Start der Festivalsaison: So schützen sich Besucher:innen vor Lärm
(Berlin) - Veranstaltungen wie Konzerte oder Fußballspiele sind mit einer enormen Lärmbelastung verbunden. Der richtige Gehörschutz hilft dabei, bleibende Hörschäden zu vermeiden. Der TÜV-Verband gibt Tipps zum Kauf und Gebrauch eines Gehörschutzes.
Wenn die Temperaturen steigen, besuchen viele Menschen Konzerte, Sportveranstaltungen oder Festivals. Doch die Geräuschkulisse solcher Veranstaltungen kann auf Dauer ein Problem für die Ohren werden. "Bereits ab einem Schallpegel von 85 Dezibel kann das Gehör potenziell geschädigt werden", sagt André Siegl, Experte für Arbeits- und Gesundheitsschutz beim TÜV-Verband. "Das ist in etwa so laut wie eine viel befahrene Hauptverkehrsstraße." Da bei Musik- und Sportveranstaltungen teilweise Schallpegel von 90 bis 120 Dezibel gemessen werden und damit die Schmerzgrenze erreicht werden kann, sollten Besucher:innen einen geeigneten Gehörschutz tragen. Der TÜV-Verband gibt Tipps zum Kauf und zur Anwendung verschiedener Gehörschutzmodelle.
Dauer der Lärmbelastung von Bedeutung
Sowohl einzelne Schallereignisse ab 120 Dezibel als auch eine andauernde Lärmbelastung ab 85 Dezibel können das Gehör schädigen. Für das betriebliche Umfeld gilt die nationale Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung, mit der die europäischen Arbeitsschutz-Richtlinien zu Lärm (2003/10/EG) und Vibrationen (2002/44/EG) umgesetzt werden. Zusätzliche Details sind in der technischen Regel "TRLV Lärm" verankert. "Arbeitnehmer:innen dürfen sich Lärm mit einem konstanten Schallpegel von 85 Dezibel maximal acht Stunden lang aussetzen. Danach muss eine Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden eingehalten werden", sagt Siegl. "Wird dieser Grenzwert überschritten, muss immer ein Gehörschutz getragen werden." Das gilt zum Beispiel für die Arbeit mit Bohrmaschinen (94 Dezibel), Presslufthämmern (100 Dezibel) oder Kettensägen (114 Dezibel). "Musik auf Konzerten, Festivals oder in Diskotheken erreicht oft ähnliche oder höhere Schallpegel als eine Kettensäge", sagt Siegl. Das könne dazu führen, dass die Sinneshärchen im Ohr irreversibel geschädigt werden und Impulse nicht mehr aufnehmen oder weiterleiten können. Die Folge: Das Hörvermögen nimmt immer weiter ab. "Die langfristigen Auswirkungen einer dauerhaften Lärmbelastung können Bluthochdruck, Konzentrationsstörungen, Herz-Kreislauf-Probleme oder Gedächtnisstörungen sein. Hinzu kommen psychische Probleme als Folge zunehmender Verständigungsschwierigkeiten und nachlassender Kommunikation mit anderen Menschen", sagt Siegl. "Erfahrungen aus dem Arbeitsschutz sollten auch im Freizeitbereich angewendet werden. Club- oder Konzertgänger:innen sollten deshalb immer einen geeigneten Gehörschutz tragen."
Den richtigen Gehörschutz finden
Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Arten von Gehörschutz:
- Gehörschutzstöpsel werden direkt im Gehörgang getragen. Es gibt vorgeformte Gehörschutzstöpsel und solche aus Schaumstoff, Wachs oder Silikon, die vor dem Gebrauch geformt werden müssen. Vorgeformte Gehörschutzstöpsel sind in der Regel waschbar und wiederverwendbar. Aufgrund ihres hohen Tragekomforts eignen sie sich besonders für Lärmsituationen, in denen ein Gehörschutz über längere Zeit getragen werden muss. Grundsätzlich gilt: Hohe Frequenzen werden stärker gedämpft als tiefe Frequenzen. Besonders bei Musikveranstaltungen sind daher Gehörschutzstöpsel mit Akustikfilter zu empfehlen. Diese sorgen für ein naturgetreues Klangbild und belüften gleichzeitig den Gehörgang.
- Eine Besonderheit sind maßgefertigte Gehörschutzstöpsel. Diese werden dem Gehörgang und den individuellen Bedürfnissen angepasst und eignen sich vor allem für Musiker:innen, passionierte Konzertgänger:innen oder besonders geräuschempfindliche Menschen. Die so genannten Otoplastiken sind mit Kosten ab 130 Euro zwar deutlich teurer als herkömmliche Modelle, bieten aber durch ihre optimale Passform den bestmöglichen Schutz bei hohem Tragekomfort.
- Kapselgehörschützer bestehen aus Kapseln, die das Ohr umschließen und ähnlich wie Kopfhörer durch Bügel gehalten werden. Sie eignen sich vor allem für Verbraucher:innen, die Gehörschutzstöpsel als unangenehm empfinden oder nur kurzzeitig Lärm ausgesetzt sind wie beispielsweise während der heimischen Gartenarbeit.
- Bügelgehörschützer ähneln vorgeformten Gehörschutzstöpseln. Sie sitzen jedoch nicht direkt im Ohr, sondern außen auf dem Gehörgang. Zur besseren Handhabung sind sie an Bügeln befestigt, die entweder im Nacken oder vor dem Kinn getragen werden. Sie eignen sich besonders für Situationen, in denen ein häufiges Auf- und Absetzen erforderlich ist.
Auf SNR-Wert und Prüfzeichen achten
Um die Qualität und Sicherheit von Gehörschützern zu gewährleisten, sollten Verbraucher:innen auf verschiedene Faktoren achten: Der SNR-Wert (Single Number Rating) gibt den einfachen Dämmwert in Dezibel an. Er beschreibt den Lautstärkeunterschied vor und hinter dem Gehörschutz. "Bei Konzerten, Festivals oder anderen Großveranstaltungen sollten Verbraucher:innen wegen der hohen Lautstärke grundsätzlich zu Gehörschützern mit einem höheren SNR-Wert zwischen 30 und 37 Dezibel greifen", sagt Siegl. Um sicherzustellen, dass der Gehörschutz gemäß den geltenden EU-Richtlinien hergestellt wurde, ist auf eine CE-Kennzeichnung zu achten. Eine genauere Orientierung bietet das Siegel einer unabhängigen Prüforganisation. Gehörschützer mit diesem Prüfzeichen wurden von unabhängigen Stellen wie dem TÜV auf Sicherheit, Funktionalität, Qualität und Schadstoffe geprüft und garantieren die Einhaltung von Normen wie der DIN EN 352 für allgemeine Anforderungen an Gehörschützer als Teil persönlicher Schutzausrüstung (PSA).
Kinderohren besonders schützen
Das Gehör von Kindern ist besonders empfindlich. Dauerhafte Lärmbelastungen können bei Kleinkindern zu Schwerhörigkeit führen und die Hörentwicklung erheblich beeinträchtigen. Bereits 80 Dezibel können das kindliche Gehör schädigen. Das ist in etwa so laut wie ein Rasenmäher. Auch Trommelfellschäden und Tinnitus sind bei hoher Lärmbelastung ein Risiko. Deshalb sollten Kinder bei Veranstaltungen grundsätzlich einen Gehörschutz tragen. "Einige Konzert- und Festivalveranstalter achten bereits darauf, dass Kinder Gehörschutz tragen. Gehörschützer für kleine Konzertbesucher:innen sollten optimal passen, damit laute Geräusche, kritische Frequenzen und hohe Schallpegel nicht in die Tiefen des Gehörganges und bis zum Trommelfell gelangen können", sagt Siegl. Für Kinder jeden Alters gibt es sowohl Kapselgehörschützer als auch besonders kleine Gehörschutzstöpsel. Weiterhin sollten große und kleine Besucher:innen Abstand zu den Lautsprechern halten und nach der Veranstaltung eine Ruhepause einlegen.
Quelle und Kontaktadresse:
TÜV Verband e.V.
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