Pressemitteilung | Deutscher Städtetag - Hauptgeschäftsstelle Berlin

Steuerverluste, Haushaltsdefizite und Verfall der Investitionen prägen die städtischen Finanzen

(Berlin) - Gravierende Steuerverluste, hohe Haushaltsdefizite, ein dramatischer Verfall der Investitionen und eine harte Konsolidierungspolitik bestimmen die Situation der städtischen Haushalte zu Beginn des neuen Jahrtausends. Darauf hat gestern in Berlin der Präsident des Deutschen Städtetages, der Saarbrücker Oberbürgermeister Hajo Hoffmann, anlässlich der Vorlage aktueller Daten zur Finanzlage der Kommunen hingewiesen.

Als Folge der Steuerreform verlieren die Kommunen allein im Jahr 2001 Einnahmen von 8,3 Milliarden DM. Ab dem Jahr 2005 steigen die Verluste sogar auf über 12 Milliarden Mark. Die Kommunen müssten vor diesem Hintergrund ihre Haushalte 2001 mit Einnahmen wie im Jahr 1994 finanzieren, sagte der Präsident des größten kommunalen Spitzenverbandes, der über 5700 Städte mit insgesamt 51 Millionen Einwohnern vertritt.

“Wir haben eine Steuerreform, die Bürger und Unternehmen entlastet, immer unterstützt. Aber die Auswirkungen dieses und anderer Bundesgesetze für die städtischen Haushalte sind so massiv, dass wir Bund und Länder dringend auffordern müssen, den finanziellen Handlungsspielraum der Städte nicht immer wieder zu schmälern, sondern endlich durch eine grundlegende Gemeindefinanzreform zu erweitern. Bund und Länder müssen nun auch gesetzliche Leistungen überprüfen, um die Kommunen zu entlasten”, sagte Hajo Hoffmann: “Für viele Städte in den neuen Ländern und in strukturschwachen Regionen der alten Länder ist das Ende der Fahnenstange längst erreicht. Wir dürfen nicht soweit kommen, dass Oberbürgermeister nur noch als Marionetten des Bundes und der Länder agieren können, weil ihnen vor Ort keine Gestaltungsfreiheit mehr bleibt.”

Neben der Steuerreform und anderen Steuer- und Haushaltsgesetzen belasten weitere Bundesgesetze die Kommunen, obwohl es dabei nicht um ihre Aufgaben geht: Das Kindergeld müssen die Städte - mit jährlich sechs Milliarden Mark - ebenso mitfinanzieren wie die Förderung der privaten Altersvorsorge: künftige Steuerausfälle bis zu 2,2 Milliarden Mark. Dazu kommt die geplante Grundsicherung für Ältere und Erwerbsunfähige - Kosten mindestens eine Milliarde Mark mit steigender Tendenz. Weil die Unternehmen die Ausgaben für den Kauf der UMTS-Mobilfunklizenzen steuerlich absetzen können, gehen den Kommunen außerdem über den gesamten Abschreibungszeitraum rund 14 Milliarden Mark verloren.

Die Einnahmen der Städte, Gemeinden und Kreise werden nach einem geringfügigen Plus im vergangenen Jahr in Höhe von 0,5 Prozent in diesem Jahr vor allem wegen der Steuerreform um durchschnittlich 1,9 Prozent zurückgehen, und zwar auf 282,4 Milliarden Mark. Die Ausgaben müssen deshalb weiter auf einem harten Konsolidierungskurs gehalten werden: Nach einem Zuwachs von 1,4 Prozent im vergangenen Jahr zeichnet sich für 2001 nur ein leichter Anstieg um 0,8 Prozent auf 288 Milliarden Mark ab.

Bilanz von Einnahmen und Ausgaben: Im vorigen Jahr konnten die Einnahmen die Ausgaben noch um zwei Milliarden Mark übertreffen, was angesichts des geringen Anstiegs der Einnahmen nur durch sparsames Haushalten möglich war. Für das laufende Jahr ist hingegen wieder mit einem Defizit der Kommunen von 5,6 Milliarden Mark zu rechnen.

Diese Gesamtbilanzen von Einnahmen und Ausgaben können aber die äußerst angespannte Finanzlage vieler Städte nur unzureichend wiederspiegeln. Dazu der Städtetagspräsident: “Natürlich gibt es Städte mit positiven Haushaltsdaten. Aber viele Städte müssen Sozialhilfe oder Personalausgaben auf Pump finanzieren, weil die Defizite in ihren Verwaltungshaushalten nicht mehr beherrschbar sind. Sie summierten sich schon 1999 auf 7,2 Milliarden Mark und werden durch die künftigen Steuerausfälle erheblich zunehmen.”

Hoffmann nannte es “ein Drama”, dass die Städte wichtige Investitionen
- etwa für Straßen, Kanalisation, Schulen und soziale Einrichtungen - nicht vornehmen könnten. Die Länder hätten ihre Zuweisungen an die Kommunen der neuen Länder seit 1992 um über ein Drittel und in den alten Ländern um über ein Viertel verringert. Sie trügen damit die Hauptverantwortung dafür, dass die Investitionen der Kommunen heute um über 19 Milliarden Mark oder fast 30 Prozent unter denen des Jahres 1992 liegen.

In den neuen Ländern, wo Investitionen besonders nötig sind, setzt sich ihr Verfall 2000 und 2001 mit Minusraten von 6,7 und 8 Prozent fort. Die Summe sinkt dort auf 10,3 Milliarden Mark. In den alten Ländern gab es einen Anstieg um 2,7 Prozent. Für 2001 ist jedoch auch hier mit einem Rückgang um vier Prozent auf 35,9 Milliarden Mark zu rechnen.

Weitere wichtige Daten zum voraussichtlichen Abschluss der kommunalen Finanzen 2000 sowie der Prognose für das Jahr 2001:

- In den ostdeutschen Kommunen gingen die Einnahmen im Jahr 2000 um 0,8 Prozent zurück, in den westdeutschen Kommunen stiegen sie um 0,8 Prozent. Die Ausgaben sanken im Osten um zwei Prozent, im Westen stiegen sie um 2,2 Prozent. Für 2001 wird für die Kommunen der neuen Länder bei den Einnahmen ein Minus von 3,2 Prozent erwartet, in den alten Ländern von 1,6 Prozent. Die Ausgaben gehen voraussichtlich im Osten um 1,4 Prozent zurück und steigen im Westen um 1,2 Prozent.

- Die Einnahmen der Städte und Gemeinden aus der Gewerbesteuer stagnierten 2000 mit 38 Milliarden Mark etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Einzelne Städte hatten Zuwächse, andere zum Teil starke Rückgänge. 2001 ist mit einem Minus der Gewerbesteuer von einem Prozent zu rechnen. Das Gewerbesteueraufkommen beläuft sich - einschließlich Stadtstaaten - auf fast 54 Milliarden Mark. Davon gehen schon heute fast 12 Milliarden Mark als Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder - eine Summe, die sich infolge der Steuerreform weiter erhöhen wird.

- Die kommunalen Personalausgaben stiegen 2000 um 0,6 Prozent auf 77,35 Milliarden Mark. Auch 2001 ist nur ein Zuwachs um ein Prozent auf 78,15 Milliarden Mark zu erwarten. In den ostdeutschen Kommunen sind rückläufige Personalausgaben - minus 1,5 Prozent 2000 und minus 1,3 Prozent 2001 - nur durch einen fortgesetzten Personalabbau möglich. Die Zahl der Beschäftigten sank 2000 nochmals um über vier Prozent.

- Die Sozialausgaben der Kommunen stiegen 2000 um 3,4 Prozent auf 52,75 Milliarden Mark. Für 2001 wird mit einem Anstieg um weitere 4,4 Prozent auf rund 55 Milliarden Mark gerechnet. In den alten Ländern mussten nach dem Rückgang durch die Pflegeversicherung die Mittel für die Sozialhilfe in Einrichtungen nun wieder deutlich um 6,5 Prozent aufgestockt werden. In den neuen Ländern traf dies für die Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen zu.

- Die Gebühreneinnahmen der Kommunen, die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre kaum noch gewachsen oder sogar leicht rückläufig waren, nahmen 2000 erneut nur geringfügig um 0,5 Prozent zu. Für 2001 wird etwa die gleiche Entwicklung erwartet. Für die westdeutschen Kommunen ist in beiden Jahren von durchschnittlichen Zuwächsen von einem Prozent auszugehen. In den ostdeutschen Kommunen zeichnet sich nach einem Minus von 2,5 Prozent im vergangenen Jahr für 2001 ein weiterer Rückgang der Gebühreneinnahmen um zwei Prozent ab.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Städtetag (Gst. Berlin) Straße des 17. Juni 112 10623 Berlin Telefon: 030/377110 Telefax: 030/37711999

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