Pressemitteilung | Bundesverband Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO) - Geschäftsstelle Berlin

Steuern auf Primärbaustoffe / MIRO widerspricht Sachverständigenrat für Umweltfragen!

(Köln) - Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) hat am 4. Juni 2012 sein Gutachten für 2012 präsentiert. Ein Kapitel befasst sich mit Rohstoffen und vermeintlich wirksamen Mitteln, deren Nutzung drastisch zu limitieren. MIRO sieht sich damit erneut in der Behauptung bestätigt, dass das funktionierende Gefüge der Baustoffindustrie entwurzelt werden soll. Hinzu kommt, dass das Planspiel, so wie es im Gutachten beschrieben wird, in sich selbst nicht schlüssig ist. Seine einzige "Lenkungswirkung" besteht darin, eine zusätzliche Einnahmequelle des Staates zu kreieren.

Der SRU formuliert geradezu revolutionäre Ideen. Unter anderem soll der Anteil des öffentlichen Nah- und des Radverkehrs in Städten aus Klimaschutzgründen langfristig von 20 auf bis zu 80 Prozent erhöht werden. Die von Martin Faulstich, Vorsitzender der SRU-Regierungsberater, dafür geforderte Innovationsstrategie hat allerdings ihre Tücken. Eine höhere Wiederverwertungsquote bei Baustoffen zu erzielen ist möglicherweise im Promillebereich noch möglich - dieser minimale Zuwachs löst aber kaum das Nachfrageproblem für einen einzigen weiteren Radweg. MIRO betont, dass eine Primärbaustoffsteuer schon deshalb gar keine Lenkungswirkung entfalten kann, da bereits etwa 90 Prozent der Bauschutt- und Abbruchmassen wiederverwertet werden. Aus den noch übrigen 10 Prozent meist minderwertiger Materialien lässt sich kein weiterer Sekundär-Baustoff "zaubern". Wie das deutsche Ressourceneffizienzprogramm "ProgRess" richtig ausführt, steht am Ende die Einsicht, dass Primärrohstoffe auch bei größten Anstrengungen lediglich zu rund 11,5 Prozent durch Recyclingmaterial substituiert werden können.

Ökologischer Umbau ohne Baustoffe undenkbar
Der grundsätzliche Denkfehler in der Herangehensweise des SRU besteht offenbar in der empirischen Verbindung, dass "Bauen=Straße" bedeutet. Bauen ist aber noch viel mehr, nämlich das Dach über dem Kopf, der Schienenweg, der Radweg und Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende. Um beispielsweise den öffentlichen Nah- und Radverkehr in Städten fit zu machen, werden Holzhackschnitzel nicht genügen.

Eine Primärbaustoffsteuer wird also den Bedarf und die Effizienz im Umgang mit Rohstoffen nicht verändern. Der Bedarf wird bleiben und auf Effizienz achtet jedes Rohstoffunternehmen schon jetzt höchst penibel. Allerdings wird eine solche Steuer das Bauen maßlos verteuern.

Statt die negativen Folgen zu betrachten, die schon in einigen anderen EU-Mitgliedstaaten durch eine solche Steuer ausgelöst worden sind, wird deren nicht vorhandene Lenkungswirkung schöngeredet. Hinzu kommt, dass deutsche Unternehmen bereits jetzt im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohe finanzielle Belastungen tragen und Rekultivierungsrückstellungen im Sinne einer nachhaltigen Rohstoffgewinnung und Nachnutzung schultern, die in anderen Staaten nicht üblich sind.

Angriff von mehreren Seiten
Nicht nur die drohenden Zusatzsteuern lasten derzeit auf dem Zukunftsbild der weitgehend mittelständisch strukturierten Unternehmen. Der SRU setzt sich auch für eine grundsätzliche Neufassung des Bundesberggesetzes (BbergG) ein, welches auf die Sicherung der Rohstoffversorgung durch die Gewinnung von Bodenschätzen gerichtet ist. Der Gesetzesklassiker wird in diesem Zusammenhang als völlig überholt abgestempelt. Dabei haben europarechtliche Vorgaben ebenso in das Bundesberggesetz Eingang gefunden, wie Anpassungen aufgrund sich ändernder nationaler Rechtsaspekte. Durch die inzwischen regelmäßig angewandte Form der Planfeststellung bergbaulicher Vorhaben sind das Bergrecht und das moderne deutsche Umweltrecht ineinander verzahnt. Im Verfahren sind sämtliche einschlägigen umweltrechtlichen Vorschriften zu beachten und fließen in die behördliche Entscheidung unmittelbar mit ein. Ebenso ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.

Dass naturschutzfachliche Erwägungen und Rohstoffabbau in den meisten "normalen" Fällen sowie selbst in FFH-Schutzgebieten miteinander vereinbar sind, unterstreichen zahlreiche Beispiele. Dennoch beharren die Gegner der Rohstoffgewinnung darauf, gegen jedweden Eingriff die harte Linie zu fahren und dem Rohstoffabbau kein langfristiges überwiegendes öffentliches Interesse zuzuerkennen, mit dem ein zeitbegrenzter Eingriff unter hohen Auflagen gerechtfertigt werden kann. Die Europäische Kommission hat im Gegensatz dazu in ihren Leitlinien zur Rohstoffgewinnung in Natura 2000 Gebieten die hohe Bedeutung der Rohstoffsicherung für die volkswirtschaftliche Entwicklung anerkannt und legt dar, dass die Gewinnung von Rohstoffen auch in Natura 2000-Gebieten möglich ist.

Das ideologische Planspiel gegen die Gewinnung mineralischer Rohstoffe wird am Ende nicht aufgehen, da sich der Bedarf an Rohstoffen in Deutschland gemessen an den anstehenden Aufgaben nicht verringert. Die angebliche Lenkungswirkung einer Rohstoffsteuer wird nicht eintreten. Möglich ist stattdessen, dass sich der Mittelstand komplett aus dem Geschäftsfeld zurückzieht, weil die Belastungen insgesamt ein wirtschaftliches Arbeiten nicht mehr rechtfertigen.


Prof. Dr. Ulrich Hahn, Hauptgeschäftsführer MIRO: SRU-Gutachten blendet Sachzwänge aus

"Der SRU stellt in seinen regelmäßigen Gutachten die jeweils neuen Herausforderungen im Bereich des Umweltschutzes vor. Dies ist sehr zu begrüßen. Vermissen lässt das neue Gutachten aber das notwendige Augenmaß und eine kontrovers diskutierbare Expertise der Gutachter. Steuern und Abgaben auf Primärrohstoffe führen nicht zu dem Ergebnis, dass Sekundärbaustoffe in höherem Maße eingesetzt werden. Dem stehen schlicht Sachzwänge gegenüber. Das vorhandene Recyclingmaterial wird bereits weitgehend verwertet und eine wesentliche Steigerung der Quote ist auch deshalb nicht zu erzielen, da das Bauabbruchmaterial fehlt. Hier und ebenso beim Angriff auf das Bergrecht und die Rohstoffgewinnung in FFH-Gebieten lässt das Gutachten jegliche Flexibilität vermissen. Genau die brauchen wir aber, um gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen".

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO) Professor Ulrich Hahn, Hauptgeschäftsführer Annastr. 67-71, 50968 Köln Telefon: (0221) 934674-60, Telefax: (0221) 934674-64

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