Transatlantischer Handelsstreit - Perspektiven für die deutsche Wirtschaft
(Berlin) - Am 20. Januar wurde Joe Biden als 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt. Was bedeutet das für die US-Handelspolitik und das Verhältnis zu den transatlantischen Wirtschaftspartnern? Es geht um einen großen Player: Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA machen einen erheblichen Anteil des Welthandels aus - zwischen Oktober 2019 und Oktober 2020 betrug das Handelsvolumen beider Wirtschaftsräume 616,8 Milliarden Euro. Allein deutsche Betriebe führten in diesem Zeitraum Waren und Dienstleistungen im Wert von 114,5 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten aus, ihren seit Langem wichtigsten Exportmarkt. Gleichzeitig erschweren jedoch mehrere handelspolitische Streitfälle den Austausch.
Ärger um Subventionen für Boeing und Airbus
Die USA erweiterten jüngst bestehende US-Zölle gegen die EU: Seit dem 12. Januar werden deutsche und französische Flugzeugteile sowie bestimmte alkoholische Getränke auf dem Weg in die USA mit zusätzlichen Zöllen in Höhe von 25 Prozent belegt. Diese Maßnahme ist Teil eines seit 2004 andauernden Handelskonflikts. Darin werfen die USA der EU vor, mit Unterstützungsmaßnahmen für den Flugzeughersteller Airbus gegen Subventionsregeln der Welthandelsorganisation (WTO) zu verstoßen. Nach Auffassung der EU wiederum sind die US-amerikanischen Subventionen für deren Flugzeugbauer Boeing ebenso regelwidrig. Inzwischen gab die WTO-Rechtsprechung beiden Anklagen statt und erlaubte jeweils Vergeltungszölle. In den Jahren 2019 und 2020 belegten USA und EU dann verschiedene Handelswaren der jeweils anderen Partei mit Zöllen in Milliardenhöhe: Seitens der Vereinigten Staaten summieren sie sich auf 7,5 Milliarden US-Dollar, seitens der Europäischen Union auf 4 Milliarden US-Dollar. Dabei setzen die USA allerdings das sogenannte Karussellverfahren ein - eine Technik, die die EU als WTO-illegal einstuft. Denn damit können sich die betroffenen Warengruppen und Zollhöhen regelmäßig ändern, was die Planungssicherheit für EU-Exporteure empfindlich beschränkt.
Weitere Handelskonflikte
Außerdem drohen die USA aktuell mit neuen Zöllen gegen EU-Staaten wie Frankreich oder Österreich, die Digitalsteuern auf große Internetunternehmen, etwa Amazon oder Facebook, eingeführt haben. Die letzte US-Administration hat zudem im Jahr 2017 den Import von europäischen Aluminium- und Stahlprodukten mit sogenannten Section-232-Zöllen belegt. Diese nach wie vor wirksamen Zusatzabgaben, die von den USA mit dem Schutz der nationalen Sicherheit begründet werden, schätzt die EU als WTO-widrig ein. Die WTO-Verfahren hierzu laufen noch. US-Zölle auf europäische Autoexporte wurden vonseiten der Vereinigten Staaten in den letzten Jahren regelmäßig angedroht, jedoch nie implementiert.
Zukünftige transatlantische Zusammenarbeit
Mit der neuen US-Administration ergibt sich nun die Möglichkeit, dass in die transatlantischen Beziehungen mehr Planungssicherheit und weniger Handelshemmnisse für Unternehmen einkehren könnten. Hierfür spricht etwa, dass die EU und USA bereits seit längerer Zeit Vorarbeit geleistet haben, indem sie Gespräche über eine nachhaltige Verhandlungslösung für den Airbus-Boeing-Streitfall führen. Die damit verbundenen Zölle könnten dann beiderseitig zeitnah abgeschafft werden; ein Durchbruch ist 2021 möglich. Ebenso sollen rasche Verhandlungen zum Abbau der Stahl- und Aluminiumzölle starten. Hier wird jedoch mit längerer Verhandlungsdauer gerechnet. Somit zeichnen sich in den nächsten Jahren Erleichterungen im transatlantischen Handel ab, von denen insbesondere deutsche Unternehmen mit US-Geschäft profitieren können.
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