Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Strafbarkeit der Mitgliedschaft in kriminellen oder terroristischen Vereinigungen im Ausland stößt auf rechtsstaatliche Bedenken - DAV-Stellungnahme zu § 129 b StGB

(Berlin) - Am 31. Mai 2002 steht im Bundesrat der Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes bezüglich des § 129 b Strafgesetzbuch (StGB) zur Entscheidung an. Nach § 129 b StGB soll dann die Mitgliedschaft in einer (ausländischen) kriminellen oder terroristischen Vereinigung strafbar sein. Ein solches Mitglied kann dann auf dem Gebiet der Bundesrepublik festgenommen werden, auch wenn es nicht vereinsbezogen tätig wird. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) spricht sich gegen diesen Gesetzentwurf aus, da die vorgesehene Regelung rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genüge und nicht geeignet sei, einen Beitrag zur internationalen Terrorismusbekämpfung zu leisten.

"Bei der Feststellung, ob eine ausländische Vereinigung kriminell oder terroristisch ist, wären die deutschen Gerichte - ohne ausreichende eigene Ermittlungsmöglichkeiten vor Ort - auf fremde Ermittlungsergebnisse angewiesen. Sie könnten sich selbst kein originäres Bild verschaffen. Diese eingeschränkten eigenen Ermittlungsmöglichkeiten sind für die Feststellung der Strafbarkeit nicht ausreichend", so Rechtsanwalt und Notar Eberhard Kempf, Vorsitzender des Strafrechtsausschusses des DAV. Zudem würden diese Schwierigkeiten noch potenziert, weil die Ermittlungen in einem Bereich durchgeführt werden müssten, der sich weithin "normalen" Ermittlungsmöglichkeiten entziehe. Ermittlungsergebnisse, die mit Hilfe geheimdienstlicher Mittel erzielt würden, würden gerade bei Staaten im Ausland die Frage nach der rechtsstaatlichen Qualität der Herkunft dieser Beweismittel und somit ihrer Verwendung und Verwertung in einem inländischen Strafverfahren und ihres Beweiswertes aufwerfen.

Die Bewertung, ob gegen eine ausländische Regierung von opponierenden Gruppen ausgeübte Gewalt als terroristisch oder aber als legitimer Widerstand gegen ein Unrechtsregime und daher unter Umständen sogar als förderungswürdig anzusehen sei, könne sich nur auf wenige Vorgaben stützen, die unabhängig von tagespolitischen Interessen als objektive rechtliche Maßstäbe bestehen müssten. Zu berücksichtigen sei beispielsweise der Fall, indem es einer terroristischen Vereinigung gelänge, Regierungsgewalt zu übernehmen. Handele es sich dann immer noch um eine terroristische Vereinigung? Diese Schwierigkeiten seien zwar vom Gesetzgeber gesehen worden. Der Entwurf versuche, diese Probleme dadurch zu lösen, dass er die strafrechtliche Verfolgung außereuropäischer Krimineller und/oder terroristischer Vereinigungen von einer Strafverfolgungsermächtigung des Bundesministeriums der Justiz abhängig macht. Dies aber bedeute, dass strafrechtliche Verfolgung vom politischen Tagesgeschäft abhinge. Das sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Littenstr. 11 10179 Berlin Telefon: 030/7261520 Telefax: 030/726152190

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