Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Thüringen: Warnschuss für andere Bundesländer!

(Berlin) - In Thüringen hat eine Partei, die vom Verfassungsschutz als erwiesen
rechtsextremistisch eingestuft wird, bei der Landtagswahl mehr als ein Drittel der Sitze im Parlament errungen. Mit dieser Sperrminorität können zahlreiche demokratische Abläufe blockiert werden. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) und andere Experten hatten genau davor gewarnt, doch die zahlreichen Vorschläge wurden im Freistaat nicht aufgegriffen. Anderen Ländern sollte das eine Mahnung sein - sie müssten nun handeln.

"Was wir befürchtet hatten, ist in Thüringen eingetreten", meint Rechtsanwältin Dr. Sylvia Ruge, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Mit den Wahlergebnissen vom Wochenende sei der Zeitpunkt verpasst, die Justiz und Verfassungsgerichtsbarkeit in Thüringen resilienter zu machen. Der DAV habe sich wiederholt genau dafür stark gemacht. "In Erfurt haben die Verantwortlichen leider versäumt, zu handeln", so Ruge. Nach der Wahl sei es nun zu spät, entsprechende Vorschläge zur Resilienz umzusetzen.

Thüringer Verfassungsrichter sowie der Präsident des Landesrechnungshofes können in Thüringen nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag gewählt werden. Die AfD ist jetzt in der Lage, diese Wahlen zu verhindern. "Auch die Mitglieder des Richterwahlausschusses müssen mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt werden", erklärt die DAV-Hauptgeschäftsführerin. Für die Rechtspflege sei dies verheerend. "In den nächsten Jahren steht dem Freistaat eine Pensionierungswelle bevor - dann könnte eine Blockade des Richterwahlausschusses die Rechtsprechung lahmlegen." Auch die Wahl des oder der Landtagspräsident:in und der Mitglieder der parlamentarischen Kontrollkommission könnten so beeinflusst werden.

"Nichts davon ist eine Neuigkeit", erinnert Ruge. Dass trotz der zahlreichen Mahnungen von Verfassungsrechtler:innen und Verbänden keine Maßnahmen zur Stärkung der rechtsstaatlichen Resilienz getroffen worden sind, sei geradezu fahrlässig gewesen. Andere Bundesländer dürften diesen Fehler nicht wiederholen. "Es ist an der Zeit, zu handeln - bevor es zu spät ist", fordert die Rechtsanwältin.

Ob in Ost oder West - alle Landesregierungen seien aufgerufen, genau hinzuschauen und jeweils Maßnahmen zu ergreifen, um das Rechtswesen und die Rechtsstaatlichkeit vor der Einflussnahme radikal-autoritärer Kräfte zu schützen. Dass dies auch über Parteigrenzen hinweg möglich sei, belegten die zuletzt auf Bundesebene erarbeiteten Vorschläge zur Absicherung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Pressestelle Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Fax: (030) 726152190

(jg)

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