"T-City setzt ein Signal für die Modernisierung der Kommunen"
(Berlin) - Am 24. und 25. Juni 2010 fand im Dornier Museum und im Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen der 2. Netzwerktag statt. Im Fokus der Gemeinschaftsveranstaltung von T-City und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund stand dieses Mal die T-City selbst. Vor Ort konnten sich über 40 Oberbürgermeister, Bürgermeister und Kommunalvertreter ein Bild von den verschiedenen Projekten machen. Die Redaktion der T-City Homepage sprach dazu mit Franz-Reinhard Habbel, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB).
Herr Habbel, der Netzwerktag fand dieses Jahr bereits zum zweiten Mal statt. Können Sie noch einmal kurz beschreiben, worum es bei dieser Veranstaltung geht?
Habbel: Die Idee zum Netzwerktag kam uns nach Abschluss des T-City-Wettbewerbs, den wir ja schon von Anfang an unterstützen. Insgesamt hatten sich damals 52 Städte beworben, und allein das hat ein gigantisches Engagement ausgelöst. In vielen Städten entstand eine breite Bürgerdiskussion über die Ziele und die Entwicklung einer Stadt im 21. Jahrhundert. Die Bürger wurden aufgefordert, selbst Vorschläge zu machen, wie sich Informations- und Kommunikationstechnologie in verschiedenen Bereichen sinnvoll einsetzen lässt. Alle 52 Teilnehmer-Städte haben schließlich detaillierte Konzepte dazu vorgelegt, wie sie sich in Zukunft aufstellen wollen, zum Teil sogar mit wissenschaftlicher Unterstützung von Organisationen, Instituten und Unternehmerverbänden. Das allein war schon ein so tolles Ergebnis und hat so viele Kräfte freigesetzt, dass wir uns dachten, es wäre doch schade, wenn wir uns jetzt nur auf den Gewinner konzentrieren würden. Also haben wir den Netzwerktag ins Leben gerufen, zu dem sich alle 52 Teilnehmer regelmäßig treffen, um ihre Erfahrungen und Projektideen auszutauschen. Darüber hinaus haben wir dieses Jahr auch Vertreter weiterer Städte und Gemeinden eingeladen.
Was war das Besondere an der diesjährigen Veranstaltung?
Habbel: In der vergangenen Woche konnten sich die Besucher selbst ein Bild davon machen, wie sich die T-City Friedrichshafen in den letzten Jahren entwickelt hat und welche Projekte dort konkret umgesetzt wurden. Wir hoffen daher sehr, dass von dieser Veranstaltung in der T-City eine Strahlwirkung an andere deutsche Städte ausgeht und dass die Besucher des Netzwerktages mit vielen neuen Ideen nach Hause fahren. Schön wäre es, wenn sich daraus auch bilaterale Gespräche oder Informationsverbindungen ergeben würden. Denn meiner Meinung nach ist das ein Kardinalproblem der Deutschen, dass sie im Grunde genommen unheimlich gute Dinge tun, aber zu wenig darüber reden. Dabei haben wir heutzutage vor allem durch das Internet sehr viele Möglichkeiten der Präsentation und Vermittlung von Wissen, zum Beispiel durch den Aufbau von Communities. Diese Instrumente sollten wir deutlich mehr nutzen, denn so ließen sich auch Doppelerfindungen und -aktivitäten vermeiden.
Wie war die Resonanz auf den Netzwerktag?
Habbel: Ich bin sehr zufrieden. Über 40 Städtevertreter sind unserer Einladung gefolgt, darunter über 30 Bürger- und Oberbürgermeister. Darüber freuen wir uns besonders. Denn wenn eine Stadt sich neu aufstellen oder neue Dienste etablieren möchte, funktioniert das nur, wenn Sie die Verwaltungsspitze, sprich den Bürgermeister, mit im Boot haben und dieser das Ganze auch antreibt. Natürlich müssen wir diese politischen Entscheidungsträger ganz anders ansprechen als zum Beispiel einen IT-Verantwortlichen. Dazu müssen wir die fachspezifische Welt der Bits und Bytes verlassen und den Nutzen für Bürger und Verwaltung in den Vordergrund stellen. Ich denke, das ist uns in den letzten beiden Tagen sehr gut gelungen.
Welche kommunalen Themen stehen für Sie aktuell im Vordergrund?
Habbel: Ein wesentliches Thema ist Gesundheit und hier vor allem Telemedizin. Dienste, wie die Mobile Visite in der T-City sind meiner Meinung nach elementar und werden in den kommenden Jahren vor allem im ländlichen Raum eine immer größere Rolle spielen. Ebenfalls im Fokus der Kommunen steht das Thema Bildung. Denn wir werden die so genannte "Bildungsrepublik" nur erreichen, wenn wir auch auf kommunaler Ebene in neue Entwicklungen und Projekte investieren. Ziel muss eine vernetzte Bildungslandschaft sein, die die unterschiedlichen Bildungsorte- und Bereiche, die wir heute in einer Kommune haben, miteinander in Verbindung bringen. Die Basis dafür bilden auch hier moderne IT- und Kommunikationstechnologien und vor allem das schnelle Internet. Die dritte große Herausforderung, vor der die Kommunen stehen, ist das Thema Energie. Hier gilt es, uns zu erneuerbaren, dezentralen Energiequellen aufzumachen, um die Abhängigkeiten von fossilen Brennstoffen zu verringern. Das geht bis hin zu dem Ziel, in den nächsten Jahren weitgehend emissionsfreie Städte in Deutschland zu etablieren. Dazu bedarf es der Verbindung von Informations- und Energienetzen, so genannten Smart Grids, mit denen sich Energieangebot und -nachfrage optimal aufeinander abstimmen lassen. In diesem Zusammenhang müssen wir uns auch Gedanken machen über Themen wie Elektromobilität oder intelligente Haushaltssteuerung, wie es uns T-City im Projekt Home Network 2.0 bereits vormacht.
Im Moment haben die Kommunen kein Geld. Ist das nicht der falsche Zeitpunkt, um solche Projekte anzugehen?
Habbel: Das ist richtig, wir haben im Moment eine dramatische Finanzkrise. Trotzdem sagen wir, dass gerade jetzt der Zeitpunkt für eine Grundmodernisierung der Kommunen gekommen ist. Natürlich verstehen wir die Problematik in den Städten und Gemeinden, dass kaum Geld da ist. Aber auf der anderen Seite sind wir der Meinung, dass man aus der Krise anders herausgehen gehen muss als man reingegangen ist. Moderne Technologien kosten ja nicht nur Geld, sondern ermöglichen es, Prozesse anders ablaufen zu lassen, sie effizienter zu machen und so die Verwaltung zu entbürokratisieren und Kosten zu sparen. Meine Vision ist außerdem, dass gerade durch die Krise der Wunsch der Kommunen nach mehr Kooperation stärker wird. Man wird erkennen, dass es effizienter ist, sich bei Administrationstätigkeiten, wie dem Abrechnen der Gehälter oder bei der Beschaffung zusammenzutun. Denn die Kommunen sparen auf diese Weise Geld, ohne dass ihre Leistungen sich verschlechtern. Geld, das sie wiederum an anderer Stelle, zum Beispiel in den Ausbau der Kinderbetreuung, investieren können. Wir sind ganz einfach an einer solchen Grenze angelangt mit unserer Finanzsituation, dass wir gar keine Wahl haben. Es reicht nicht, immer nur zu sparen. Wir müssen kreativ sein, müssen eingefahrene Prozesse mit Unterstützung der IT verändern. Natürlich kann es sein, dass sich dadurch Dellen ergeben, die sicherlich auch eine Zeitlang andauern und sehr kritisch sind. Aber nur durch Veränderung, durch die Reorganisation der Prozesse haben die Kommunen eine Chance, allein durch Abwarten passiert gar nichts.
Warum ist in diesem Zusammenhang das Projekt T-City besonders wichtig für den DStGB?
Habbel: T-City setzt ein Signal für die gerade beschriebene Modernisierung der Kommunen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Reformdebatten in Deutschland von unten, also von den Städten und Gemeinden, ausgelöst werden. Was die Aufgaben betrifft, stehen wir vor einem Jahrhundert der Kommunen. Sehr viele Herausforderungen, wie Klimaschutz, Energieversorgung oder das Thema Elektromobilität verlangen ein strategisches Vorgehen auf kommunaler Ebene. Und die T-City Friedrichshafen setzt ganz einfach ein Signal, auch für viele Städte außerhalb Deutschlands. Denn hier geht es nicht um theoretische Konzepte, sondern man kann sich live ansehen, wie die Technik den gesellschaftlichen Wandel unterstützen kann und eine Stadt damit auch attraktiver macht. Das ist vor allem in anbetracht der demografischen Entwicklung ein entscheidender Aspekt: Deutschlands Einwohnerzahlen schrumpfen, und die Städte sind gefordert, ihren Standort attraktiver zu machen, um Menschen und Arbeitskräfte anzulocken. Denn gerade junge Leute werden dahin gehen, wo die Lebensqualität hoch ist und wo die technische Infrastruktur für ein modernes Arbeiten vorhanden ist. Ich bin sicher, dass daher von Friedrichshafen als Stadt der Erneuerung mittelfristig und langfristig ein Signal für andere Kommunen ausgehen wird.
Was erwarten Sie von der 2. Hälfte T-City?
Habbel: Neben den genannten Themen Energieversorgung, Bildung und Gesundheit erwarte sich, dass die T-City die so genannte "iPhonisierung" für sich nutzt, um eine engere Verbindung zu den "Häflern" herzustellen. Ziel muss es sein, den Bürger zum Mitgestalter und Mitakteur in der Stadt zu machen - sei es, dass er Schlaglöcher fotografiert und der Verwaltung via Internet meldet, dass er Web-Communities zu bestimmten Stadt-Themen gründet oder selbst neue Lösungen entwickelt und vorantreibt. Denn ich bin sicher, dass dieser zivilgesellschaftliche Teil in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen wird, einfach weil dort enorme Kreativitätspotenziale stecken, die für die Entwicklung einer Stadt wichtig sind und genutzt werden sollten. Was das angeht, könnte die T-City aufgrund ihrer High-Tech-Infrastruktur eine Vorreiterrolle einnehmen.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB)
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