Studierende mit Behinderungen bei Hochschulreformen einbeziehen
(Berlin) - Es wird höchste Zeit, dass Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten stärker bei den aktuellen Reformplänen im Hochschulbereich berücksichtigt werden. Dies forderte der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW), Achim Meyer auf der Heyde, zum heutigen (23. September) Abschluss der dreitägigen DSW-Tagung Keine Grenzen für ein Studium mit Behinderung und chronischen Krankheiten in Frankfurt am Main.
Es seien nicht nur die sichtbaren baulichen Barrieren in den Hochschulen, die Studierenden mit Behinderung das Studium erschwerten: Vielmehr müssen auch die Reformansätze im Hochschulbereich nachgebessert werden. Durch das neu eingeführte Auswahlrecht der Hochschulen dürfen die Chancen für Studierende mit Behinderung auf einen Studienplatz nicht sinken, warnte Meyer auf der Heyde. Um möglichen Diskriminierungen vorzubeugen, sollte daher unter anderem verbindlich geregelt werden, dass bei den Auswahlgesprächen ein Behindertenbeauftragter anwesend sei. Darüber hinaus seien die Auswahlverfahren so zu gestalten, dass sie die spezifischen Ausgangslagen Studierender mit Behinderung berücksichtigen. Zum Beispiel dürfen - bei gleichen Leistungen - durch die Behinderung nicht realisierbare Zusatzkriterien keinen Ausschlussgrund darstellen.
Deutlich wird dies bei der sukzessiven Einführung des zweistufigen Studiensystems durch Bachelor- und Master-Studiengänge. Denn die Anwendungspraxis hat bislang gezeigt, dass in diesem Auswahlverfahren Studierende bevorzugt behandelt werden, die eine berufliche Erstausbildung vorweisen können und Praktika oder Auslandsaufenthalte absolviert haben. Dies ist für Studierende mit Behinderungen nicht im gleichen Maße möglich, da sie mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung die Finanzierung ihres behinderungsbedingten Mehrbedarfs gefährden. Außerdem können sie freiwillige Praktika und Auslandsaufenthalte nicht finanzieren. Wenn sich diese Zugangskriterien endgültig durchsetzen, ist vorprogrammiert, dass Studierende, die aufgrund einer Behinderung weniger mobil sind, auf der Strecke bleiben werden, kritisierte Meyer auf der Heyde.
Auch reiche die bislang geltende Quote im Rahmen der derzeit bestehenden Härtefallregelungen der ZVS für einzelne Studiengänge zur Aufnahme von Studierenden mit Behinderung schon jetzt nicht aus. Studierenden mit Behinderung müssten vielmehr dieselben Chancen wie ihren nichtbehinderten Kommilitonen auf einen Studienplatz und damit auf einen qualifizierten Abschluss eingeräumt werden, erklärte Meyer auf der Heyde.
Ebenso stellt die Informationsbeschaffung und der Informationsaustausch über das Internet für viele behinderte Studierende eine große Hürde dar. Studierende mit Sinnesbehinderungen, insbesondere Sehbehinderte und Blinde, können einen Großteil der Angebote nicht oder nur eingeschränkt nutzen. Um einen barrierefreien Zugang zu gewährleisten, hat das DSW nun auch seine Internetseiten nach den Ansprüchen der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (BITV) überarbeitet. Diese werden ab Anfang nächster Woche unter www.studentenwerke.de zugänglich sein.
Etwa 15 Prozent aller Studierenden in Deutschland sind behindert oder leiden an einer chronischen Krankheit, wie aus der 16. Sozialerhebung des DSW hervorgeht. 41 der 61 Studentenwerke bieten in ihren Einrichtungen Beratung für Studierende mit Behinderung und/oder chronischen Krankheiten an, entweder im Rahmen der Allgemeinen Sozialberatung oder in speziellen Beratungsstellen.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Studentenwerk e.V.
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