 86,7 Prozent halten diese für nicht ausreichend, nur 10% für ausreichend. Hier ist dringender Handlungsbedarf. Bürokratieabbau, Subventionsabbau, Steuervereinfachung z.B. wären wirksame Maßnahmen.

In der Beliebtheitsskala beim Mittelstand liegt die CSU mit 50,7 Prozent (i.V. 62,8%) weiter auf Rang 1 gefolgt von der FDP mit 49,4 Prozent (i.V. 56,3%). Die CDU kommt auf Rang 3 mir 43,8 Prozent (i.V. 62,8%) . Die SPD hat wieder etwas zugelegt und liegt nach 8,1 Prozent im Vorjahr jetzt bei 11,1 Prozent sie liegt damit bei den Parteien auf Rang 4. „Die Grünen“ liegen auf Rang 5 mit 11 Prozent mit dem gleiche Wert wie im Vorjahr. Was auffällt ist, dass sich die Oppositionsparteien im letzten Jahr deutlich z.T. zweistellig verschlechtert haben, wobei die CDU mit 19 Prozent am meisten Zuneigung verloren hat. Als beste Oppositionspartei wird mit 32,6% die CSU angesehen, gefolgt von der FDP mit 31,9%. Die CDU erreicht nur 21,7%

Handlungsbedarf in den Politikbereichen
Der Handlungsbedarf in der Politik ist nach Ansicht des Mittelstandes in der Rangfolge 1-5 zwischen Sozialpolitik mit 93 Prozent (i.V. 93,9%), Beschäftigungspolitik 92,6 Prozent (i.V. 90,4%), Finanzpolitik 91,9 Prozent (i.V. 93,6%), Steuerpolitik 90,6 Prozent (i.V. 92,7%) und Deutschlandpolitik 69,7 Prozent einigermaßen gleich verteilt. Die Diskussion im abgelaufenen Jahr hat aber gezeigt, dass es weiter einen erheblichen Reformbedarf gibt und dass sich die Probleme angesichts der unterschiedlichen Interessen nicht leicht lösen lassen. Beim Arbeitsmarkt hat man mit der Umsetzung von Hartz IV damit begonnen erste Reformen anzupacken. Das kann aber nur der Anfang einer umfassenden Reform von Sozialsystem und Arbeitsmarkt sein. Der Arbeitsmarkt muss weiter geöffnet werden. Dazu ist es erforderlich die „Lohnkartelle“ von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften aufzubrechen um den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren. Wie schwierig die Gesundheitsreform ist hat sich am Hick Hack der Unionsparteien gezeigt, dabei hat die Koalition ihre Vorschläge im Detail überhaupt noch nicht auf den Tisch gelegt.

Quelle und Kontaktadresse:
Union mittelständischer Unternehmen e.V. (UMU) Edelsbergstr. 8, 80686 München Telefon: 089/570070, Telefax: 089/57007260 Pressekontakt: Jürgen E. Metzger mpb-press J. Metzger Windener Str. 5, 85254 Einsbach Telefon: 08135/9103, Telefax: 08135/8029

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