Überbetonung der Abiturnote ist der falsche Weg Botzlar: Hochschulen verpflichten, qualifizierte Auswahlgespräche durchzuführen
(Berlin) - Neben der Abiturnote müssen andere Kriterien bei der Zulassung zum Medizinstudium ein deutlich höheres Gewicht bekommen, fordert der Marburger Bund. "Die jüngst bekannt gewordenen Überlegungen auf der Arbeitsebene der Kultusministerkonferenz weisen in die richtige Richtung, wenn dadurch sichergestellt ist, dass zukünftig im Auswahlverfahren der Hochschulen die Abiturnote nicht mehr das alleinige Kriterium für die Auswahl von Studienbewerbern sein wird. Die medizinischen Fakultäten müssen verpflichtet werden, in ihren Verfahren nicht nur die Studierfähigkeit, sondern vor allem Eignung und Bereitschaft für die spätere Berufstätigkeit als Arzt in der kurativen Versorgung durch geeignete Tests und qualifizierte Auswahlgespräche abzubilden", erklärte Dr. Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes.
Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil zur Studienplatzvergabe im Fach Humanmedizin ausdrücklich unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen des Marburger Bundes und der Bundesärztekammer darauf hingewiesen, dass gerade die Tätigkeit als Arzt Anforderungen an die Berufsträger stelle, die nicht allein über allgemein intellektuelle Fähigkeiten abgebildet werden könnten. "Die Abiturnote und sogenannte Medizinertests wie TMS oder HAM-Nat bilden jeweils die intellektuell-kognitiven Fähigkeiten und damit die Studierfähigkeit des Bewerbers insbesondere für die vorklinischen Semester ab, nicht jedoch die Kompetenzen in sozial-kommunikativer und empathischer Hinsicht. Letztere sind aber nicht nur für die Studierfähigkeit im klinischen Teil des Studiums, in dem praktische Fähigkeiten und der Umgang mit Patienten zunehmend wichtiger werden, sondern auch für die Berufseignung von immenser Bedeutung", bekräftigte Botzlar.
Kritisch bewertet der Marburger Bund insofern gemeinsame Überlegungen des Medizinischen Fakultätentages (MFT) und der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd). Die im MFT/bvmd-Modell für die Fakultäten vorgesehene Möglichkeit, im Auswahlverfahren der Hochschulen zwischen einem eigenen ortspezifischen Assessment und einer Einspeisung ihrer Studienplätze in das zentrale Ranglistenverfahren zu wählen, verstärke die Überbetonung von Abiturnote und Studierfähigkeitstests zusätzlich. Im "worst case" würden alle Universitäten, entweder aus finanziellen Gründen oder um sich rechtlich nicht für Studienplatzklagen angreifbar zu machen, auf die Option eines lokalen Auswahlverfahrens verzichten. "Damit würden wie bisher intellektuell-kognitive Kompetenzen den Schwerpunkt der Kriterien bilden und nichts wäre gewonnen", heißt es in einer ausführlichen MB-Kommentierung der gemeinsamen Vorschläge von MFT und bvmd.
"Für uns ist entscheidend, dass im Hochschulverfahren, aber auch in einem zentralen Vergabeverfahren andere Eignungsmerkmale als die Abiturnote hinreichend berücksichtigt werden", sagte Botzlar.
In der Kultusministerkonferenz gibt es nach eigener Aussage auch Überlegungen, auf die Wartezeitquote künftig zu verzichten, jedoch den Langzeitwartenden über eine neue eignungsorientierte Quote (Talentquote), in der zusätzliche Kriterien unabhängig von der Abiturnote Berücksichtigung finden sollen, Chancen auf einen Studienplatz zu eröffnen. Der Marburger Bund hält einen vollständigen Verzicht auf die Bewertung von Wartezeiten nicht für wünschenswert, da ansonsten die entsprechende Motivation nicht mehr abgebildet werden kann. Auch das Bundesverfassungsgericht weist in seinem Urteil darauf hin, dass "eine Anknüpfung an die Wartezeit sich in gewissem Rahmen auch deshalb als sachgerecht erweist, weil sich aus der Bereitschaft zum Warten ablesen lässt, dass eine hohe Motivation für das Wunschstudium besteht".
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