Strategische Abhängigkeiten machen eine Neubewertung der Lieferketten notwendig
(Berlin) - Die Abhängigkeit der Industrie Deutschlands von einzelnen Weltregionen steigt. Eine Auswertung der Vorleistungsstrukturen ergibt: Die Konzentration bei den Importen aus einzelnen Ländern steigt. In der Gesamtschau ergibt sich zwar keine große Bündelung, bei einzelnen Warengruppen ist diese jedoch hoch. Das ergab eine Auswertung des vfa für die neueste Ausgabe des MacroScope Pharma Economic Policy Briefs anhand des sogenannten Herfindahl-Index', der die Konzentration entsprechend der Länderanteile bei den Importen misst.
Ein Blick auf die Vorleistungen der Industrie ergibt: China hat in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen, die USA bleiben als größte Volkswirtschaft der Welt wichtig und unsere Nachbarländer zählen zu den wichtigsten Handelspartnern. Insbesondere bei den Gebrauchs-, aber auch bei den Investitions- und Vorleistungsgütern spiegeln sich die Anstiege beim Konzentrationsmaß und dem Anteil, den China an den Zulieferungen auf sich vereint, wider.
"Gerade in den Wirtschaftszweigen mit einem Fokus auf Hightech-Produkte kann eine zu große Abhängigkeit von einzelnen Zuliefererländern problematisch werden, wenn die Exporteure eher im politischen Dissens zu Deutschland stehen", sagt vfa-Chefvolkswirt Dr. Claus Michelsen. "Durch lokale Ereignisse oder strategisch gewollt kann eine solche Abhängigkeit negative Folgen haben. Eine Lieferkette könnte zumindest vorübergehend unterbrochen sein."
Die Analyse zeigt, dass Konzentrationen in den Zuliefererstrukturen der deutschen Industrie durchaus markant sind. Dies trifft aber nicht für das verarbeitende Gewerbe in Gänze zu, sondern zeigt sich insbesondere dort, wo entweder Rohstoffvorkommen oder bestimmte technologische und Fertigungskompetenzen konzentriert sind. Bei den pharmazeutischen Vorprodukten ergibt sich ein differenziertes Bild: China ist ein wichtiger Hersteller von Grundstoffen, die in der Produktion benötigt werden. Andere bedeutende Zulieferer haben ihren Sitz in der Schweiz. Hochwertige und entsprechend hochpreisige Produkte kommen eher aus den Nachbarländern nach Deutschland, günstige Vorprodukte, die aber mengenmäßig bedeutsam sind, stammen vor allem aus China.
Neubewertung notwendig
"Die geopolitische Veränderung macht eine Neubewertung der Risikostrukturen notwendig. Richtig ist, Abhängigkeiten in den unterschiedlichen Facetten zu prüfen. Dies gilt für Warenlieferungen, Vorleistungsbezüge, eigene Exporttätigkeit und in besonderem Maße auch für technologische Souveränitätsfragen", so Michelsen. "Politik und Wirtschaft sind gefordert, unterschiedliche Lösungen zu erarbeiten. Ein naheliegender Schritt wäre den Handel mit Weltregionen, die bislang weniger stark in der globalen Arbeitsteilung präsent sind, zu intensivieren. Zudem ist auch das heimische Produktions- und Innovationsnetzwerk zu stärken und die europäische Integration zu vertiefen."
Quelle und Kontaktadresse:
Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA)
Henrik Jeimke-Karge, Pressesprecher Wirtschaftspolitik
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