Strukturpolitik zwischen Wachstum und Ausgleich
(Gelsenkirchen) - Mit der Neuausrichtung der europäischen Strukturpolitik nach 2006 wird sich für die Bundesländer die Frage nach einer Neujustierung von Wachstum und Ausgleich stellen. Dabei geht es weniger um die Frage nach den vermutlich geringeren finanziellen Mitteln, sondern um die Frage nach einer effektiven strategischen Ausrichtung. Sollen die strukturpolitischen Mittel wie bisher oder womöglich noch stärker auf die strukturschwachen Regionen konzentriert werden, oder soll sich die Strukturpolitik an international herausragenden Wachstumsfeldern unabhängig von regionalen Grenzen ausrichten?
Mit dieser Frage befasst sich der jetzt online erschienene Report 2005-06 des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen), der die Perspektiven des Clusteransatzes untersucht. Die Orientierung an Clustern regionalen Wachstums- und Innovationskernen kann einen Schwerpunkt im Rahmen einer derartigen Neuausrichtung bilden, eignet sich aber nicht als flächendeckender Ansatz, meint PD Dr. Dieter Rehfeld, Leiter des Forschungsschwerpunktes Innovative Räume am IAT. Angesichts der anhaltenden Probleme in strukturschwachen Regionen werden ergänzend immer auch ausgleichspolitische Instrumente notwendig sein.
Bisher war die europäische Strukturpolitik konsequent an Problemregionen gebunden. Künftig werden die strukturpolitischen Mittel der EU sich zwar auch weiterhin an den strukturschwachen Regionen orientieren, die regionale Verteilung der Mittel innerhalb der Bundesländer wird aber nicht mehr von der EU-Kommission sondern von den Ländern festgelegt. Vor allem die künftigen Ziele 2 und 3 der europäischen Strukturpolitik werden für die deutschen Förderregionen besonders wichtig: Das künftige Ziel 2 stellt Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in den Mittelpunkt, das geplante Ziel 3 setzt auf grenzüberschreitende und transnationale Kooperation. In beiden Fällen wird die Orientierung an Clustern eine deutlich größere Rolle spielen als bisher.
Clusterpolitik muss in ein umfassendes strukturpolitisches Konzept eingebettet werden, wobei regionale Schwerpunkte und thematische Wachstumsfelder auszubalancieren sind. Um das Potenzial des Clusteransatzes realistisch zu nutzen, bedarf es eines professionellen Clustermanagements in den Regionen, stellt Rehfeld fest.
Wenn die strukturpolitische Strategie allerdings gerade in den Regionen mit den größten wirtschaftlichen Problemen darin besteht, dass man es sich nicht leisten kann, irgendein Wachstumspotenzial auszulassen, dann ist Clusterpolitik fehl am Platz. Dann ist weiter die Gießkanne angebracht, wobei aber offensichtlich ist, dass das zu verteilende Volumen immer geringer wird, so Rehfeld. Wenn es darum geht, trotz immer bleibender Unsicherheit über wirtschaftliche Entwicklungen die knappen Ressourcen strategisch auszurichten, dann ist eine Clusterorientierung, konsequent und professionell umgesetzt, ein sinnvolles Element einer modernen Strukturpolitik.
Quelle und Kontaktadresse:
Institut Arbeit und Technik
Munscheidstr. 14, 45886 Gelsenkirchen
Telefon: 0209/17070, Telefax: 0209/1707110