Stahlindustrie fordert Versachlichung der Diskussion zur Energiepolitik / Das Gutachten des bremer energie-instituts ist ein vergeblicher Versuch, die Auswirkungen der Strompreiserhöhungen zu verharmlosen
(Düsseldorf) - Das Präsidium der Wirtschaftsvereinigung Stahl übt scharfe Kritik an dem im Auftrag von RWE erstellten Gutachten Perspektiven für die energieintensive Industrie am europäischen Strommarkt des Bremer Energieinstituts. Das Gutachten leugnet die allseits bekannten Wettbewerbsdefizite am Strommarkt, urteilt Prof. Dr.-Ing. Dieter Ameling, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, anlässlich einer Präsidiumssitzung am 14.12.2005 in Essen. Mit der Studie werde vergeblich versucht, die Auswirkungen der Strompreiserhöhungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrien in Deutschland zu verharmlosen. Die Strompreise sind in diesem Jahr in Deutschland um etwa 30 Prozent angestiegen, weil die Energieversorger kostenlos zugeteilte CO2-Zertifikate zum aktuellen Börsenkurs in die Strompreise einkalkulieren und diese aufgrund des fehlenden Wettbewerbs auch im Strommarkt überwälzen können. Allein für die Stahlunternehmen in Deutschland entsteht hierdurch eine jährliche Mehrbelastung in Höhe von etwa 150 Millionen Euro.
Ameling kritisierte insbesondere, dass einschlägige Strompreisvergleiche für die energieintensive Industrie, die Deutschland eindeutig als Hochpreisland ausweisen, ohne überzeugende Begründung durch die Gutachter in Frage gestellt würden. Darüber hinaus weise die Studie erhebliche methodische Mängel auf: So werde mit Blick auf die Stahlindustrie nicht zwischen Erzeugungsrouten bei der Stahlherstellung differenziert. Unberücksichtigt bleibe daher die besondere Problematik der Strompreiserhöhungen für die Elektrostahlunternehmen. Auch könnten andere Einflussgrößen auf die Unternehmensergebnisse, z. B. Lohnkosten, kein Argument für überhöhte Strompreise sein. Beide Faktoren haben Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, so Ameling. Ingesamt sei das Gutachten nicht geeignet, die industrielle Wirklichkeit in den untersuchten Branchen abzubilden.
Allerdings gewinnt Ameling dem Gutachten auch positive Seiten ab: So würden die Gutachter immerhin anerkennen, dass die stromintensive Stahlindustrie im globalen Wettbewerb die gestiegen Stromkosten nicht weiterreichen kann. Auch werde aus dem Gutachten ersichtlich, dass die wirtschaftlichen Potentiale zu weiteren Stromeinsparungen in stromintensiven Branchen wie der Stahlindustrie weitestgehend ausgeschöpft sind. Weitere Verteuerungen des Stromverbrauchs würden daher nicht mehr die Energieeffizienz verbessern, sondern nur die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche aufs Spiel setzen.
Aus Sicht des Präsidiums der Wirtschaftsvereinigung Stahl müssen auf dem von Bundeskanzlerin Merkel angeregten Energiegipfel im Januar konkrete Schritte zur Senkung der Strompreise eingeleitet werden. Die Mitglieder des Präsidiums begrüßen ausdrücklich die Absicht der neuen Bundesregierung, den Wettbewerb auf den Energiemärkten zu intensivieren. Darüber hinaus müsse aber auch der Strompreis von politisch verursachten Zusatzbelastungen befreit werden. Auch sei es dringend erforderlich, die Diskussion um die Probleme des Energiemarktes in Deutschland zu versachlichen. Das Gutachten des Bremer Instituts sei hierfür jedoch nicht geeignet.
Quelle und Kontaktadresse:
Wirtschaftsvereinigung Stahl
Beate Brueninghaus, Leiterin, Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit
Sohnstr. 65, 40237 Düsseldorf
Telefon: (0211) 6707-0, Telefax: (0211) 6707-165
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Sustainable Finance-Strategie der EU-Kommission: Transformation hin zur grünen Stahlproduktion darf nicht aufs Spiel gesetzt werden
- Energieeffizienz-Netzwerke: Stahlindustrie beteiligt sich an Fortführung der Initiative
- Nationale Wasserstoffstrategie: Wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer CO2-armen Stahlindustrie