Statement zum Doppelausbau von Glasfasernetzen
(Bonn/Berlin) - Gestern hat WIK-Consult die vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) beauftragte Studie "Doppelausbau von Glasfasernetzen - Ökonomische Analyse und rechtliche Einordnung" veröffentlicht. Die Studie nimmt anhand einer Auswertung von 93 konkreten Doppelausbau-Fällen eine ökonomische und rechtliche Analyse der sogenannten "Überbauproblematik" im Glasfaserausbau vor. Die Analyse zeigt, dass ein Doppelausbau von Glasfasernetzen - beziehungsweise auch schon dessen Ankündigung - nicht nur in Regionen problematisch sein kann, in denen entweder kein oder nur ein Glasfasernetz wirtschaftlich betreibbar ist, sondern auch dort, wo theoretisch zwei oder mehr Glasfasernetze wirtschaftlich wären. Entscheidend für die Frage, ob der Doppelausbau tatsächlich problematisch ist, ist laut den Studienautor:innen die Verteilung der Marktanteile, die wiederum von der Bestandsinfrastruktur und der Anzahl der Bestandskund:innen abhängt. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass ein Doppelausbau von Glasfasernetzen - oder dessen Ankündigung - dann problematisch ist, wenn dies durch ein marktbeherrschendes Unternehmen geschieht.
Der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) kommentiert die Ergebnisse der Studie wie folgt:
"Die Studie zeigt, dass der strategische Doppelausbau und auch reine Doppelausbau-Ankündigungen der Telekom ein großes Problem für den weiteren erfolgreichen Glasfaserausbau in Deutschland darstellen. Ein Abwarten und Zögern bei diesem für die Erreichung der Ausbauziele entscheidenden Thema kann sich Deutschland mit Blick auf die vielen ausbauwilligen Unternehmen und Investoren nicht erlauben. Wir erwarten, dass das Bundesministerium für Digitales und Verkehr auf Basis dieser Erkenntnisse umgehend konkrete Maßnahmen ergreift, um die strategischen Doppelausbau-Aktivitäten der Telekom zu stoppen.
Eine effiziente und praxiserprobte Maßnahme, die auch von den Studienautor:innen als rechtlich möglich und grundsätzlich zielführend eingestuft wird, haben wir bereits als konkreten Vorschlag auf den Tisch gelegt: Zum Schutz vor strategischem Doppelausbau wird die Telekom als marktbeherrschendes Unternehmen verpflichtet, ihre Glasfaser-Ausbauplanung jeweils mit einem Vorlauf von neun Monaten in eine nicht öffentliche Liste einzutragen. So wird ausgeschlossen, dass sie kurzfristig auf Ausbauplanungen von Wettbewerbern reagiert, um deren Ausbauprojekte zu gefährden oder gar zu verhindern. Wir erwarten, dass dieser Vorschlag in der am 26. Oktober geplanten Bund-Länder-Runde auf Staatssekretärsebene diskutiert wird.
Die bisherigen Aktivitäten des BMDV zu diesem Thema, wie die Einrichtung der Doppelausbau-Monitoringstelle bei der Bundesnetzagentur, haben zu keiner Verbesserung der Situation geführt. Dass fast vier Monate nach dem Start der Monitoringstelle noch keinerlei Auswertung der mehr als 290 gemeldeten Doppelausbau-Fälle vorliegt, erweckt den Eindruck, dass das Thema nicht mit der erforderlichen Priorität behandelt wird."
Kurze Einordnung der wichtigsten Studienergebnisse:
Im Kern bestätigt die Studie die Kritik des BREKO am Glasfaser-Doppelausbau der Telekom und unterstreicht den akuten Handlungsbedarf. Unter den vielen durch die Studie belegten problematischen Aspekten der aktuellen Ausbau- und Ankündigungstaktik des Ex-Monopolisten sind vier Aussagen besonders relevant, um eine effektive regulatorische Lösung zu finden:
1. Basierend auf der im Februar veröffentlichten Potenzialanalyse für den eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau berechnet WIK-Consult, dass mindestens zwei Drittel der deutschen Haushalte in so dünn besiedelten Gebieten liegen, dass sich höchstens ein Glasfasernetz wirtschaftlich bauen und betreiben lässt. Damit ist der Doppelausbau in 66 Prozent der Fälle schon rein betriebswirtschaftlich unsinnig, da mindestens eines der beiden Unternehmen Verluste machen würde.
2. Selbst in den Ballungsräumen, in denen laut WIK-Consult auch zwei oder mehr parallele Glasfasernetze rentabel wären, ist kein fairer Infrastrukturwettbewerb möglich, wenn eines der ausbauenden Unternehmen über viele Bestandskundinnen und -kunden auf dem Kupfernetz verfügt. Denn durch diesen Vertriebsvorteil der Telekom ist zu erwarten, dass Wettbewerber bei parallelem Glasfaserausbau keine ausreichenden Marktanteile erreichen können, um ihr Netz rentabel zu betreiben.
3. Neben dem tatsächlichen Glasfaser-Doppelausbau ist auch die Ankündigung eines Doppelausbaus durch die Telekom hochproblematisch, da Wettbewerber laut WIK-Consult in den meisten Fällen davon ausgehen müssen, keine Rentabilität zu erreichen, wenn die Telekom tatsächlich parallel ausbaut. Besonders kritisch: Solche Ankündigungen entfalten ihre destruktive Wirkung sofort, wodurch bereits ein Viertel der betroffenen Wettbewerber in der von WIK-Consult analysierten Stichprobe ihr Ausbauvorhaben verkleinert oder ganz abgesagt haben. Diese Behinderung des flächendeckenden Glasfaserausbaus kann also nur durch präventive Maßnahmen verhindert werden.
4. Eine Handlungsoption hebt WIK-Consult als "weniger konfliktträchtig und schneller umsetzbar" hervor: Eine systematische Überwachung der Ausbauplanung, um rein taktisches Verhalten unmittelbar zu erkennen. Eine solche Maßnahme hat auch der BREKO bereits vorgeschlagen: Als marktbeherrschendes Unternehmen wird die Telekom verpflichtet, ihre Glasfaser-Ausbauplanung mit neun Monaten Vorlauf in eine nicht öffentliche Liste einzutragen. So wird ausgeschlossen, dass sie kurzfristig auf Ausbauplanungen von Wettbewerbern reagiert, um deren Ausbauprojekte durch gezielten Doppelausbau zu gefährden.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO)
Matthias Schuchard, Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Invalidenstr. 91, 10115 Berlin
Telefon: (030) 58580-410, Fax: (030) 58580-412