Stoffwechselerkrankungen behandeln
(Berlin) - Von A wie Acetonurie bis Z wie Zellweger-Syndrom: Es gibt hunderte von Stoffwechselerkrankungen. Darunter häufige wie Diabetes oder seltene, meist angeborene wie Morbus Gaucher, eher harmlose wie die Laktoseintoleranz oder schwerwiegende wie der Aromatischer L- Aminosäure- Decarboxylase-Mangel (AADC-Mangel). "Dank der Forschungsleistungen der pharmazeutischen Industrie steht heutzutage eine ganze Bandbreite von Therapien zur Verfügung: von freiverkäuflichen Produkten über Enzym-Ersatztherapien bis hin zur Gentherapie", sagt Matthias Wilken, Geschäftsführer Market Access, Märkte und Versorgung beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI). So können viele Menschen mit einer Stoffwechselerkrankung ein Leben mit nur wenigen Einschränkungen führen, und haben vielleicht sogar dieselbe Lebenserwartung wie Menschen ohne diese Erkrankung. Eine gute Nachricht!
Über den Stoffwechsel gewinnt der Körper Energie, der Stoffwechsel lässt den Organismus wachsen. Sei es beim Zucker-, Eiweiß-, Fett- oder Mineralstoffwechsel: Für jeden Schritt beim Stoffwechsel ist ein bestimmtes Enzym zuständig. "Ist es defekt, können Stoffe vom Körper nicht mehr adäquat verwertet werden. In der Folge reichern sich Stoffe an Stellen an, wo sie nicht hingehören, oder es bilden sich giftige Substanzen, die der Körper nicht abbauen kann", erklärt Dr. Wilken. Ein bekanntes Beispiel ist die Laktoseintoleranz, die den Zuckerstoffwechsel betrifft: Milchzucker (Laktose) führt bei den Betroffenen zu Verdauungsproblemen, weil ihr Körper zu wenig oder gar keine Laktase produziert - ein Enzym, das den Milchzucker aufspaltet und damit für den Körper verträglich macht. Für die Betroffenen heißt das: auf eine laktosearme Ernährung umsteigen und beim Genuss von Milchprodukten zusätzlich ein Laktase-Präparat einnehmen.
Enzym-Ersatztherapie bei Morbus Gaucher
Bei einigen seltenen Stoffwechselerkrankungen, die meistens angeboren sind, kann eine Enzym-Ersatztherapie die Beschwerden lindern. Bei Morbus Gaucher zum Beispiel: Weil den Menschen mit dieser Erkrankung ein bestimmtes Enzym fehlt, lagern sich spezielle Moleküle des Fettstoffwechsels in Leber, Milz, Knochenmark und anderen Organen ab. "Den Patientinnen und Patienten wird das fehlende Enzym in die Blutbahn gegeben, so dass sich Symptome wie Leberprobleme, Knochenschmerzen oder Blutungsneigung deutlich verbessern", erläutert Dr. Wilken. Auch ein weiterer Ansatz, die sogenannte Substratreduktionstherapie, verschafft Abhilfe: "Bei Menschen mit Morbus Gaucher sammelt sich eine unerwünschte Substanz im Körper an, weil sie von dem fehlenden Enzym nicht aufgespalten wird", erklärt der BPI-Experte. Arzneimittel hemmen die Bildung dieser Substanz. Im Unterschied zur Enzym-Ersatztherapie, die als Infusion gegeben wird, nehmen die Betroffenen bei der Substratreduktionstherapie das Arzneimittel als Kapseln über den Mund ein.
CFTR-Modulatoren bei Mukoviszidose und Gentherapie bei AADC-Mangel
Mukoviszidose ist eine ebenfalls seltene, wenn auch allgemein bekanntere Stoffwechselerkrankung, bei der das sogenannte CFTR-Gen defekt ist. In der Folge führt ein mangelhafter Salz- und Wasseraustausch von Zellen zu zähflüssigem Schleim, der lebenswichtige Organe wie Lunge oder Bauchspeicheldrüse verstopft. Die Therapie sieht vielfältig aus: angepasste Ernährung, Inhalationen, Atemübungen, Sport und Physiotherapie sowie Arzneimittel mit Ersatz-Enzymen. "Eine neuere Entwicklung ist die Therapie mit CFTR-Modulatoren, die auf die verschiedenen Mutationen des defekten Gens zugeschnitten sind. Die Lebenserwartung liegt für ein heute Neugeborenes mit Mukoviszidose bei 57 Jahren und damit mehr als doppelt so hoch wie noch 1980, wo die Betroffenen im Schnitt nicht älter als 25 Jahre alt wurden", sagt Dr. Wilken.
Wie bei der Mukoviszidose beruhen die meisten seltenen Stoffwechselerkrankungen auf einem erblich bedingten Gendefekt. Beim AADC-Mangel zum Beispiel ist das Gen eines Stoffwechsel-Enzyms namens Aromatische L-Aminosäure- Decarboxylase beschädigt, sodass die Motorik, aber auch die geistigen Fähigkeiten der betroffenen Kinder schwer beeinträchtigt sind. Eine Gentherapie schleust eine korrekte Kopie des Gens in das Bewegungszentrum des Gehirns ein. Der Körper kann nun das Enzym selbst herstellen, so dass die Kinder eine Chance haben, sich besser zu entwickeln. Die Gentherapie bedeutet damit eine neue Generation von Arzneimitteln: "Eine Gentherapie setzt an den Ursachen von schweren Erkrankungen an, die bisher nicht heilbar waren", betont BPI-Experte Dr. Wilken.
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