Strompauschale bei Hartz IV ist eine einzige Mogelpackung
(Bonn) - Schätzungsweise 200.000 Menschen im Hartz IV-Bezug wurde 2011 der Strom gesperrt. Während Sozialverbände von einer jährlichen Unterdeckung von bis zu 150 Euro bei einem Vier-Personenhaushalt ausgehen, hält das Bundessozialministerium die im Hartz IV-Regelsatz enthaltene Pauschale für ausreichend. Es sei jedem Einzelnen überlassen, "wie und wofür er sein Budget ausgibt", so eine Sprecherin gegenüber Report aus Mainz.
Dazu Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland:
"Es ist schon reichlich zynisch, wenn das Bundesministerium für 'Soziales betont, dass es jedem selbst überlassen bleibt, wofür er sein Budget ausgibt. Nach dem Motto: Verzichte aufs Essen oder Bekleidung, dann kannst du deinen Strom bezahlen. Wir bemängeln schon seit 'Einführung von Hartz IV, dass die im Regelsatz enthaltene Strompauschale eine einzige Mogelpackung ist.
Aktuell beträgt die im Regelsatz enthaltene Strompauschale für Alleinstehende monatlich 29,07 Euro. Abgeleitet wurde diese Pauschale aus der Einkommens- und Verbraucherstichprobe aus 2008. Diese betrug damals monatlich 28,12 Euro. Damit konnte man 2008 ein Jahresverbrauch von 1.575 Kilowattstunden finanziert werden. Zum 1. Januar 2012 wurde diese Pauschale aber nur um 3,37 Prozent angepasst. Allerdings lassen sich damit 2012 durchschnittlich nur 1.388 kWh finanzieren. Wäre die tatsächliche Preissteigerung bei Strom zwischen 2008 und Ende 2011 berücksichtigt worden, müsste der Stromanteil mit 32,46 Euro um 4,19 Euro bzw. 15 Prozent höher festgesetzt sein.
Aber auch schon 2008 war es realitätsfremd anzunehmen, dass Haushalte mit Sozialleistungsbezug mit 1.575 Kilowattstunden jährlich auskommen könnten. Weder nutzen Menschen mit Hartz 'IV-Leistungen ihre Wohnung weniger als der Durchschnitt, noch verfügen sie größtenteils nicht über besonders energiesparende Geräte. Ein-Personen-Haushalte verbrauchen durchschnittlich 1.700 kWh jährlich, Zwei-Personen-Haushalte 3.000 kWh und Drei-Personen-Haushalte 3.800 kWh(1).
In den nächsten Jahren werden wegen der Energiewende die Strompreise erheblich ansteigen. Mit dieser Art von Mogelpackungen kann das zu einem weiteren Anstieg der Stromabschaltungen führen. Der Ausschluss von der Stromversorgung ist aber eine erhebliche Beeinträchtigungen der Menschenwürde (Hessisches Landessozialgericht L 7 AS 326/09 B ER, 28.10.2009).
(1) http://www.welt.de/wirtschaft/energie/article13879599/Hunderttausenden-Haushalten-wirdder-Strom-gesperrt.html
Quelle und Kontaktadresse:
Erwerbslosen Forum Deutschland
Martin Behrsing, Sprecher, Presse
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