Starke lokale Partner machen effiziente Humanitäre Hilfe überhaupt erst möglich
(Freiburg) - Das internationale System der Humanitären Hilfe ist hinsichtlich der Kooperation mit lokalen Partnerorganisationen verbesserungswürdig. Das ist das Ergebnis der Studie Unfulfilled Promises - Addressing the gap between commitments and practice in locally led humanitarian action des Center for Humanitarian Action (CHA/Berlin), in der die Praxis von 20 Geberstaaten, UN-Organisationen und internationalen Hilfswerken kritisch analysiert wird. Die im Auftrag von Caritas Europa entstandene Studie stellt eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem theoretischen Anspruch der internationalen Geber, humanitäre Gelder in enger Kooperation vor Ort mit lokalen Akteuren für die Hilfsbedürftigen nachhaltig einzusetzen, und der bestehenden Praxis fest und mahnt Verbesserungen an.
Ein Ranking der Untersuchten zeigt deutlich, dass die Umsetzung der Humanitären Hilfe sehr variiert. Dabei fällt auf, dass sowohl Geber wie auch international tätige Hilfsorganisationen allenfalls ein befriedigendes Ergebnis erreichen (max. 66 von 100 Punkten). Immerhin: Deutschland als zweitgrößter Geber schneidet in der Bewertung öffentlicher Geldgeber am besten ab, gefolgt von der Europäischen Union und Norwegen.
In der Rangliste der Hilfsorganisationen belegen die UN-Organisationen (UNHCR, WFP und UNICEF) die ersten drei Plätze.
Die Studie kritisiert zudem, dass die Hilfen und Projekte nach wie vor von den großen Hilfswerken des Nordens nahezu unter Ausschluss der lokalen Partner konzipiert und organisiert werden. Die lokalen Organisationen werden lediglich als ausführender, langer Arm der Geldgeber gesehen. Damit aber, so das Fazit der Untersuchung, werden die vor Ort vorhandenen Wissensressourcen und praktischen Fähigkeiten der lokalen Partner verschenkt, was zu Ineffizienzen führen und die Reichweite sowie die Wirksamkeit der Hilfen deutlich einschränken kann. Die Kosten der Hilfen können durch lokale Partner beispielsweise um fast ein Drittel gesenkt werden, so ein Ergebnis der Studie. Dadurch kann mit gleichem Mitteleinsatz mehr Hilfe geleistet werden.
"Humanitäre Hilfe kann vor allem dort effizient und wirklich gezielt die Bedürftigen erreichen, wo die Helfenden sich gut auskennen. Dieses Wissen haben nur die Mitarbeitenden lokaler Organisationen", so Oliver Müller, Leiter von Caritas international. Eine Hilfe, die zudem nachhaltiger ist, weil die lokalen Organisationen auch nach der Akutphase einer Krise vor Ort bleiben. "Diese lokalen Partnerstrukturen, wie sie die Caritas weltweit aufgebaut hat und pflegt, sind Gold wert. Sie bilden das Rückgrat der Humanitären Hilfe", sagt Müller.
Doch die gängige Praxis der Geber und internationaler Hilfsorganisationen missachtet diese Erkenntnis und verletzt auch die 2016 selbst gesetzte Verpflichtung, wonach mindestens ein Viertel der Hilfsgelder direkt an lokale Akteure weitergegeben werden sollen.
Grundlage der Untersuchung ist eine kritische Betrachtung der Humanitären Hilfe in den Ländern Libanon und Kolumbien. Neben den großen internationalen Hilfswerken wurden auch zahlreiche kooperierende Partnerorganisationen in den beiden Ländern befragt. In diesen Organisationen, so ein weiteres Ergebnis, ist die Frustration groß, nicht als gleichberechtigter Partner anerkannt zu werden.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Caritasverband e.V.
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