Telefonüberwachung künftig uneingeschränkt möglich / DAV: Nachbesserung erforderlich
(Berlin) - In verschiedenen Bundesländern werden derzeit die Polizeigesetze reformiert, so zum Beispiel in Bayern, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen. Hierbei sollen Regelungen zur Telefonüberwachung im Bereich der vorbeugenden Gefahrenabwehr weit im Vorfeld einer tatsächlichen Straftat eingeführt werden. Konkret sollen die Regelungen die Überwachung aller technisch möglichen Telekommunikationsbeziehungen, einschließlich e-mail- und Internetverkehr sowie Telediensten, erlauben. Betroffen sind alle Inhalts- und Verbindungsdaten sowie ausdrücklich Standortmeldungen auch dann, wenn gar keine Telekommunikation stattfindet.
Aus Sicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) ist es nicht hinnehmbar, dass Rechtsanwälte, Geistliche, Journalisten usw. nach einigen dieser Entwürfe einschränkungslos abgehört werden können. Die geschützten Vertrauensverhältnisse zwischen diesen Berufsgruppen und ihren jeweiligen Mandanten dürften nicht missachtet werden.
Wenn die Polizei heimlich abhört, müssen Betroffene wenigstens nach Abschluss der Überwachung von der Maßnahme unterrichtet werden, so die Anwälte. Damit hätten sie zumindest die Möglichkeit, nachträglich eine richterliche Kontrolle herbeizuführen. Die in den Gesetzentwürfen vorgesehenen Regelungen über die Auskunft und Unterrichtung der Betroffenen werden der neueren Rechtsprechung der Landesverfassungsgericht nicht gerecht.
"Allein der jüngste Entwurf aus Niedersachsen zur Änderung des dortigen Gefahrenabwehrgesetzes zeigt erfreulicherweise, dass der Landesgesetzgeber von den Fehlern seiner Kollegen aus Bayern dazugelernt und die verfassungsrechtlich geschützten Berufsgeheimnisträger von der Telefonüberwachung ausgenommen hat," so Rechtsanwalt Hartmut Kilger, Präsident des DAV. In Bayern sei das Gesetz nach erheblichen Widerständen, unter anderem aus der Anwaltschaft, vorerst gestoppt worden.
Gleichwohl sind aus Sicht der Anwaltschaft auch in Niedersachsen Nachbesserungen im Gesetzentwurf erforderlich. "Die Auskunfts- und Unterrichtungspflicht der Behörden gegenüber dem Betroffenen einer verdeckten Datenerhebung müssen an die Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte angepasst werden," fordert Kilger. Nur auf Grund der Unterrichtung des Betroffenen ist es ihm möglich, zumindest nachträglich Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Der DAV weist darauf hin, dass der Sächsische Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 10. Juli 2003 (Aktenzeichen: Vf 43-II-00) entschieden hat, dass auf die Unterrichtung der Betroffenen nicht allein wegen der Gefährdung des weiteren Einsatzes einer verdeckten Ermittlerin oder eines verdeckten Ermittlers verzichtet werden dürfe. Hier habe das Rechtsstaatsprinzip und das Grundrecht auf Datenschutz des Betroffenen eine deutlich höhere Priorität. Diese Grundssätze der Entscheidung seien in dem Niedersächsischen Polizeigesetz nicht berücksichtigt worden und müssten ergänzt werden, führt der Anwaltspräsident aus.
Zum Gesetzentwurf der Rheinland-Pfälzischen Landesregierung zur Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes hat der DAV eine Stellungnahme abgegeben, die im Internet unter
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