Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit muss mehr sein als ein klangvoller Name oder ein Einsamkeitsbarometer
(Freiburg/Berlin) - "Einsamkeit trifft junge und alte Menschen; sie gefährdet ganz konkret ihr Leben, denn sie macht krank und mündet nicht selten in Suizidgedanken. Die Gegenwehr ist eine wichtige Aufgabe, derer sich die Politik gemeinsam mit der Zivilgesellschaft tatkräftig annehmen muss", äußert sich Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa im Vorfeld der morgigen Befassung des Bundeskabinetts mit der "Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit".
Für den Deutschen Caritasverband gilt: Eine Einsamkeitsstrategie muss mehr sein als die Erhebung von Daten für ein Einsamkeitsbarometer. Zu messen, wie und wo Einsamkeit zunimmt, ist nur dann zielführend, wenn wirksam Ressourcen in ihre Bekämpfung gesteckt werden. "Das ist wie beim Fieber. Auch da ist das fiebersenkende Medikament wichtiger als das Thermometer", so Welskop-Deffaa.
Leider sind - nicht zuletzt unter den Vorzeichen der Haushaltsengpässe auf Bundesebene - die Ressourcen, die die Bundesregierung für die Einsamkeitsstrategie verfügbar machen kann und will, begrenzt. Die angekündigte Unterstützung von kommunalen Projekten zur Stärkung der Altenhilfe etwa springt deutlich zu kurz, um die Herausforderungen zu bewältigen, die sich in den nächsten Jahren aus dem demographischen Wandel ergeben.
Nachhaltige Strukturen statt kurzfristiger Projekte
"Wir erleben, dass für zunehmend viele alte Menschen der ambulante Pflegedienst, der einmal am Tag vorbeikommt, den einzigen menschlichen Kontakt darstellt, und das über Wochen - die Kinder leben weit weg, Freunde sind nicht mehr mobil oder verstorben", berichtet die Caritas-Präsidentin. "Einer solchen Entwicklung kann nicht mit kurzfristigen Projekten begegnet werden, es braucht nachhaltige und verlässliche Strukturen."
Das Familienministerium will "Handlungsempfehlungen" für Kommunen herausgeben, um die Gründung von Allianzen zur Vorbeugung von Einsamkeit vor Ort zu unterstützen. Solche Empfehlungen nützen aber nichts, wenn die potenziellen Mitglieder solcher Allianzen, etwa die freien Träger der Wohlfahrtspflege, unter Unterfinanzierung leiden und Personal verlieren, moniert Welskop-Deffaa.
Freiwilliges Engagement essenziell im Kampf gegen Einsamkeit
"Sich einerseits die Bekämpfung von Einsamkeit auf die Fahne schreiben und gleichzeitig die freien Träger finanziell schwächen, das geht nicht", so die Caritas-Präsidentin weiter. "Unsere Angebote sind essenziell für eine sorgende Gesellschaft, nicht zuletzt, weil sie berufliches und freiwilliges Engagement verknüpfen." Wohlfahrtsverbände sind Möglichkeitsräume für freiwilliges Engagement - von Besuchsdiensten bis zu Rikscha-Fahrten für Senior_innen, von der Bahnhofsmission bis zu Nachbarschaftsseniorentreffs. "Freiwilliges Engagement hilft übrigens in beide Richtungen gegen Einsamkeit - denn wer sich für andere einsetzt, kommt auch aus seinem Schneckenhaus."
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