Steuerfinanzierung gesellschaftspolitischer Leistungen sinnvoll / Reform muss Strukturen verändern - statt Leistungen ausgrenzen
(Siegburg) - Die Ersatzkassen begrüßen die Absicht der Regierungskoalition, die gesetzliche Krankenversicherung von versicherungsfremden, aber gesellschaftspolitisch wichtigen Leistungen in Höhe von 4 Milliarden Euro zu entlasten und diese richtigerweise über Steuern zu finanzieren. Damit folgt der Gesetzentwurf einer langjährigen Forderung der Ersatzkassen im Verbund mit allen wissenschaftlichen und politischen Expertisen u.a. des Sachverständigenrates. Die dazu notwendige Erhöhung der Tabaksteuer sei ein sinnvoller Ansatz zur Förderung der Selbstverantwortung der Versicherten. Da gerade beim Tabakkonsum der Zusammenhang zu Erkrankungen schlüssig belegt sei, hat dieser Weg Sinn und findet hohe Akzeptanz, erklärte Margret Mönig-Raane, Vorsitzende des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen (VdAK).
Positiv zu werten sei auch der Ansatz der Reform, die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern und Strukturen zu verändern. Hierzu zähle die Verbesserung der Arzneimittelversorgung ebenso wie die Orientierung an Qualität und Effizienz durch Flexibilisierung des Vertragsgeschäfts. Der Krankenversicherung soll die Möglichkeit eröffnet werden, verstärkt auch mit einzelnen Arztgruppen ergänzende Qualitäts- und Effizienzprogramme zu gestalten. Aus Sicht der Ersatzkassen sei dies ein Kernelement der Reform. Mönig-Raane begrüßte, dass die Sonderrechte der Betriebs- und Innungskrankenkassen nun endlich beseitigt werden sollen. "Es ist zu hoffen, dass damit die Rosinenpickerei der BKKn eingedämmt wird, wenngleich dadurch die wettbewerbswidrigen Verwerfungen im heutigen Risikostrukturausgleich abermals nicht beseitigt werden".
Allerdings enthalte der Referentenentwurf auch "Kröten", die einseitig zu Lasten der Versicherten gingen. Dazu gehöre die Herausnahme des Krankengeldes aus der paritätischen Finanzierung, die Einführung einer Praxisgebühr beim Facharztbesuch in Höhe von 15 Euro ebenso wie die private Finanzierung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel und die Ausweitung der Zuzahlungsregelungen bei Arzneimitteln für Versicherte, die sich nicht an einem Hausarztsystem oder strukturierten Behandlungsprogrammen beteiligten. Die Förderung des Hausarztprinzips sei zwar sinnvoll, doch sollte dies nicht zu einer "Zwangsveranstaltung" ausarten, die Patientenentscheidungen diskriminiert. Die Krankenkassen sollten vielmehr vertragspolitisch sinnvolle Hausarztkonzepte entwickeln, die neben Anreizen für die Versicherten auch Vorgaben zur Qualifikation der Hausärzte enthielten.
Abschließend warnte Mönig-Raane davor, immer weitere Leistungen zur Disposition zu stellen. Jede Leistungsausgrenzung aus dem GKV-Katalog führe zu einer Aufweichung der paritätischen Finanzierung und damit zu weiteren einseitigen Belastungen der Versicherten. Damit würde zudem das zentrale Reformziel verfehlt, das in einer spürbaren Senkung des Beitragssatzes liegt. "Wenn den 70 Millionen Versicherten erst mal klar wird, dass die Senkung des Beitragssatzes nur für den Arbeitgeberanteil gilt, der Versicherte selbst dies jedoch durch steigende eigene Beiträge ausgleichen muss, dann wird die Akzeptanz dieser Reform mit einem Schlag zusammenbrechen".
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