Studie: Langfristig höhere Strompreise zu erwarten - Kosten bleiben 2023 hoch
(München) - Die Großhandelsstrompreise werden mittel- bis langfristig nicht mehr auf das Niveau vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019 sinken. Das zeigt eine Studie der Prognos AG im Auftrag der vbw - Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. "Die Strompreise sind eng an die weitere Entwicklung der Gaspreise geknüpft. Sollten die russischen Erdgaslieferungen dauerhaft ausbleiben, könnte 2023 eine Megawattstunde Strom im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Euro im Großhandel kosten. Zum Vergleich: 2019 lag der durchschnittliche Strompreis bei rund 38 Euro. Der angespannte Gasmarkt führt bis mindestens 2027 zu deutlich höheren Kosten für Strom", so vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
In der vbw Strompreisprognose wurde anhand von drei Szenarien bezüglich der russischen Erdgasimporte - dauerhafter Lieferstopp, sukzessive Reduzierung sowie Rückkehr zum Vorkrisenniveau - die Entwicklung des Großhandelsstrompreises bis ins Jahr 2040 errechnet. Zudem wurden Annahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien und anderer Energieträger sowie zur Entwicklung des CO2-Preises getroffen. "Schon im mittleren Szenario, also bei einer sukzessiven Gasreduzierung, zeichnet sich für 2023 mit 189 Euro pro MWh im Jahresdurchschnitt ein weiteres Jahr mit ähnlich teurem Strom wie 2022 ab."
Nach 2027 sollten sich die Strompreise laut Studie wieder stabilisieren. Trotzdem verharren sie dauerhaft auf einem höheren Niveau. "Deswegen ist es überfällig, die Strompreise zu entschlacken. Ein Absenken der Stromsteuer auf das europarechtliche Minimum gehört zu den wichtigsten Maßnahmen. Zudem braucht es einen europäischen Industriestrompreis. Strom ist für deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich einfach zu teuer. Chancengleichheit im Wettbewerb ist die Basis für eine starke heimische Wirtschaft", so Brossardt.
Brossardt weiter: "Die hohen Strompreise sind enorme zusätzliche Belastungen für die Unternehmen. Hier muss dringend gegengesteuert werden. Wir schlagen vor, dass die Grenzkosten von Gaskraftwerken in der Merit-Order übergangsweise nicht mehr preisbestimmend berücksichtigt werden sollen. Den Preis gibt dann die zweitteuerste Erzeugungsvariante vor. So ein Vorgehen muss auf EU-Ebene abgestimmt werden. Weiter müssen wir dafür sorgen, dass die günstige Erzeugung aus erneuerbaren Energien auf den Strompreis durchschlägt. Zudem ist die Gasumlage allein daran geknüpft, dass ausfallende Gaslieferungen aus Russland bei Importeuren zu Verlusten führen. Es verletzt das Gerechtigkeitsempfinden, wenn Gaskunden auch hochprofitablen Importeuren helfen. Wir brauchen eine Neuausrichtung in einem Gasbeschaffungskredit. Nach unserem Konzept müssen Unternehmen darlegen, dass sie die durch das ausfallende Russlandgeschäft eingetretenen Verluste nicht selbst tragen können. Die Übernahme von 90 Prozent der Verluste erfolgt dann als staatlich garantiertes Darlehen, das nach Verbesserung der Unternehmenslage zurückzuzahlen ist."
Aus Sicht der vbw zeigt die Strompreisprognose klar, welche Maßnahmen mittel- und langfristig die Stromkosten wieder senken. "Je schneller wir die erneuerbaren Energien ausbauen, desto stärker können wir die Strompreise dämpfen. Deshalb braucht es jetzt deutlich mehr Tempo beim Ausbau. Im Gleichschritt muss auch das Stromnetz aus- und umgebaut werden. Die Verstromung fossiler Energieträger treibt die Preise hingegen in die Höhe. Ab den 2030er Jahren wird zudem die Verstromung von Wasserstoff immer relevanter. Damit Reservekraftwerke mit gesicherter Leistung die Strompreise nicht wieder steigen lassen, braucht es zusätzliche Finanzierungsinstrumente, wie beispielsweise Differenzverträge", fordert Brossardt abschließend.
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