Pressemitteilung | Greenpeace e.V.

Tschernobyl: Nach 15 Jahren immer noch nichts gelernt

(Hamburg) - In den frühen Morgenstunden des 26. April 1986 ereignet sich die folgenschwerste Katastrophe in der Geschichte der Kernenergie: Der Reaktorunfall in Tschernobyl. Menschen und Tiere sterben oder werden verstrahlt, riesige Landstriche radioaktiv verseucht. Die Explosion richtet einen nie gesehenen, verheerenden Schaden an. Weitgehend unbekannt ist, dass ebensolche schwerwiegenden Umweltkatastrophen auch anderswo stattfinden.

Noch immer leben mehr als eine Million Menschen in dem strahlen-
verseuchten Gebiet um Tschernobyl. Die Kinder leiden unter Immunschwäche, Missbildungen oder Schilddrüsenkrebs. Bisher unbekannte Krebsarten treten immer häufiger auf. Pilze, Waldbeeren, Nüsse und auch Wild sind bis heute radioaktiv belastet. Es ist, als seien über Tschernobyl 200 Atombomben abgeworfen worden.

Vergleichbar viele langlebige radioaktive Substanzen freigesetzt hat seit Inbetriebnahme vor rund fünfzig Jahren die Atomanlage in Sellafield. Die radioaktive Belastung entsteht hauptsächlich dadurch, dass aus der Atomanlage pro Tag rund neun Millionen Liter radioaktive Abwässer in die Irische See eingeleitet werden.

"Sellafield ist das schleichende Tschernobyl", erklärt Veit Bürger, Energieexperte von Greenpeace. "Das Unglück hatte die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzt. Dass Sellafield aber eine ebenso gravierende Umweltkatastrophe ist, bei der nachweislich Menschen zu Schaden kommen, nehmen die Betreiber deutscher Atomanlagen einfach in Kauf. Für sie ist es die Hauptsache, dass der Atommüll von der eigenen Haustür wegkommt."

Greenpeace-Messungen von 1998 ergaben, dass Bodenproben aus der Umgebung der Atomanlage Sellafield vergleichbar radioaktiv verseucht sind, wie in der 30 Kilometer-Sperrzone um den Katastrophenreaktor. Kinder und Jugendliche aus Sellafield erkranken zehnmal häufiger an Blutkrebs als im Landesdurchschnitt Großbritanniens. Eine Untersuchung im Auftrag des britischen Gesundheitsministeriums 1997 mit 3.300 Jugendlichen in Großbritannien und Irland ergab Spuren von Plutonium und Strontium in ihren Zähnen.

Veit Bürger: "Fast jede Woche genehmigt die Bundesregierung neue Atomtransporte in die so genannte Wiederaufarbeitung. Insgesamt sollen noch rund 2000 Tonnen Atommüll nach Frankreich und England geliefert werden. Ziel der Energiekonzerne ist es, die Atomtransporte in Deutschland wieder zur Routine werden zu lassen. Greenpeace ruft dazu auf, friedlich dagegen zu protestieren."

Am Mittwochmorgen protestierte Greenpeace wieder gegen den bevorstehenden Atomtransport aus den Kraftwerken Biblis (Hessen) und Neckarwestheim (Baden-Württemberg) in die so genannte Wiederaufarbeitungsanlage im britischen Sellafield. Rund zwanzig Umweltschützer entrollten auf dem gegenüberliegenden Weinberg ein weithin sichtbares über 100 Quadratmeter großes Transparent mit der Aufschrift "Stop Sellafield".

Quelle und Kontaktadresse:
Greenpeace e.V. Große Elbstr. 39 22767 Hamburg Telefon: 040/306180 Telefax: 040/30618100

NEWS TEILEN: