Tierärzte kritisieren ARD / Sensationsjournalismus statt objektiver Berichterstattung
(Frankfurt am Main) - In einem Offenen Brief hat der Präsident des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte, Dr. Siegfried Moder, am vergangenen Freitag die ARD-Vorsitzende und Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks, Prof. Dr. Karola Wille, und den ARD-Programmdirektor, Volker Herres, aufgefordert, ihre Redaktionen an den Auftrag des Rundfunkstaatsvertrags zu erinnern und von der Produktion falsch informierender, suggestiver Sendungen künftig abzusehen.
Anlass dafür war der am 12. April im Ersten Deutschen Fernsehen ausgestrahlte Beitrag des ARD-Wirtschaftsmagazins Plusminus "Hund und Katze krank - Wie Tierärzte Kasse machen". "Anstatt unabhängig und sachlich nach anerkannten, journalistischen Grundsätzen zu berichten, so wie es der Rundfunkstaatsvertrag vorgibt, suggeriert der mangelhaft recherchierte und mit eklatanten Fehlern behaftete Beitrag Tierhaltern, Tierärzte seien Abzocker, die Geld mit unnötigen Behandlungen verdienen", kritisiert Moder.
So werden Kombinationsimpfstoffe als wahre Goldgrube für Tierärzte dargestellt, obwohl sie angeblich doch für Hunde schädlich sein können und sich sogar die "Internationale Haustierärztevereinigung" gegen sie ausgesprochen hat. "Alles Blödsinn", sagt Moder. "Kombinationsimpfstoffe, die Antigene verschiedener Krankheitserreger enthalten, sind keineswegs lukrativer für Tierärzte als Einzelimpfstoffe. Sie kosten genauso viel oder sind sogar günstiger." Auch haben sich weder die World Small Animal Veterinary Association noch die für Deutschland relevante Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) am Friedrich-Loeffler-Institut jemals gegen Kombinationsimpfstoffe ausgesprochen. Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussionen im letzten Jahrzehnt waren allein die starren Impfschemata, nach denen Tiere häufiger als notwendig geimpft wurden. Deshalb hat die StIKo Vet bereits vor über zehn Jahren entsprechend angepasste Impfempfehlungen für Kleintiere herausgegeben. Sie entsprechen dem aktuellen Stand der Wissenschaft ebenso wie die Röntgenuntersuchung für die eindeutige Diagnose eines Bandscheibenvorfalls.
Alles nur schlampige Recherche? Die Antwort der Plusminus-Redaktion auf ein kritisches Schreiben eines Verbandsmitglieds lässt daran als alleinigem Grund erheblich zweifeln. "Es handelt sich hier um Tiere. Ihr Leben ist weniger wert als das eines Menschen, weshalb teure Behandlungsmethoden nicht zwingend erforderlich sind...", so der beeindruckende Hinweis der Redaktion. "Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit ausreichender Einschaltquoten halten wir es für äußerst bedenklich, wenn ein Sendebeitrag auf persönlichen Meinungen basiert", rügt Moder.
Tierhalter können mit Recht erwarten, dass ihre Tiere nach aktuellem wissenschaftlichem Stand behandelt werden. Das hat absolut nichts mit unnötigen Therapien zu tun. Diesen als Grundlage der Berichterstattung zu nutzen, um zu erläutern, weshalb die Preise für tierärztliche Leistungen betriebswirtschaftlich im Rahmen der - im Übrigen letztmalig vor zehn Jahren angepassten - Gebührenordnung für Tierärzte kalkuliert werden müssen und sich deshalb in unterschiedlich ausgestatteten Praxen bzw. Kliniken an verschiedenen Standorten unterscheiden, ist nach Moders Auffassung die Aufgabe eines durch Rundfunkbeiträge finanzierten öffentlich-rechtlichen Senders. Nicht nur Tierärzte, auch alle anderen Rundfunkbeitragszahler müssen vom öffentlichen-rechtlichen Fernsehen eine professionelle, objektive und glaubwürdige Berichterstattung erwarten dürfen.
Der Offene Brief an die ARD zum Download: https://www.tieraerzteverband.de/bpt/presseservice/meldungen/2017_05_09_tieraerzte-kritisieren-ARD.php
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V. (bpt)
Astrid Behr, Referatsleiterin, Kommunikation
Hahnstr. 70, 60528 Frankfurt am Main
Telefon: (069) 6698180, Fax: (069) 6668170