"Stolpern statt Aufholjagd!" / Bildungsgewerkschaft zur OECD-Studie "Bildung auf einen Blick 2009": "Mehr Geld für Bildung"
(Frankfurt am Main/Berlin) - "Bildung hat für die Bürgerinnen und Bürger zentrale Bedeutung: Trotzdem stolpert Deutschland im Bildungsbereich bestenfalls voran, statt die auch im internationalen Vergleich dringend notwendige Aufholjagd zielstrebig anzugehen", sagte Ulrich Thöne, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), in einer ersten Reaktion auf die heute (8. September 2009) vorgestellte OECD-Studie "Bildung auf einen Blick 2009". "Zum wiederholten Mal rechnet der Bericht den deutschen Politikern vor, dass sie viel zu wenig Geld in den Bildungsbereich investieren: An internationalen Maßstäben gemessen müssten in Deutschland Jahr für Jahr mindestens 30 bis 40 Milliarden Euro mehr für die Bildung ausgegeben werden. Geld ist zwar nicht alles, die zusätzlichen Mittel werden jedoch dringend gebraucht, um notwendige Reformen umzusetzen und den durch Unterfinanzierung in Kitas, Schulen, Hochschulen und der Weiterbildung entstandenen Nachholbedarf auszugleichen", sagte Thöne. Er forderte die Bundes- und Landesregierungen auf, den auf dem Bildungsgipfel 2008 gemachten Absichtserklärungen endlich Taten folgen zu lassen und unter Finanzierungsvorbehalt stehende Projekte wie den Hochschulpakt II ohne Wenn und Aber zu verwirklichen.
"Deutschland braucht eine abgestimmte nationale Bildungsstrategie. Bund, Länder und Kommunen müssen endlich an einem Strang ziehen. Der Wettbewerbsföderalismus führt in die Sackgasse, er geht zu Lasten der Beschäftigten, der Lernenden und der Zukunftsfähigkeit der Bundesrepublik", unterstrich Thöne. In diesem Zusammenhang forderte er grundlegende Korrekturen an der Föderalismusreform wie dem Kooperationsverbot von Bund und Ländern sowie die Rücknahme der Schuldenbremse: "Die Schuldenbremse wird den Ländern die Luft zum Atmen nehmen und die notwendigen Investitionen in die Bildung verhindern."
"Kein Zweifel: Deutschland steuert auf einen Akademiker- und Fachkräftemangel zu. Politik muss grundsätzlich umsteuern. Sie darf sich nicht mit Trippelschritten zufrieden geben: Mittlerweile 36 Prozent Studienanfänger eines Jahrgangs liegen deutlich unter dem OECD-Schnitt von 56 Prozent. Im Bildungsbereich ist der Pädagogenmangel schon jetzt sichtbar: An Kitas, Schulen und Hochschulen fehlen mehrere zehntausend Lehrende", sagte der GEW-Vorsitzende. "Wer mehr Studierende und Akademiker haben will, muss die enge Kopplung von sozialer Herkunft und Bildungschancen durchbrechen. Dieser Prozess beginnt mit mehr und qualitativ hochwertigen Angebot im Kindergarten, verlangt aber auch etwa die Zugangsbedingungen zu den Hochschulen zu verändern und Anreize für die Aufnahme eines Studiums zu schaffen. Wenig attraktiv sind überfüllte Seminare, die Aussicht auf einen Schuldenberg nach dem Studium und unsichere Berufsperspektiven." Die pädagogischen Berufe müssten gesellschaftlich deutlich aufgewertet werden. "Das muss sich auch in Euro und Cent niederschlagen. Die Gehälter der Lehrkräfte beispielsweise sind in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. So gewinnen wir nicht die jungen Menschen, die wir benötigen, um dem Lehrermangel an den Schulen entgegenzuwirken", sagte Thöne. Er machte sich dafür stark, dass sich die Hochschulen endlich konsequent für Menschen öffnen, die sich im Beruf qualifiziert haben. Wer keine traditionelle Hochschulberechtigung habe, dem würden auch heute noch viele Steine in den Weg gelegt, wenn er ein Studium beginnen will.
Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
Ulf Roedde, Pressesprecher
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