Tierversuche: Reduktionsstrategie soll kommen
(Zülpich) - Die Bundesregierung hat zwei Millionen Euro für die Erarbeitung und Umsetzung einer Reduktionsstrategie für Tierversuche bereitgestellt. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte begrüßt dies, mahnt jedoch eine schnelle Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode an. Der Tierrechtsverband empfiehlt, dem guten Beispiel Frankreichs zu folgen, das als erstes Land in Europa eine öffentlich-private Plattform für die Vorvalidierung von tierfreien Verfahren gegründet hat.
Im Jahr 2021 starben über fünf Millionen Tiere für Tierversuche allein in Deutschland. Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, eine Reduktionsstrategie zu Tierversuchen vorlegen zu wollen. Kürzlich gab Dr. Zoe Mayer, Mitglied des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft und Berichterstatterin für Tierschutz (Grüne), bekannt, dass im Haushalt 2024 eine Million Euro für diese Reduktionsstrategie bereitgestellt seien. Für die nachfolgenden Haushalte sei eine weitere Million vorgemerkt. Ziel der Strategie soll vor allem die Etablierung praxisreifer tierfreier Verfahren sein. Es würden zwar neue Verfahren entwickelt, so Mayer, diese scheiterten jedoch oft an den teuren und langwierigen Zulassungsverfahren.
Reduktionsstrategie noch in dieser Legislaturperiode umsetzen
"Wir begrüßen, dass die Bundesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag angehen will. Die Erarbeitung einer Reduktionsstrategie ist zentral, um die anhaltend hohe Zahl der in Versuchen eingesetzten Tiere endlich systematisch zu verringern. Alle bisherigen Aktivitäten der Vorgängerregierungen waren unkoordiniert und haben bei Weitem nicht ausgereicht. Insofern ist dies ein wichtiger Schritt. Nun kommt es darauf an, dass die Reduktionsstrategie schnell erarbeitet und noch in dieser Legislatur umgesetzt wird. Es muss verhindert werden, dass dieses wichtige Vorhaben nur eine Feigenblattfunktion hat", sagt Dr. Christiane Hohensee, Fachreferentin für tierversuchsfreie Methoden und Leiterin des Wissenschaftsportals InVitro+Jobs.
Kompetenzzentrum als Koordinationsstelle
Menschen für Tierrechte hatte bereits im Juli 2023 - gemeinsam mit einem Bündnis aus 13 weiteren Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen - einen Maßnahmenplan für eine tierversuchsfreie Forschung an alle politischen Entscheidungsträger übermittelt. Die Broschüre enthält konkrete Vorschläge, wie der von der EU anvisierte Ausstieg aus dem Tierversuch gelingen kann. Der achtseitige Maßnahmenplan empfiehlt unter anderem die Gründung eines Kompetenzzentrums, das unter Beteiligung aller Stakeholder die Strategie erarbeitet und deren Umsetzung begleitet.
Dem Vorbild Frankreich folgen
"Um die Zahl der Tierversuche zu reduzieren, sollten wir dem Vorbild Frankreichs folgen. Dort wurde 2021 die Plattform PEPPER gegründet. Sie hat die Aufgabe, wissenschaftliche Untersuchungen und Tests auf Hormonwirksamkeit zu organisieren und zu finanzieren. Die Plattform stellt sicher, dass die neuen Methoden qualitativ ausreichen und sorgt dafür, dass die geforderten Nachweise für die internationalen Behörden, wie OECD, ECVAM, ISO und CEN, erbracht werden. Wenn Deutschland einen nennenswerten Beitrag zur Reduktion von Tierversuchen leisten will, sollte es diesen zielführenden Ansatz aufgreifen und sich zum Beispiel auf den Ersatz von Tierversuchen in der Reproduktionstoxikologie konzentrieren, denn hier werden sehr viele Tiere eingesetzt", schlägt Hohensee vor.
EU will Strategie erarbeiten
Die EU-Kommission hat als Reaktion auf die Europäische Bürgerinitiative (EBI) "Save Cruelty Free Cosmetics - Für ein Europa ohne Tierversuche", die über 1,2 Millionen EU-Bürger:innen unterzeichnet hatten, Ende Juli 2023 ebenfalls angekündigt, einen Strategieplan für eine tierversuchsfreie Sicherheitsbewertung von Chemikalien zu erarbeiten. Ziel ist ein tierversuchsfreies Regulierungssystem im Rahmen der Chemikaliengesetzgebung, unter die die EU-Chemikalienrichtlinie (REACH), die Verordnungen für Biozide und Pflanzenschutzmittel sowie Human- und Tierarzneimittel fallen. Außerdem soll ein Expertenausschuss eingerichtet werden, der bei der Entwicklung und Einführung von tierversuchsfreien Ansätzen berät.
Quelle und Kontaktadresse:
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
M.A. Christina Ledermann, Vorstandsvorsitzende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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