Tierschutzorganisationen stellen Rechtsgutachten vor
(Berlin) - Deutschland ist Hotspot für den Handel mit exotischen Tieren. Mit einem aktuellen Rechtsgutachten zeigen sechs Tier- und Artenschutzorganisationen, dass der bessere Schutz von Wildtieren dringend geboten ist und in Form einer Positivliste für Heimtiere und einem generellen Wildtierverbot in Zirkussen auch rechtlich umsetzbar. Das Gutachten wurde gestern im Rahmen eines parlamentarischen Abends vor Vertreter*innen von Bund und Ländern vorgestellt.
„Deutschland verschließt vor Tierleid im Wohnzimmer und in der Zirkusmanege noch immer die Augen. Daraus ergibt sich eine Lawine an Folgeproblemen. Dabei gibt es mit der Positivliste für Heimtiere eine probate Lösung“, erklärt Patrick Müller, Bereichsleiter für Politik in Deutschland bei Animal Advocacy and Protection (AAP).
Die bisher für die Novellierung des Tierschutzgesetzes geplanten Maßnahmen greifen zu kurz: Tierschutzstandards könnten damit kaum kontrolliert und durchgesetzt werden. Eine Positivliste für Heimtiere und ein Wildtierverbot für Zirkusse hingegen würden das Problem an der Wurzel packen. Die Missstände könnten so endlich effektiv angegangen werden. Unter der Schirmherrinnenschaft von MdB Anke Hennig, Tierschutzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, und MdB Dr. Zoe Mayer, Berichterstatterin für Tierschutz der Grünen Bundestagsfraktion, diskutierten Expert*innen beim parlamentarischen Abend die Problematik exotischer Haustiere und Wildtiere in Zirkussen – und ihre Lösungen.
Die vorgestellte juristische Stellungnahme räumt Zweifel an der rechtlichen Machbarkeit beider Maßnahmen aus. „Das Rechtsgutachten macht klar: Eine Positivliste für Heimtiere und ein Wildtierverbot im Zirkus sind rechtlich nicht nur möglich, sondern sogar geboten,“ erklärt Evelyn Ofensberger, Bereichsleiterin Recht und Nachlass des Deutschen Tierschutzbundes. „Wenn Deutschland seine Vorsorgepflicht und sein Staatsziel Tierschutz ernst nimmt, ist die Einführung dieser Maßnahmen ein notwendiger Schritt.“
Deutschland internationaler Hotspot im Wildtierhandel
Deutschland habe eine traurige Führungsrolle im weltweiten Handel mit exotischen Heimtieren, betont Katharina Lameter, Projektleitung bei Pro Wildlife. „Es kann nicht sein, dass Deutschland sich aus der Verantwortung stiehlt, wenn es um einen so zentralen Problemherd für Tierwohl, Artenschutz, Umwelt, Gesundheit und Sicherheit in Europa geht.“ Denn die aus Handel und Haltung exotischer Tiere resultierenden Risiken sind vielfältig.
Andere EU-Länder sind Deutschland weit voraus und haben bereits Positivlisten für bestimmte Tiergruppen eingeführt, und die große Mehrheit der EU-Länder hat Beschränkungen für Wildtiere in Zirkussen. Deutschland hinkt hinterher und muss endlich einen wirksamen Tier- und Artenschutz umsetzen. Das vorgestellte Rechtsgutachten zeigt, dass die Einführung einer Positivliste und ein Verbot von Wildtieren in Zirkussen die geeigneten Mittel sind.
Zirkuszelt und Wohnzimmer – kein Zuhause für exotische Tiere
„Andere Länder machen es uns vor: Der Missbrauch von Tieren in der Manege und drumherum muss aufhören." Um dieses Tierleid zu beenden, ist ein Verbot der Wildtierhaltung im Zirkus längst überfällig“, fordert Peter Höffken, Fachleiter für Kampagnen von PETA Deutschland. „Ein Wildtierverbot ist nicht nur notwendig, sondern wird auch von der Mehrheit der Bürger*innen unterstützt“, so Thomas Pietsch, Wildtierexperte von VIER PFOTEN International. „Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung Tierschutz im Zirkuszelt konsequent angeht.“
Exotische Tiere sind nicht domestiziert – und damit nicht für das Dasein im Wohnzimmer oder in der Manege gemacht. Selbst wohlwollende Halter*innen sind mit ihren Ansprüchen schnell überfordert. Häufig entlaufen die Tiere oder werden ausgesetzt – und damit zu einem Risiko nicht nur für Menschen, sondern auch für die Umwelt. Daher fordert Robert Kless, Regionalvertreter für Deutschland und Europa des IFAW (International Fund for Animal Welfare): „Wir müssen endlich präventiv tätig werden, um effektiven Arten- und Naturschutz zu betreiben. Mit einer Positivliste stellen wir heute die Weichen zum Erhalt der Biodiversität weltweit.“
Die Organisationen machen einstimmig klar: „Tierschutz darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Wenn er effektiv umgesetzt werden soll, ist die aktuelle Fassung der Novelle des Tierschutzgesetzes nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Um den Problematiken um Handel und Haltung exotischer Heimtiere nachhaltig zu begegnen, braucht es die Positivliste und das Wildtierverbot in Zirkussen. Die Abgeordneten haben es jetzt in der Hand und müssen diese wichtigen Tierschutz-Vorhaben in das Tierschutzgesetz rein verhandeln.”
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Tierschutzbund e.V., In der Raste 10, 53129 Bonn, Telefon: 0228 604960, Fax: 0228 6049640