Türkei weist syrische Flüchtlinge an der Grenze ab / Amnesty: Internationale Gemeinschaft versagt bei der Unterstützung der syrischen Flüchtlinge. Neuer Bericht zeigt verzweifelte Lage syrischer Flüchtlinge an der Grenze und die schlechte Versorgung in der Türkei
(Berlin) - Flüchtlinge aus dem syrischen Kriegsgebiet werden an der türkischen Grenze häufig abgewiesen und nach Syrien zurückgeschickt. Im neuen Bericht "Struggling to Survive: Refugees from Syria in Turkey” hat Amnesty darüber hinaus dokumentiert, dass zwischen Dezember 2013 und August 2014 mindestens 17 Menschen an der Grenze erschossen wurden.
"Die Türkei hat ihre Grenzen offiziell für syrische Flüchtlinge geöffnet. Die Wirklichkeit sieht für Hunderttausende Menschen, die vor dem Krieg fliehen, anders aus: Viele werden einfach zurückgeschickt, auf einige wurde sogar scharf geschossen. Das ist unerträglich und eine eindeutige Verletzung des Völkerrechts", sagt Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. Der Amnestybericht stellt fest, dass die Türkei nur zwei Grenzübergänge uneingeschränkt für Flüchtlinge geöffnet hat, und auch dort regelmäßig Flüchtlinge ohne gültige Reisepässe abweist.
Doch auch die internationale Gemeinschaft muss viel mehr tun, um den Flüchtlingen zu helfen. Bislang hat die Türkei nach eigenen Angaben vier Milliarden Dollar für die Flüchtlingskrise aufgewendet. Die internationalen Geldgeber wollen aber bisher nur knapp 140 Millionen Dollar für die syrischen Flüchtlinge in der Türkei zur Verfügung stellen. Das sind nur 28 Prozent des von der UN für syrische Flüchtlinge angeforderten Betrags.
"Die Türkei hat nicht nur die Hälfte der insgesamt 3,2 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, sie übernimmt auch den Hauptteil der finanziellen Belastung. Die Zurückhaltung der reichen Staaten ist beschämend", so Çalışkan. "Sie unterstützen die Nachbarländer viel zu wenig und bieten kaum Aufnahmeplätze für syrische Flüchtlinge an."
Wenn es die Flüchtlinge über die Grenze in die Türkei geschafft haben, müssen sie oft in erbärmlichen Zuständen leben. Nur 220.000 der 1,6 Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei leben in einem der 22 gut ausgestatteten Flüchtlingslager. Außerhalb der offiziellen Lager erhalten nach Angaben türkischer Behörden nur 15 Prozent der syrischen Flüchtlinge Unterstützung von humanitären Organisationen. Aus Verzweiflung schicken einige Familien sogar ihre Kinder zur Arbeit.
"Die Realität der meisten syrischen Flüchtlinge ist trostlos. Sie fliehen vor Menschenrechtsverletzungen und Krieg in ihrem Heimatland. In ihrer Verzweiflung werden sie nicht nur alleine gelassen, man schießt sogar auf sie. Sowohl die Türkei als auch die internationale Gemeinschaft müssen endlich gemeinsam die syrischen Flüchtlinge schützen und menschenwürdig unterbringen", fordert Çalışkan.
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