Pressemitteilung |

Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie und anderer EU-Richtlinien in nationales Recht

(Bonn) - Das BMU legte am 30.06.2000 den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP- Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie sowie weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vor. Teilweise haben andere Bundesressorts, insbesondere das BMWi, noch Vorbehalte angemeldet. Das gilt insbesondere für die Schwellenwerte. Der Entwurf sieht u.a. eine Änderung des UVP-Gesetzes, des BImSchG sowie des WHG vor. Das BMU will, dass das Änderungsgesetz zum 1. Januar 2001 in Kraft tritt.

Der neue Entwurf enthält an vielen Punkten Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage, insbe-sondere auch Änderungen, die die Gasversorgungswirtschaft betreffen.

Der Entwurf kann beim BGW angefordert werden. Die Verbändeanhörung wird voraussichtlich am 4./5. September 2000 stattfinden. BGW ist angemeldet. BGW bereitet bis zum 10. August 2000 eine Stel-lungnahme vor.


Im Einzelnen:

Der Schwerpunkt der Änderungen liegt in den Änderungen des UVPG und der deswegen notwendigen Folgeänderungen für den Leitungsbau, des BImSchG, der 1., 4. und 9. BImSchV so-wie des WHG.

1. UVPG

Wegen der UVP-Änderungsrichtlinie bedürfen bestimmte Maßnahmen der Energie- und Wasserversorgung der Umweltverträglichkeitsprüfung. Diese ergeben sich aus den Anhängen I und II der UVP-Änderungsrichtlinie. Dies betrifft insbesondere den Bau, den Betrieb und die Änderung von Versorgungsleitungen und Abwasserleitungen, aber auch die Entnahme von Oberflächenwasser und Grundwasser und das Abteufen von Brunnen.

Dabei ist zunächst daran zu denken, dass die UVP-Änderungsrichtlinie die UVP-pflichtigen Vorhaben sowohl in einem Anhang I wie in einem Anhang II auflistet. Vorhaben des Anhangs I sind zwingend UVP-pflichtig, Vorhaben des Anhangs II bedürfen einer Prüfung im Einzelfall, ob eine UVP erforderlich ist oder nicht, dies ist anhand von Schwellenwerten oder bestimmter Kriterien, die den Anforderungen von Anhang III der UVP-Änderungsrichtlinie genügen müssen, zu entscheiden. Hierbei kommt es u.a. auf den Standort der Anlage an.

Nach dem Urteil des EuGH (Kommission ./. Irland) ist es nicht mehr möglich, Kriterien oder Schwellenwerte so festzulegen, dass Vorhaben des Anhangs II der UVP-Änderungsrichtlinie ohne weitere Prüfung entweder UVP-pflichtig oder Nicht-UVP-pflichtig sind. Damit verbietet sich wohl auch im deutschen Recht die Einführung fester Schwellenwerte, sondern es muss eine (standortbezogene) Einzelfallprüfung zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit vorgenommen werden.

Wegen der IVU Richtlinie bedürfen verschiedene Industrievorhaben einer Genehmigung, bei der der sog. integrative Ansatz zu beachten ist, das heißt, dass sowohl die Auswirkungen des Vorhabens auf Boden, Wasser und Luft gleichermaßen zu beurteilen sind. Das BMU hält bis zur Fertigstellung eines Umweltgesetzbuches bei Vorhaben mit medienübergreifenden Auswirkungen aber an den parallelen Genehmigungsverfahren (z.B. nach BImSchG und WHG) fest.

Weil die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbstständiger Teil eines verwaltungsbehördlichen (Genehmigungs-)verfahrens ist, das der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dient (§ 2 Abs. 1 UVPG), ist es notwendig, für bestimmte Vorhaben ein so genanntes Trägerverfahren zu entwickeln, auf das die Umweltverträglichkeitsprüfung aufsattelt. Das gilt insbesondere für den Bau, den Betrieb und die Änderung von Versorgungsleitungen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass derartige Vorhaben, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden, UVP-pflichtig und damit planfeststellungspflichtig bzw. -genehmigungspflichtig sind.



-Zwingend UVP-pflichtig ist nach europäischem Recht - soweit die Gasversorgung betroffen ist - die Errichtung und der Betrieb von Gasversorgungsleitungen mit einer Dimension von mindestens 800 mm und einer Länge von mindestens 40 km. Das BMU schlägt aber einen Schwellenwert von 5 km vor.
Bei allen anderen Gasversorgungleitungen mit einem Durchmesser von mindestens 300 mm ist im Einzelfall mittels einer so genannten standortbezogenen Einzelfallprü-fung über die Notwendigkeit einer UVP zu entscheiden. Das bedeutet, dass die Einzelfallprüfung nur anhand bestimmter Kriterien zu erfolgen hat. Ist die UVP bei diesen Leitungen nicht notwendig, ist dieses Leitungsbauhaben aber plangenehmigungspflichtig.

-Zwingend UVP-pflichtig ist - soweit die Wasserversorgung betroffen ist - die Errichtung und der Betrieb von Wasserfernleitungen mit einer Länge von mehr als 25 km, ohne Rücksicht auf die Dimension, soweit sie das Gebiet einer Gemeinde überschreitet.

Bei allen anderen Wasserversorgungsleitungen, die das Gebiet einer Gemeinde überschreiten, hängt die UVP-Pflichtigkeit von einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles ab. Ist die UVP nicht notwendig, ist dieses Leitungsbauhaben aber plangenehmigungspflichtig.

- Bei Abwasserleitungen greift ein Schwellenwert von DN 800 und einer Länge von 5 km ein, ab deren Überschreiten eine zwingende UVP notwendig ist. Eine standortbezogene Einzelfallprüfung ist bei allen Abwasserleitungen ab DN 300 vorgesehen.


§ 20 des Gesetzentwurfes sieht vor, dass alle Vorhaben, die nach diesem Prozedere einer UVP bedürfen, der Planfeststellung durch die zuständige Behörde bedürfen. Diese Planfeststellung ist das oben erwähnte Trägerverfahren. Faktisch bedeutet dies in weitem Umfang die Planfeststellungspflichtigkeit von Leitungsbauvorhaben im Bereich der Gas- und Wasserversorgungswirtschaft und Abwasserwirtschaft. BGW konnte inzwischen erreichen, dass die Bestimmungen über das Planfeststellungsverfahren unter anderem für Gasversorgungsleitungen in das EnWG aufgenommen und aus dem UVPG herausgenommen wurden.

Anders ist es bei Wasserversorgungsleitungen, dass eine solche Planfeststellung nunmehr im UVPG festgeschrieben wird und damit erstmals materielle Entscheidungen in einem reinen Verfahrensgesetz durchgeführt werden sollen. Dies stellt einen erheblichen Systembruch gegenüber dem bisherigen Recht dar.


Außerdem bedarf einer UVP

- jede Grundwasserentnahme von mehr als 5 Mio. m³ Wasser jährlich zum Zwecke der Grundwasseranreicherung zwingend einer UVP (die UVP-Änderungsrichtlinie sieht 10 Mio. m³ vor); alle Grundwasserentnahmen bis zu 5 Mio. m³ bedürfen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach Maßgabe des Landesrechts, um festzustellen, ob eine UVP notwendig ist.
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- Auch eine sog. Tiefbohrung im Zusammenhang mit der Wasserversorgung bedarf der Vorprüfung des Einzelfalles nach Maßgabe des Landesrechts - hier allerdings keiner standortbezogenen Vorprüfung - ob eine UVP notwendig ist.

- Die Errichtung, der Betrieb und die Änderung einer Abwasserbehandlungsanlage ist zwingend UVP-pflichtig, wenn die Anlage für organisch belastetes Abwasser von mehr als 3000 kg/d BSB5 (roh) oder für anorganisch belastetes Abwasser von mehr als 1500 m³ Abwasser in zwei Stunden (ausgenommen Kühlwasser) ausgerichtet ist. Ferner soll künftig "nach Maßgabe des Landesrechts" auch unterhalb dieser Schwellen eine UVP erforderlich sein (Nr. 9 b des Entwurfs der Anlage 1 zum UVP-Gesetz).


2. BImSchG, 1., 4. und 9. BImSchV

Für verschiedene Vorhaben haben sich die Genehmigungsvoraussetzungen geändert, hier hat es auch gegenüber dem Entwurf von Januar 2000 Änderungen gegeben.

- Der Stand der Technik wird gleichlautend im BImSchG (§ 3 Abs. 6), dem WHG (§ 7a Abs. 5) und dem KrWG-/AbfG neu definiert und orientiert sich an der Definition der BAT in Art. 2 Ziffer 11 der IVU-RL. Zu kritisieren ist, dass die Aspekte Zuverlässigkeit der Techniken und Kosten nicht ausdrücklich als Tatbestandsmerkmale genannt werden, sondern entweder gar nicht erwähnt werden (Kosten) oder etwas verklausuliert als "Kriterien, die auch (!) zu berücksichtigen sind" (Zuverlässigkeit, dort Ziffer 4).
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- Nach § 52 I hat die Behörde bestehende Genehmigungen "regelmäßig zu überprüfen und durch nachträgliche Anordnungen auf den neuesten Stand zu bringen". Außerdem können Überprüfungen "aus besonderem Anlass" vorgenommen werden, etwa "wenn .. neue umweltrechtliche Vorschriften dies fordern."

- Neu in die 1. BImSchV werden Einzelfeuerungsanlagen für den Einsatz u.a. von Gasen der öffentlichen Gasversorgung mit einer Feuerungswärmeleistung von 10 MW (und nicht mehr 5 MW wie noch im Januar !) und mehr aufgenommen, vgl. § 11a 1. BImSchV. Die Vorschrift legt höchstzulässige Emissionswerte für Kohlenmonoxyd und Stickstoffoxyd fest und zwar z.B. bei Einzelfeuerungsanlagen einen Grenzwert von 0,03 mg Kohlenmonoxyd/m³ Abgas. Sie sind mit Messeinrichtungen zur fortlaufenden Überwachung von Kohlenmonoxyd und Sauerstoff auszurüsten, die Kalibrierung ist alle 5 Jahre zu überwachen, § 17a 1. BImSchV. Für bestehende Anlagen gilt eine Übergangsfrist bis 01.01.2005, § 23 1. BImSchV.

- Parallel zu den neuen Bestimmungen wird der Katalog der Ordnungswidrigkeiten erweitert.

- Neu gegenüber dem Entwurf von Januar ist die Einordnung von Gasturbinenanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von > 1 MW und < 50 MW zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärme und erhitztem Abgas zum vereinfachten Genehmigungsverfahren, vgl. Ziffer 1,5 der 4. BImSchV.


III
Aus Sicht des BGW sollten die materiellen Anforderungen an den Bau, den Betrieb und die Änderung von Wasserversorgungsleitungen dem jeweiligen Fachrecht überlassen bleiben. Dies entspricht der bisherigen Tradition in der Bundesrepublik Deutschland, vgl. z.B. die verkehrsrechtlichen Fachgesetze, die alle ein eigenes Planfeststellungsrecht haben. Schwierig ist allerdings, auf Bundes-ebene ein derartiges Trägerverfahren für den Bau und den Betrieb von Wasserversorgungsleitungen zu installieren.

- Denkbar wäre, an geeigneter Stelle die Länder zu verpflichten, im jeweiligen passenden Fachrecht der Länder ein Planfeststellungs-verfahren zu installieren. Dies wäre zumindest für Wasserleitungen eine Lösung. BGW schlägt eine Änderung des § 26 WHG vor, durch die die Länder verpflichtet werden, ein Genehmigungsverfahren für den Bau und die Änderung von Versorgungsleitungen einzuführen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft e.V. (BGW) Josef-Wirmer-Str. 1, 53123 Bonn Telefon: 0228/25980 Telefax: 0228/25981 20

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