Studie fordert verbesserten Insolvenzschutz / Arbeitszeitguthaben gehen bei Firmenpleiten verloren
(Düsseldorf) - Bei Firmenpleiten gehen Arbeitszeitguthaben von Beschäftigten verloren. Eine Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung macht erhebliche Schutzlücken für Arbeitnehmer im Insolvenzrecht aus.
Mit der zunehmenden Flexibilisierung der Arbeitszeit nutzen immer mehr Betriebe Arbeitszeitkonten. Dabei können die Beschäftigten teilweise über mehrere Jahre Zeit- oder Entgeltguthaben "ansparen". Dies gilt insbesondere für die Altersteilzeit, bei der in einer bis zu fünfjährigen Arbeitsphase Guthaben angespart werden, die während der anschließenden, ebenso langen Freistellungsphase wieder abzubauen sind. Der Schutz dieser Guthaben bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ist bislang nur unzureichend verwirklicht.
Allein bei der Insolvenz der Babcock-Borsig AG haben mehr als 150 Beschäftigte Zeitguthaben im Gegenwert von teilweise über 100.000 Euro verloren. Angesichts von fast 40.000 Unternehmensinsolvenzen jährlich erweist sich der bislang nicht ausreichende Insolvenzschutz dieser sogenannten "Wertguthaben" als erhebliches Hindernis für die wirtschafts- und sozialpolitisch erwünschte Fortentwicklung flexibler Arbeitszeitmodelle.
Der Forschungsbericht von Professor Peter Hanau von der Universität Köln, und Professor Christian Rolfs aus Bielefeld, zeigt die erheblichen Schutzlücken des derzeitigen Rechts für Arbeitnehmer. Auch Geschäftsführern und Personalleitern drohen Risiken: Sie können persönlich haften, wenn sie nicht für einen ausreichenden Insolvenzschutz vorgesorgt haben.
Professor Hanau empfiehlt, den Schutz von Arbeitszeit- und Arbeitsentgeltguthaben in Anlehnung an den Insolvenzschutz der betrieblichen Altersversorgung auszubauen. Anders als dort sollte die Sicherung aber nicht bei einem einzigen Träger konzentriert werden. Besser: Das Bundesamt für Finanzdienstleistungen oder die Tarifvertragsparteien versehen geeignete Sicherungswege mit einem Prüfsiegel. Die Arbeitgeber hätten dann die Wahl, welcher der so zertifizierten Anbieter den jeweiligen Bedürfnissen des Unternehmens am besten entspricht. Die Träger der Insolvenzsicherung müssen die Betriebsräte und Arbeitnehmer unverzüglich informieren, wenn der Arbeitgeber mit seinen Prämien in Zahlungsverzug gerät.
Die Auswirkungen eines verbesserten Wertguthaben-Schutzes auf die Kranken- und Rentenversicherung erläutert Professor Rolfs. Er fordert, Arbeitgeber, die ihre Sicherungspflicht ordnungsgemäß erfüllen mit einem teilweisen Aufschub der Beitragspflicht zu belohnen. Der dauerhafte Schutz der Beschäftigten müsse in allen Zweigen der Sozialversicherung aber auch dann gewährleistet sein, wenn die Arbeitgeber ihre Pflichten verletzen.
Quelle und Kontaktadresse:
Hans-Böckler-Stiftung
Bertha-von-Suttner-Platz 1, 40227 Düsseldorf
Telefon: 0211/77780, Telefax: 0211/7778120
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