Tragetests als zentraler Baustein der Kleidungswahl / Online-Fortbildung "DFV direkt" mit Experten der RWTH Aachen zu Schutzkleidung
(Berlin) - Jede Einsatzkraft der Feuerwehren hat sie zumindest in einer Variante. Sie gehört wie selbstverständlich zu Einsatz- und Ausbildungsdienst. Sie soll nützlich sein und uns vor äußeren Einflüssen abschirmen, wenn es ungemütlich oder gar gefährlich wird: die Einsatzschutzkleidung. Aber wie finde ich die richtige Einsatzschutzkleidung für meine Feuerwehr? Welche Faktoren sollte ich bei der Vorauswahl und der späteren Beschaffung beachten? Und welche Fehler kann ich später bei der Pflege machen? Zu diesen Fragen standen in der aktuellen Ausgabe der Online-Fortbildungsreihe "DFV direkt" des Deutschen Feuerwehrverbandes die beiden Experten Carsten Schiffer und Justin Kühn von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen Rede und Antwort. Rund 250 interessierte Feuerwehrangehörige beteiligten sich an der digitalen Veranstaltung.
Am Anfang einer jeden Beschaffung stehe die Beantwortung der Frage, was die Einsatzschutzkleidung leisten muss. Hier stelle die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) mit ihrem Leitfaden zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung ein nützliches und wichtiges Hilfsmittel zur Verfügung. "Es lohnt sich hinzuschauen, dass man das Beste für das Einsatzgebiet auswählt", riet Schiffer. "Man kann mit der falschen Wahl der Kleidung Gefahren steigern", warnte er. Prominentes Beispiel sei hier die Bekämpfung von Vegetationsbränden, die in der vergangenen Zeit zunehmend an Bedeutung gewonnen habe. Die klassische Brandschutzbekleidung, die vor auch hohen Temperaturen in geschlossenen Räumen schützen soll, schaffe hier jedoch das zusätzliche Risiko der thermischen Überlastung der Einsatzkräfte.
Nachdem der Anwendungsbereich und die notwendigen Schutzklassen gefunden wurden, müsse der Blick auf die bereits vorhandene Ausrüstung gerichtet werden: Was habe ich an Atemschutztechnik, Höhensicherungssätzen oder Chemikalienschutz in meiner Feuerwehr im Einsatz? Wo laufen die Bebänderungen und wie sollte meine Schutzkleidung aussehen, damit diese gut mit dem Gerät zusammen funktioniert? Wer dann nach konkreten Modellen suche, werde auf eine Vielzahl von Normen und Standards treffen. Als Kernregelungen seien hier die HuPF als nationale Regelung und die DIN EN 469 als europäische Regelung hervorzuheben. Die DIN EN 469 sei hierbei unbedingt zu beachten und einzuhalten. Inwiefern die HuPF zwingend zu berücksichtigen sei, hänge vom jeweiligen Bundesland ab. Hier sei es wichtig, sich kundig zu machen. "Soll eine Einsatzschutzkleidung ohne Einstufung nach HuPF beschafft werden, muss eine weitere Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Hier helfen die Dienstkleidungsvorschriften der Länder", so Kühne.
Eine Philosophiefrage stelle sich den Beschaffern bei den Überlegungen zu den Reflexstreifen. Mehr Streifen bedeuteten eine gute Sichtbarkeit im Straßenverkehr und damit ggf. die Möglichkeit, dann auf eine zusätzliche Warnweste zu verzichten. Mehr Reflexstreifen bedeuteten, je nach Modell, ggf. mehr Nähte und damit mehr Schwachstellen im Material bzw. potenzielle Schadstellen.
Sind die technischen Anforderungen geklärt und potenzielle Modelle gefunden, appellieren Schiffer und Kühn für einen gut geplanten Tragetest. Ziel müsse es sein, mit den Tests den Querschnitt der Einsatzkräfte abzubilden, also eine gute Mischung insbesondere nach Geschlecht und Statur zu finden. Diese sollten möglichst viele Situationen, auch unter Einsatz weiterer Ausrüstungsgegenstände wie zum Beispiel Atemschutzgeräten, im Test durchspielen und bewerten. Befragungen hätten gezeigt, dass es hier insbesondere herausfordernd sein könne, Kleidung zu finden, die eine gute Passform für Frauen und Männer gleichermaßen aufweise. Eine gute Passform sei allerdings nicht nur wichtig, damit die Kleidung ihren technischen Zweck erfüllen könne. "Es sind nicht nur technische, sondern auch emotionale Faktoren, die da mitspielen", erläuterte Justin Kühn. Schutzkleidung solle Sicherheit vermitteln, aber auch Identität stiften.
Auf Basis der vorgenannten Punkte sollte dann ein Lastenheft entstanden sein, das im Anschluss eine bedarfsgerechte Beschaffung bzw. Ausschreibung ermöglicht. Aber auch für die Pflege der Schutzkleidung im laufenden Betrieb hatten die Experten noch Hinweise zu Reinigung (Industriewäsche, empfohlenes Mittel nutzen) und Reparatur (Näharbeiten durch Fachkräfte).
Die Themen für die nächsten Ausgaben der "DFV direkt" sind sehr vielfältig:
Am Mittwoch, 21. August 2024, wird DFV-Bundesfeuerwehrarzt Dr. med. Martin zur Nieden über die Heilkundlichen Maßnahmen durch Notfallsanitäter/innen im Rettungsdienst referieren.
DFV-Bundesstabführer Thorsten Zywietz berichtet am 16. September 2024 von 18.00 bis 19.00 Uhr in einer Onlinefortbildung zum Thema "Feuerwehrmusik in Deutschland: Historie, Entwicklung, aktuelle Aufgaben und pädagogische Verantwortung".
Am Mittwoch, 16. Oktober 2024, informiert Brandoberingenieur Jochen Fries (Evonik Operations GmbH, Werkfeuerwehr Chemiepark Marl) von 18.00 bis 19.00 Uhr über "TUIS-Hilfeleistungen bei Gefahrgutunfällen: Kooperation zwischen öffentlicher Gefahrenabwehr und TUIS".
Weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Anmeldung stehen unter https://www.feuerwehrverband.de/veranstaltungen/dfv-direkt/ zur Verfügung.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Feuerwehrverband e.V. (DFV)
Silvia Oestreicher, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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