Tierversuchfreie Test-Verfahren gefordert / Jährlich mindestens 170.000 Tierversuche allein bei BAYER / "Ergebnisse nicht auf den Menschen übertragbar"
(Braunschweig) - Anlässlich der Jahreshauptversammlung der BAYER AG am 26. April fordern die Vereine Ärzte gegen Tierversuche und Coordination gegen BAYER-Gefahren den Chemie- und Pharmakonzern auf, seine Forschung auf tierversuchsfreie Verfahren umzustellen. Dies sei nicht nur ethisch geboten, sondern diene auch dem Interesse von Patient/innen und Verbraucher/innen. Die Verbände veröffentlichten zudem eine ausführliche Analyse der von BAYER durchgeführten Tierversuche.
Silke Bitz von den Ärzten gegen Tierversuche: "Wir fordern von BAYER und allen anderen Pharmaunternehmen den Umstieg auf rein tierversuchfreie Verfahren. Durch Computersimulationen, Tests an Zellkulturen und mit Hilfe von Biochips lässt sich die Verstoffwechslung neuer Wirkstoffe im menschlichen Körper detailliert darstellen. Solche Forschungsmethoden sind ethisch vertretbar und liefern im Gegensatz zum Tierversuch für den Menschen relevante Ergebnisse."
Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren ergänzt: "Tierversuche sind nicht nur gegenüber Tieren, sondern auch gegenüber Menschen unverantwortlich. Sie dienen nicht der Sicherheit von Patienten, sondern in erster Linie der rechtlichen Absicherung der Pharma-Hersteller. Tierbasierte Verfahren sind wissenschaftlich überholt und ethisch nicht länger vertretbar." Mimkes fordert die Überarbeitung der entsprechenden Vorschriften, da rund 14 Prozent aller Tierversuche in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben sind.
Insgesamt werden in Deutschland jährlich rund 2,9 Millionen Wirbeltiere für Versuchszwecke verwendet, wovon fast 6 Prozent auf das Konto von BAYER gehen. Der Konzern "verbrauchte" im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben über 147.000 Tiere. Hinzu kamen mehr als 23.000 Tiere bei externen Auftragsinstituten. BAYER hat wiederholt mit umstrittenen Testlaboren wie Professional Laboratory and Research Services (PLRS) und Huntingdon Life Sciences (HLS), die für tierquälerische Methoden bekannt sind, kooperiert.
Untersuchungen der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA) ergaben, dass 92 Prozent der potenziellen Medikamente, die sich im Tierversuch als wirksam und sicher erwiesen, nicht durch die klinische Prüfung kommen, da sie beim Menschen keine oder eine unerwünschte Wirkung zeigen. Dass man sich trotz dieser Unsicherheit auf Tierversuche verlässt, hat fatale Folgen: allein in Deutschland sterben jährlich 58.000 Menschen an den Folgen von Arzneimittelnebenwirkungen.
"Das Beispiel des BAYER-Präparats Lipobay zeigt, dass schwerwiegende Nebenwirkungen durch Tierexperimente nicht vorhersehbar sind. Trotz der von dem Leverkusener Konzern nach zahlreichen Tierversuchen vorhergesagten "ausgezeichneten Gesamtverträglichkeit” kam es bei mindestens 100 Patient/innen zu einer Rhabdomyolyse, also einem schweren Muskelzerfall, mit Todesfolge", erläutert Mimkes. Zuvor hatten Ratten, Mäuse, Kaninchen, Hunde, Schweine und Affen das Präparat über eine Schlundsonde, intravenös oder als Futter-Beimischung einnehmen müssen. In den Versuchen hatten sich zwar einige Nebenwirkungen eingestellt, doch waren diese anders als die später beim Menschen beobachteten Schäden. Bei einigen Tierarten waren bei sehr hohen Dosierungen leichte Muskelschäden aufgetreten, nicht aber die tödlich verlaufende Rhabdomyolyse. Stattdessen erlitten einige Tiere Magenblutungen und Augenschäden.
Da die meisten menschlichen Krankheiten bei Tieren nicht vorkommen, werden die Symptome auf künstliche Weise in so genannten "Tiermodellen" nachgeahmt. Um zum Beispiel Parkinson auszulösen, wird bei Affen und anderen Tieren ein Nervengift in das Gehirn injiziert, das Hirnzellen zerstört. Einen Schlaganfall versucht man durch das Einführen eines Fadens in eine Hirnarterie von Mäusen zu simulieren. Ein "menschlicher" Herzinfarkt wird bei Hunden durch das Zuziehen einer von außen bedienbaren Schlinge um ein Herzkranzgefäß nachgeahmt. Die am Tier künstlich herbeigeführten Symptome haben jedoch nichts mit den menschlichen Krankheiten gemein. Wichtige Aspekte der Krankheitsentstehung wie Ernährung, Lebensgewohnheiten, der Einfluss von Suchtmitteln, schädlichen Umwelteinflüssen, Stress sowie psychische und soziale Faktoren werden gänzlich außer Acht gelassen. Ergebnisse aus Studien mit Tieren sind daher irreführend und tragen nichts zum Verständnis über menschliche Krankheiten oder gar deren Heilung bei.
"Da Tierversuche ungeeignet sind für eine effektive Arzneimittelentwicklung, täte BAYER schon im eigenen Interesse gut daran, sich von dieser überholten Methode zu verabschieden und bei der modernen, tierversuchsfreien Pharmaforschung die Nase vorn zu haben", erklärt Silke Bitz abschließend.
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