Türkei: keinerlei Zeichen für Normalisierung
(Berlin) - Amnesty-Vertreter und weitere Menschenrechtler bleiben unschuldig angeklagt / Amnesty International fordert Freisprüche für Taner Kılıç, Peter Steudtner und weitere Aktivisten
Der Prozess in Istanbul gegen Taner Kılıç, Ehrenvorsitzender der türkischen Sektion von Amnesty International, den deutschen Menschenrechtler Peter Steudtner, die frühere türkische Amnesty-Direktorin İdil Eser und acht weitere Menschenrechtsaktivisten ist heute ohne den lange überfälligen Freispruch fortgesetzt worden. Dazu äußert sich Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland:
"Die elf Menschenrechtler hätten heute endlich freigesprochen werden müssen. Dass der Prozess weitergeht, belegt, wie die türkische Justiz weiterhin als repressives Werkzeug benutzt wird, um kritische Stimmen einzuschüchtern und wegzusperren."
"Vor wenigen Wochen hatte die türkische Regierung beim Staatsbesuch in Deutschland einen Neuanfang versprochen. Mit Freisprüchen für die angeklagten Menschenrechtler, unter denen der Deutsche Peter Steudtner ist, hätte sie ein erstes Signal der Rückkehr zu Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten senden können."
"Die internationale Gemeinschaft, die Bundesregierung und auch die zahlreichen deutschen Wirtschaftsvertreter, die erst vor Kurzem in die Türkei reisten, bleiben aufgefordert, die türkische Regierung an die Einhaltung ihrer menschenrechtlichen Verpflichtungen zu erinnern. Wenn die Regierung in Ankara einen Neuanfang ihrer internationalen Beziehungen anstrebt, so muss dies mit der Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards beginnen."
"Die Anschuldigungen gegen Taner Kılıç, Peter Steudtner, İdil Eser und die anderen Menschenrechtler sind vollkommen absurd und entbehren jeglicher Grundlage. Der politisch motivierte Prozess läuft seit mehr als einem Jahr und bis heute haben die türkischen Behörden keinerlei Beweise vorgelegt. Es ist eindeutig, dass die elf Angeklagten einzig und allein wegen ihres Einsatzes für die Menschenrechte vor Gericht stehen."
"Neun der elf Menschenrechtler haben monatelang im Gefängnis gesessen, unser Kollege Taner Kılıç weit über ein Jahr. Es drohen ihnen weiterhin bis zu 15 Jahre Haft. Sie gehören damit zu den zahlreichen Menschen, die in der Türkei seit Monaten willkürlich und entgegen rechtsstaatlicher Grundsätze angeklagt oder sogar inhaftiert sind."
Hintergrund
Der Ehrenvorsitzende der türkischen Sektion von Amnesty International, Taner Kılıç, und die als "Istanbul 10" bekannt gewordenen Menschenrechtler, unter ihnen die frühere Direktorin von Amnesty International in der Türkei, İdil Eser, und der deutsche Menschenrechtstrainer Peter Steudtner, wurden im Sommer 2017 inhaftiert. Im Oktober 2017 begann der Prozess gegen die elf Menschenrechtsverteidiger. Ihnen werden ohne Vorlage jeglicher Beweise Mitgliedschaft beziehungsweise Unterstützung einer "terroristischen Organisation" vorgeworfen. Am 25. Oktober 2017 wurden die acht noch inhaftierten Menschenrechtler der "Istanbul 10" nach fast vier Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen.
Taner Kılıç blieb mehr als 14 Monate im Gefängnis. Ein hochrangiger Vertreter einer internationalen Menschenrechtsorganisation saß damit mehr als ein Jahr in Haft - ein deutliches Beispiel für die Menschenrechtslage in der Türkei, aber auch für den Menschenrechtsschutz weltweit. Am 15. August 2018 wurde Taner Kılıç aus der Untersuchungshaft entlassen. Doch der Prozess gegen ihn und die Istanbul 10 läuft weiter.
Der nächste Prozesstag im Verfahren gegen Taner Kılıç und die Istanbul 10 ist auf den 21. März 2019 datiert.
Quelle und Kontaktadresse:
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