Telefonische AU gestoppt - Hausärzte empört / Gesundheitsminister Spahn muss GBA-Beschluss kippen
(Köln) - Mit einem Schnellschuss hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) am Freitag die Ausstellung der telefonischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) gestoppt. "Der GBA gefährdet mit Ignoranz alle bisherigen Erfolge gegen das Coronavirus und hat gegen die Stimmen der Ärzteschaft entschieden", erklärt der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Nordrhein e.V., Dr. Oliver Funken. "Es ist unglaublich, dass mit dem GBA der größte Gegner in der Pandemiebekämpfung in den eigenen Reihen der Gesundheitsversorgung zu finden ist." Mit der vorzeitigen Aufhebung der Ausnahmeregelung zur telefonischen AU werden Deutschlands Wartezimmer ab Montag, 20.04.2020 Einfallsschleuse des Virus in die Regelversorgung von Risikopatienten geöffnet.
Der Hausärzteverband Nordrhein e.V. fordert eine sofortige Rücknahme des GBA-Beschlusses. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn muss sofort eingreifen.
Die telefonische AU war eine befristete Ausnahmeregelung seit dem 20.03.2020, um die Verbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Patienten mit Erkrankungen der oberen Atemwege, die keine schwere Symptomatik vorweisen, konnten auch nach telefonischer ärztlicher Anamnese eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten. Am Freitag hat der Gemeinsame Bundesausschuss jedoch überraschend entschieden, dass ab Montag keine AU mehr ausgestellt werden darf.
"Das Missbrauchspotential der Telefon-AU ist gering," so Dr. Funken. "Wir kennen viele unserer Patienten seit Langem und versorgen sie medizinisch kontinuierlich." In der telefonischen Beratung wird in einer einheitlichen Anamnese der Schweregrad der Erkrankungen abgeklärt. Bei einem Verdacht auf eine schwere Erkrankung werden Patienten in die Praxis einbestellt oder ein Hausbesuch vereinbart. "Die Ärztinnen und Ärzte im Hausärzteverband haben eine einheitliche Vorgehensweise", erklärt Dr. Funken. "Die Beratung per Telefon und auch per Video wird von den Patienten sehr gut angenommen und wird durch das Gesundheitsministerium stark unterstützt."
Die Begründung des GBA für die Entscheidung gegen die Telefon-AU klingt in den Ohren von Hausärztinnen und Hausärzten wie Hohn. In allen Lebensbereichen und vor allem auch in Arztpraxen müssen auch in den nächsten zwei Wochen strengste Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden. "Der GBA geht deshalb davon aus, dass es zu keiner Erhöhung des Infektionsrisikos für Patientinnen und Patienten oder Ärztinnen und Ärzte kommt", erläutert Dr. Funken.
Der Mangel an Schutzausrüstung etc, ist weiterhin hoch. Die Mehrheit der Covid19-Patienten wird ambulant vornehmlich durch Hausärztinnen und Hausärzte versorgt. "Bei jedem Atemwegsinfekt jetzt aus Vorsorge Schutzmaterial zu verbrauchen, das nicht in ausreichender Menge vorhanden ist, ist unverantwortlich", so Dr. Funken. "Der GBA als höchstes Gremium der Selbstverwaltung ist von seinem Primat abgerückt, dass der Gesundheitsschutz der Bevölkerung oberstes Handlungsprinzip ist." Die Entscheidung des GBA ist ein Affront gegen das Engagement aller Hausärztinnen und Hausärzte. "Wider besseren Wissen haben sich die Verantwortlichen den Stimmen der ahnungslosen Lobbyisten aus der Gesundheitswirtschaft gebeugt."
Der Hausärzteverband Nordrhein e.V. lehnt diesen unverantwortlichen Schnellschuss und die daraus resultierende Gefährdung der Patienten, des Praxispersonales und der Ärzteschaft ab: Wo es immer noch nicht gelungen ist, die Praxen mit ausreichendem Schutzmaterial auszustatten, ist eine derartige Anordnung eine inakzeptable Gefährdung der Gesundheit und geeignet, alle Mühen der letzten Wochen ins Absurde zu wenden.
Quelle und Kontaktadresse:
Hausärzteverband Nordrhein e.V.
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