Pressemitteilung | Deutscher Tierschutzbund e.V.

Tötung überzähliger Tiere – Zoos versagen beim Artenschutz

(Bonn) - Mehrere Tierschutzorganisationen kritisieren die Tötung von vermeintlich überzähligen Zootieren aufs Schärfste. Vor wenigen Tagen meldete der Zoo Leipzig die Tötung von vier Moorantilopen – einer stark bedrohten Art - aufgrund von Platzmangel. Dass Zoos immer häufiger wirtschaftlich für sie unbequem gewordene Tiere töten und dies gegenüber der Öffentlichkeit als Artenschutz- und Bildungsmaßnahme darstellen, zeigt, dass Zoos vor allem kommerziell betriebene Freizeiteinrichtungen sind.

„Zoos werben stets damit, dass die Haltung bedrohter Tierarten in ihren Anlagen einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz darstellen würde. Schaut man jedoch genauer hin, stellt man fest, dass nur die wenigsten Tiere in Zoos überhaupt eine Chance haben, ausgewildert zu werden“, stellt Laura Zodrow, Fachreferentin bei Pro Wildlife e.V. fest. Das belegt auch eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, wonach in 15 Jahren (von 2005 bis 2020) insgesamt nur 149 Tiere geschützter Arten für Auswilderungsprojekte aus deutschen Zoos ins Ausland ausgeführt wurden. Angesichts von rund 17.000 Tieren, die allein in den im Verband der zoologischen Gärten (VdZ) organisierten Zoos gehalten werden, ist das verschwindend gering. Ohnehin haben nur sehr wenige Tierarten, die in freier Wildbahn ausgestorben sind bzw. waren, durch Zuchtbemühungen überlebt.

Überhaupt stoßen die Zoos mit ihrem Populationsmanagement häufig an ihre Grenzen. „Der Begriff der Überzähligkeit ist mittlerweile gängiges Standardvokabular im Zoomanagement, beinhaltet aber bereits eine ethisch und tierschutzrechtlich fragwürdige Einstufung der Tiere in lebenswert und wertlos. Tiere sind fühlende Lebewesen und nicht nur Genreserven“, so Dr. Yvonne Würz, Fachreferentin bei PETA Deutschland e.V.

Verstoß gegen rechtliche und ethische Grundsätze

Immer wieder versuchen Zoos, Tötungen gesunder Tiere als notwendig zu begründen. In einem jüngst veröffentlichten Beitrag in der Fachzeitschrift “Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) argumentieren Zooverantwortliche, dass man den Tieren ohne Zucht wesentliche Verhaltenskreise wie die Fortpflanzung, Jungenaufzucht und soziale Interaktion mit Jungtieren vorenthält. „Unerwähnt lassen die Autoren jedoch, dass Tiere im Zoo wie selbstverständlich in all ihren Lebensbereichen eingeschränkt werden und beispielsweise weder ihre Sozialpartner selbst aussuchen noch wichtige Verhaltenskreise wie Erkundungsverhalten, Sozial- und Territorialverhalten, Nahrungssuche oder Ruhe- und Komfortverhalten ausleben können. Das gesamte Leben von Tieren im Zoo wird von Menschen fremdbestimmt. Die Argumentation ist somit völlig haltlos“, so Claudia Lotz, Vorsitzende vom Bundesverband Tierschutz e.V.

Auch ethische und tierschutzrechtliche Belange sind für die Autoren offenkundig zweitrangig: Alte Tiere, die mehr Pflege und Ressourcen benötigen, sollten nach ihrer Ansicht getötet werden, um Platz für jüngere und gesündere Tiere zu schaffen. Für Tierschutzorganisationen, die sich aufopferungsvoll um jedes Tier in ihrer Obhut kümmern, kann dies nicht der richtige Weg sein. „Würden Tierheime oder Tierärzte in Deutschland dazu übergehen, alte oder auf intensive Pflege angewiesene Tiere aus wirtschaftlichen Gründen systematisch einzuschläfern, wäre der Aufschrei wohl groß.

Es ist nicht zu akzeptieren, dass Zoos sich der Verantwortung für ihre Tiere entziehen, die sie noch dazu eigens gezüchtet haben. Nicht zuletzt ist eine Tötung mangels Vorliegens eines vernünftigen Grundes rechtswidrig“, kritisiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes e.V.

Die Tierschutzorganisationen fordern die Zoogemeinschaft auf, das Töten von „ungewollten“ Zootieren einzustellen. Torsten Schmidt, wissenschaftlicher Referent beim Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V., dazu: „Zoos müssen sich ihrer Verantwortung stellen und für alle ihnen anvertrauten Tiere artgemäße Lebensbedingungen schaffen. Dies beinhaltet insbesondere die Reduktion der gehaltenen Arten, Einstellung der Nachzucht ebenso wie Gehegeerweiterungen bis hin zum Neubau eines Geheges, um nicht vermittelbare Tiere weiterhin halten zu können“.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Tierschutzbund e.V., In der Raste 10, 53129 Bonn, Telefon: 0228 604960

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