Steuergeschenk für Gaskraftwerke birgt unkalkulierbare Risiken
(Köln) - Die deutsche Braunkohlenindustrie wird ihren Widerstand gegen die Steuerbefreiung von Gaskraftwerken fortsetzen. Der zu erwartende Widerstand des Bundesrates gegen die Ökosteuerpläne der Bundesregierung bietet nach Ansicht des Bundesverbandes Braunkohle - DEBRIV - eine letzte Möglichkeit, die energie- und umweltpolitischen Risiken des Steuergeschenks sorgfältig zu prüfen und die Entscheidung zu revidieren.
Damit könne die Bundesregierung auch ein Stück Glaubwürdigkeit in Sachen Energiepolitik und Steuergerechtigkeit zurückgewinnen. Wie der Verband errechnete, verlöre der Bund durch die geplante zehnjährige Steuervergünstigung beim Betrieb eines einzigen großen neuen Gaskraftwerkes (1.000 MW) Steuereinnahmen in Höhe von bis zu 420 Millionen DM. Umgekehrt verschaffe diese Vergünstigung den Betreibern neuer Gaskraftwerke einen sehr deutlichen Wettbewerbsvorsprung.
Die Steuerbegünstigung stellt nach Ansicht der deutschen Braunkohlenindustrie eine gewollte oder ungewollte energiepolitische Grundsatzentscheidung mit erheblichem Risikopotential dar. Wie das Beispiel Großbritannien zeige, kann ein Eingriff in den Wettbewerb der Stromerzeuger zugunsten des Erdgases zu gravierenden Strukturveränderungen des gesamten Kraftwerksparks führen. In Großbritannien habe sich seit 1992 der Anteil des Erdgases an der Stromerzeugung von knapp 3 auf fast 25 Prozent in 1998 erhöht. Diese Entwicklung trage dazu bei, dass das Vereinigte Königreich trotz beträchtlicher eigener Erdgasvorkommen in wenigen Jahren zum Nettoimporteur werde und als wichtiger Anbieter vom internationalen Erdgasmarkt verschwinde. Folge Deutschland als größter Strommarkt in Europa diesem Vorbild, so die DEBRIV-Prognose, werde die steigende Erdgasnachfrage zu einem ernsthaften Versorgungs- und Preisrisiko für Wirtschaft und Verbraucher führen. Zu berücksichtigen sei, dass Erdgas in Deutschland bereits heute der wichtigste Energieträger in der Industrie und Marktführer bei der Wohnraumbeheizung ist und dort als anwendungsfreundliche Energie seinen angestammten Platz hat. Derzeit liegt der Importanteil des Erdgases in Deutschland bei rund 80 Prozent.
Der Einsatz großer Erdgasmengen in der Grundlaststromerzeugung gefährdet nach Ansicht des DEBRIV nicht nur Sicherheit und Preisniveau der gesamten deutschen Energieversorgung; eine solche Verwendung verstößt auch gegen alle wichtigen Elemente einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Energieressourcen (sustainable development). Der Einsatz von Erdgas als Prozessenergie in der Industrie und als Wärmeenergie mit technisch innovativen Anwendungstechniken rechtfertige die hohen technischen und wirtschaftlichen Aufwendungen für Förderung und Transport dieser Energie. Ein Einsatz in Großkraftwerken bedeute dagegen eine unverantwortliche Ressourcenausbeute und -verschwendung angesichts der im Vergleich zur Kohle deutlich geringeren Reserven des Erdgases.
Unter Berücksichtigung aller treibhauswirksamen Gase werde der erwartete Beitrag zum Klimaschutz durch einen höheren Erdgasanteil an der Stromerzeugung weit überschätzt. So trage Erdgas, das zu fast 100 Prozent aus Methan besteht, durch Freisetzung bei Förderung und Transport selbst zum Treibhauseffekt bei. Bei steigendem Bedarf erhöht sich auch die Freisetzung. Zum anderen haben die bestehenden Kraftwerke in Deutschland ihren CO2-Ausstoß seit 1990 bereits um fast 60 Millionen Tonnen vermindert und damit absolut und prozentual den größten Beitrag zur gesamten CO2-Minderung des Landes geleistet. Zu diesem Ergebnis trug maßgeblich das Neubau- und Effizienzprogramm der deutschen Braunkohlenkraftwerke bei. Die dafür getätigten Investitionen würden durch die geplante steuerliche Regelung in Frage gestellt. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass neue hocheffiziente Kohlenkraftwerke in Deutschland nicht mehr gebaut werden. Damit würden greifbare Potentiale der CO2-Minderung verschenkt. Neue Braunkohlenkraftwerke erreichen Wirkungsgrade, die um 30 Prozent höher liegen als bei bestehenden Altanlagen.
Angesichts der ungeklärten Zukunft der Kernkraft dürfe nicht leichtfertig eine weitere Säule der deutschen Stromerzeugung gefährdet werden, erklärte der DEBRIV und verlangte die Rückkehr zu verlässlichen und wettbewerbsneutralen Rahmenbedingungen für Bergbau und Stromerzeuger.
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