T&E veröffentlicht Studie zum CO2-Ausstoß europäischer Neuwagen in 2010 / VCD: Deutschland hinkt im EU-weiten Vergleich hinterher / Kostenargument widerlegt: Autos sind trotz CO2-Minderungstechnik billiger
(Berlin) - Der CO2-Ausstoß von verkauften Neuwagen in der EU ist im letzten Jahr um 3,7 Prozent auf durchschnittlich 140 Gramm pro Kilometer gesunken, so das Ergebnis der neuesten Analyse von Transport & Environment (T&E) zum CO2-Ausstoß von Neuwagen in der EU. Der ökologische Verkehrsclub VCD weist darauf hin, dass dies exakt der Wert ist, den die Autoindustrie im Rahmen einer Selbstverpflichtung bereits für das Jahr 2008 versprochen hatte. Dies wiederum um verbindliche Emissionsgrenzen zu verhindern.
Monika Ganseforth, stellvertretende VCD-Bundesvorsitzende: "Nun zeigt sich deutlich, dass die Autoindustrie auf Zeit gespielt hat. Erst wurde ein verbindlicher Grenzwert für den CO2-Ausstoß über Jahre verschleppt und dann, dank intensiver Lobbyarbeit ein schwacher Grenzwert durchgesetzt. Bleibt es beim Reduktionstempo der letzten Jahre, könnte der für die Gesamtflotte ab 2015 geltende CO2-Grenzwert von 130 Gramm pro Kilometer schon Ende 2012 erreicht werden."
Die Analyse auf Länder- und Herstellerebene zeigt, dass Deutschland - abgesehen von der Slowakei, deren Emissionen leicht stiegen - mit 1,8 Prozent den geringsten Fortschritt bei der Verringerung des CO2-Ausstoßes innerhalb der EU aufweist. Auch beim absoluten Ausstoß liegt Deutschland insgesamt mit 151 Gramm auf Platz 23 von 27 EU-Ländern. Volkswagen hat mit einem Minus von 6,2 Prozent zwar die durchschnittlichen CO2-Emissionen seiner verkauften Neuwagen deutlich senken können, allerdings liegt der Konzern mit 143 Gramm pro Kilometer beim absoluten CO2-Ausstoß nur im Mittelfeld. BMW und Daimler haben nur unterdurchschnittlich die CO2-Emissionen gesenkt und liegen mit 148 bzw. 161 g/km beim Herstellerranking am hinteren Ende. Daimler belegt schon wie in den Vorjahren den letzten Platz.
Michael Müller-Görnert, VCD-Referent für Verkehrspolitik: "Während Länder wie Dänemark, Frankreich und Schweden Anreize zum Kauf sparsamer Fahrzeuge mit geringem CO2-Austoß setzen, herrscht Schweigen in Deutschland. Das Gegenteil ist sogar der Fall: mit dem Dienstwagenprivileg, einer CO2-orientierten Kfz-Steuer ohne Lenkungswirkung und künftig einem CO2-Label, das insbesondere Spritfressern aus deutscher Produktion ein grünes Mäntelchen umhängt, kurbelt die deutsche Politik nach wie vor den Absatz großer, schwerer Autos mit hohem Verbrauch an." Dabei produzieren deutsche Hersteller in vielen Segmenten durchaus sparsame Modelle, nur werden sie seltener gekauft.
Der VCD fordert von der deutschen Politik, endlich die Dienstwagensteuer nach dem Vorbild Großbritanniens ökologisch umzugestalten, die Kfz-Steuer stärker nach CO2 zu spreizen und ein CO2-Label einzuführen, das wirklich der Verbraucherinformation und dem Klimaschutz dient. "Wichtigstes Ziel bleibt aber nach wie vor, den Verbrauch von Autos zu reduzieren. Angesichts des laschen Grenzwerts für 2015 benötigen wir für das Jahr 2020 einen Wert von mindestens 80 und ab 2025 von 60 Gramm pro Kilometer. Das senkt den Verbrauch nachhaltig und schafft Planungssicherheit für die Autoindustrie", resümiert Müller-Görnert.
Eine gesonderte Prüfung zum Zusammenhang zwischen Verbrauchsminderung und Kostenentwicklung in der T&E-Studie zeigt, dass Neuwagen in der EU trotz Spritspartechnologien in den letzten Jahren im Schnitt um 2,4 Prozent günstiger wurden.
Für Deutschland hat das Statistische Bundesamt festgestellt, dass sich die Anschaffungskosten für ein Auto im Zeitraum August 2009 bis August 2011 lediglich um 0,5 Prozent erhöht haben. Studien im Auftrag der EU hingegen hatten zuvor erhebliche Kostensteigerungen prognostiziert, die mit einer Verringerung des durchschnittlichen CO2-Ausstoßes auf 140 g/km verbunden seien. Nach jüngster Kostenschätzung aus dem Jahr 2006, die auf Herstellerangaben beruht, sollten sich Autos aufgrund teurer Spritspartechnologien im Vergleich zum Basisjahr 2002 um durchschnittlich 1.200 Euro verteuern.
Michael Müller-Görnert: "Was hat die Autoindustrie bei der Diskussion um die Einführung von CO2-Grenzwerten gejammert. Die Vorgaben seien zu hoch und nur mit hohem Aufwand zu entsprechenden Kosten machbar. Jetzt erreichen Sie das Ziel mühelos und die Preise für neue Autos sind in den letzten Jahren gesunken statt gestiegen. Die Kostenanalysen zeigen zweierlei. Erstens: die von den Autoherstellern geschürte Angst, durch ambitionierte Verbrauchsvorgaben könnten sich viele Verbraucher kein Auto mehr leisten, ist völlig unbegründet. Vielmehr sind die rasant steigenden Kraftstoffpreise Ursache dafür, dass Autofahren insgesamt teurer geworden ist. Allein seit 2009 sind Benzin und Diesel in Deutschland um 18 bzw. 27 Prozent teurer geworden. Dies zeigt, warum es so wichtig ist, den Verbrauch und damit die Kostenbelastungen für Autofahrer zu senken. Zweitens: die Autoindustrie hat mit ihrem Kostenargument maßlos überzogen, denn die Kostenschätzungen sind sichtbar übertrieben", sagte Müller-Görnert. Künftige Kostenschätzungen sollten mit äußerster Skepsis betrachtet werden.
Die vollständige T&E-Studie "How clean are Europe's cars? An analysis of carmaker progress towards EU CO2 targets in 2010" kann auf der Internetseite des europäischen Dachverbandes von Nichtregierungsorganisationen aus dem Bereich Verkehr und Umwelt, dem auch der VCD angehört, heruntergeladen werden. Link: www.transportenvironment.org/publications/prep_hand_out/lid/653
Tabellen über das Abschneiden der Hersteller beim CO2-Ausstoß von Neuwagen, über deren Abstand zum bis 2015 zu erreichenden herstellerspezifischen Grenzwert sowie die Rangliste der EU-Länder, gibt es als pdf zum Download unter http://www.vcd.org/co2grenzwert.html.
Quelle und Kontaktadresse:
Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), Bundesverband
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