Strukturwandel in der Bauwirtschaft erfordert funktionsfähigen Ordnungsrahmen
(Hannover) - Unter dem Titel Strukturwandel hat der Verband der Bauindustrie für Niedersachsen sein Jahrbuch 2002 vorgestellt, das den am Baugeschehen Beteiligten in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung als Themenbuch nicht nur die derzeitige Situation der Bauwirtschaft, sondern auch Perspektiven zukünftiger Entwicklungen aufzeigen soll.
In der einleitenden Positionsbestimmung weist die Niedersächsische Bauindustrie darauf hin, dass die Bauwirtschaft als Wirtschaftszweig von nach wie vor außerordentlicher volkswirtschaftlicher Bedeutung auch im Jahr 2002 im Schatten einer konjunkturellen Dauerkrise steht. Neben dem Rückgang im Wohnungs- und im Wirtschaftsbau habe es vor allem im öffentlichen Hoch- und Tiefbau deutliche Einbrüche gegeben. Insbesondere die Kommunen hätten ihre Investitionsbudgets wegen sinkender Steuereinnahmen und gekürzter Investitionszuschüsse weiter eingeschränkt. Einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik zum kommunalen Investitionsbedarf für den Zeitraum bis 2009 zufolge müsste aber allein das kommunale Investitionsniveau um 40 bis 50 Prozent über den heutigen Stand steigen, um dem aktuellen Investitionsbedarf von 686 Milliarden Euro nachzukommen.
Wenn der Staat nicht in der Lage sei, öffentliche Investitionen auf den Weg zu bringen, dann müssten andere Wege gefunden werden, damit Deutschland im internationalen Standortwettbewerb den Anschluss nicht verliere. Einen erheblichen Beitrag hierzu könne das Instrument der privaten Finanzierung leisten. Zur Vorteilhaftigkeit privatwirtschaftlicher Modelle gehöre die frühere Realisierung von Infrastrukturprojekten, als dies bei der Inanspruchnahme öffentlicher Haushaltsmittel möglich wäre. Hierdurch würden sich nicht nur die Bedingungen des jeweiligen Wirtschaftsstandortes verbessern, vielmehr seien auch positive Beschäftigungswirkungen zu erwarten, die zu Steuermehreinnahmen des Staates und zu einer verbesserten Haushaltslage der Sozialversicherungsträger führten. Des Weiteren führten das Know-how und die Marktübersicht von Privatunternehmen, aber auch die bei privatwirtschaftlichen Lösungen mögliche Zusammenfassung der Teilbereiche Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb in der Regel zu erheblichen Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen. Nicht zuletzt würden durch Investitionen auf privatwirtschaftlicher Basis zusätzliche private Investitionen angestoßen.
Des Weiteren betont die Niedersächsische Bauindustrie, dass sich die Wettbewerbssituation auf dem deutschen und damit auch auf dem niedersächsischen Baumarkt seit Beginn der 90er Jahre drastisch verändert habe. Gekennzeichnet sei die Entwicklung vor allem durch einen vermehrten Einsatz von Subunternehmen, und zwar häufig von nicht-deutschen Betrieben. Vor allem im Hinblick auf die bevorstehende EU-Osterweiterung müssten kurzfristig Regelungen geschaffen werden, um dem aus den Lohnkostenvorteilen ausländischer Subunternehmer resultierenden Verdrängungswettbewerb entgegen zu treten. Man könne sich in Deutschland keinen ungeordneten Baumarkt mehr leisten, wenn der deutsche Bau-, vor allem auch der deutsche Bauarbeitsmarkt Zukunft haben sollten.
Der Verband sieht u. a. in der Allgemeinverbindlicherklärung der einschlägigen Lohn- und Tarifverträge im Baubereich und die damit verbundene Herausnahme des Lohnfaktors aus dem Wettbewerb sowie in der Einführung eines nationalen Qualifizierungssystems Möglichkeiten zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen auf dem deutschen Baumarkt. Andere Staaten Europas hätten diesen Weg bereits vor Jahren beschritten und sollten deshalb richtungsweisend sein. Darüber hinaus gelte es, bereits bestehende wirksame Regelungen effektiv anzuwenden. So sei die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) mit ihren Regelungen Garant für einen fairen Wettbewerb und ein äußerst wirkungsvolles Instrument zur Bekämpfung von Korruption und wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen.
Nach Ansicht der Niedersächsischen Bauindustrie wird es in den nächsten Jahren zu weiteren Strukturveränderungen kommen. Angesichts des Verlaufs der Baukonjunktur und des Strukturwandels seien die Unternehmen auf einen klaren und funktionsfähigen staatlichen Ordnungsrahmen angewiesen. Wenn die notwendigen Reformen mutig angegangen würden und der unausweichliche Strukturwandel aktiv begleitet würde, könnten sich Bauinvestitionen in Deutschland für potenzielle Investoren wieder lohnen. Von diesen Investitionen würden dann alle Bereiche in Wirtschaft und Gesellschaft profitieren; auch die Bauwirtschaft, die sich in den letzten Jahren von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt habe.
Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Bauindustrie für Niedersachsen e.V.
Eichstr. 19
30161 Hannover
Telefon: 0511/348340
Telefax: 0511/3480711