Trendwende in der Digitalen Wirtschaft ist kein Selbstläufer / dmmv mahnt Beschleunigung des Reformkurses in Deutschland an / Mittelstand fehlt die Kraft, Politik fehlt der Mut zur Innovation
(Berlin) - Wirtschaftsindikatoren und Prognosen deuten momentan auf eine Trendwende der konjunkturellen Entwicklung in der Digitalen Wirtschaft. So deutet der ifo-Geschäftsklima-Index für die Digitale Wirtschaft deutlich darauf hin, dass es sich dabei um kein Strohfeuer handelt.
Vor allem in den Bereichen Internet- und Multimedia-Dienstleistungen und DV-Dienstleistungen ist seit Sommer 2003 ein kontinuierlicher Anstieg der Geschäftserwartungen und der Geschäftslage zu beobachten. Der Deutsche Multimedia Verband (dmmv) e.V. warnt dennoch vor verfrühtem Optimismus. Er führt die positive Entwicklung mehr auf eine Verbesserung des weltwirtschaftlichen Klimas zurück, als auf Faktoren, die sich aus den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hierzulande ergeben. So ist nach Auffassung von dmmv-Präsident Arndt Groth (Interactive Media CCSP GmbH) die aktuelle Trendwende kein Selbstläufer: "Für ein stabiles Wachstum in der Digitalen Wirtschaft sind dringend Investitionen erforderlich. Politik und Wirtschaft müssen hier an einem Strang ziehen. Die Integration von ITK-Lösungen in Geschäfts- und Verwaltungsabläufe, die Qualifikation von Mitarbeitern sowie die Verbesserung der Bildungssituation sind dabei die wichtigsten Punkte, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen zu verbessern."
Die Nutzung der interaktiven Medien in Deutschland ist weiter gestiegen. Heute ist mehr als die Hälfte aller Deutschen online, Internet und mobile Endgeräte werden immer intensiver genutzt und die getätigten E-Commerce-Umsätze der Verbraucher steigen immer rascher. Die Entwicklung der Umsätze und der Beschäftigtenzahlen in Teilen der Digitalen Wirtschaft war im vergangenen Jahr jedoch eher gegenläufig. Während die Umsätze im Softwaremarkt stagnierten, gingen sie im Bereich der Internet- und Multimediadienstleistungen um mehr als zehn Prozent zurück. Auch die Beschäftigtenzahlen. Einzig im Bereich der interaktiven Angebote (E-Commerce, E-Content und E-Services) sind die Umsätze und Beschäftigtenzahlen gestiegen, was wiederum mit der zunehmenden Akzeptanz der Angebote bei den Endverbrauchern zusammenhängt. Vor allem die Softwareindustrie und die Dienstleister im Bereich Internet und Multimedia haben die fehlende Innovationskraft und die zurückhaltenden Investitionen der klassischen Branchen und des Mittelstandes im abgelaufenen Jahr zu spüren bekommen. "Die Situation für die betroffenen Unternehmen wird sich nur ändern, wenn der Mittelstand durch die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung entlastet wird. Der Finanzwirtschaft und auch Teilen der Großunternehmen fehlt zudem der Mut, innovative Ideen zu fördern" so der dmmv-Präsident.
Seit Herbst 2003 hat sich die Situation der Digitalen Wirtschaft deutlich gebessert. So werden Geschäftslage und -erwartungen inzwischen sehr positiv beurteilt. Dennoch sieht Arndt Groth die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Wachstum hierzulande noch nicht erfüllt: "Wachstum erfordert vor allem Mut. Das Festhalten an bestehenden Prozessabläufen und die schleppende Reform der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ersticken das Innovationspotenzial der Digitalen Wirtschaft" so Arndt Groth weiter. Ohne die Beschleunigung des wirtschaftspolitischen Reformkurses durch die Bundesregierung, eine erhöhte Investitionsbereitschaft seitens der Kapitalgeber und der Finanzwirtschaft sowie gezielte Unterstützung im Bildungsbereich sieht Groth die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland gefährdet.
Blockaden lösen
Um neue Kräfte für Innovationen im Mittelstand freizusetzen, muss der Mittelstand spürbar entlastet werden. Der wirtschaftspolitische Reformkurs der Bundesregierung muss demnach nicht nur fortgesetzt, sondern beschleunigt werden. "Regulierungswut und Abgabenlast, mit denen sich die Mittelständler im Arbeits- und Steuerrecht konfrontiert sehen, müssen ein schnelles Ende finden. Die Förderung des Unternehmergeistes muss wieder oberste Prämisse der Wirtschaftspolitik werden" fordert Groth. Auch die Finanzwirtschaft ist aufgefordert ihren Beitrag in die Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen zu leisten. "Die Verweigerungshaltung und der fehlende Weitblick seitens der Kapitalgeber und Banken blockieren die Innovationskraft des Mittelstandes in Deutschland" betont Groth und verweist in diesem Zusammenhang auf die schlechte Kapitalausstattung des deutschen Mittelstandes im internationalen Vergleich.
Bildung, Forschung und unternehmerisches Denken fördern
Um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu sichern, sind dringend Investitionen im Bereich Bildung und Forschung angezeigt. Das beinhaltet sowohl die Ausstattung der Bildungseinrichtungen mit Neuen Medien, die Ausbildung der Lehrkräfte als auch einen verstärkten Wettbewerb der Hochschulen. "'Life long learning' ist keine Phrase, sondern die Grundvoraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte und Dienstleistungen" so Arndt Groth. Der absehbare Fachkräftemangel ist dauerhaft nicht durch die Vergabe von Greencards zu lösen, sondern einzig und allein durch gezielte Investitionen in Bildung und Forschung.
In der Konsolidierungsphase wurde risikoaverses Verhalten gefördert. Jetzt ist unternehmerisches Handeln gefragt. Nachdem Industrie und Wirtschaft im vergangenen Jahr ihre Ausgaben für Forschung und Mitarbeiterqualifizierung zurückgefahren haben, müssen die Investitionen in diesen Bereichen nun wieder steigen. So wünscht sich Groth ein Umdenken in der Personalpolitik vor allem der großen Unternehmen: "Durch die Rationalisierung und Optimierung von bestehenden Prozessabläufen sind bei den Unternehmen kommende Herausforderungen zum Teil aus dem Blick geraten, die sich nur durch entsprechend gut ausgebildetes Personal bewältigen lassen." Seiner Auffassung nach setzen nicht wenige Topmanager in Deutschland zu stark auf Bestandserhaltung. "Wir brauchen eine Kultur der Ermutigung zum Handeln statt einer Kultur der Risikoscheu" so Groth weiter.
Das Ende der Spar- und Kostenloskultur
Die in den Anfangsjahren des Internets weitverbreitete Kostenloskultur und der seit Monaten anhaltende Preiskampf im Einzelhandel haben dazu geführt, dass der Wert digitaler Güter und die kostenintensive Produktion hochwertiger Anwendungen und Produkte nur unzureichend anerkannt wird. Datenpiraterie und die massenhafte Verbreitung von Raubkopien über die interaktiven Medien haben ihr Übriges getan. "Die Annahme, dass digitale Inhalte, Anwendungen und Dienstleistungen zu Dumpingpreisen oder gar kostenlos zu erhalten sind, gefährdet die Existenz vieler Unternehmen der Digitalen Wirtschaft. Es ist eine der zentralen Aufgaben des dmmv auf Seiten der Nutzer und der auftraggebenden Unternehmen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Qualität ihren Preis hat" macht sich Groth für die Branche stark. Hierzu fokussiert der dmmv einerseits den Gesetzgeber, der aufgefordert ist, den Schutz digitaler Güter rechtlich zu garantieren. Andererseits sollen Informationsangebote sowie zusätzliche Standardisierungen und Empfehlungen in den einzelnen Branchensegmenten erarbeitet werden, für mehr Markttransparenz und Qualitätsbewusstsein auf Seiten der Nutzer und Auftraggeber sorgen.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Multimedia Verband e.V. (dmmv)
Kaistr. 14, 40221 Düsseldorf
Telefon: 0211/6004560, Telefax: 0211/60045633
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