Städtetag übt heftige Kritik an fehlender Entlastung bei Sozialausgaben / 2004 keine Trendwende bei den Stadtfinanzen
(Berlin) - Nach drei harten finanziellen Krisenjahren für die Kommunen wird das Jahr 2004 nicht die erhoffte Trendwende bringen. Der Deutsche Städtetag rechne mit neuen Einschnitten in kommunale Dienstleistungen, weil die Gemeindefinanzreform trotz gründlicher Diskussionen ausgeblieben sei, stellte die Präsidentin des kommunalen Spitzenverbandes, die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, in einer Erklärung zum Jahreswechsel fest. In der Kultur, im Sport, in der Weiterbildung, in der Sozialarbeit würden viele Städte 2004 gezwungen sein, weitere Angebote zu reduzieren. Für die Instandhaltung von Schulen, Sportstätten und Straßen werde es weiter an Geld fehlen.
Die Kompromisse des Vermittlungsausschusses zur Gewerbesteuer und zur Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe sind absolut unzulänglich, um die Städte wieder finanziell handlungsfähig zu machen. Bund und Länder haben die legitimen Ansprüche der Kommunen trotz der spürbaren Folgen für die Bürgerinnen und Bürger sehr unzureichend berücksichtigt, begründete Frau Roth ihre negative Vorhersage.
Die Städtetagspräsidentin bezeichnete die von Bundestag und Bundesrat kurz vor Weihnachten beschlossene Hilfe für die Kommunen als Tropfen auf den heißen Stein und verlangte substantielle Nachbesserungen. Bitter enttäuscht sind die Städte darüber, dass sie durch die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe keinesfalls entlastet werden, obwohl ihnen ein Rückgang der Sozialausgaben um mehrere Milliarden Euro versprochen wurde. Eine Entlastung der Kommunen ist völlig unrealistisch, weil sie künftig die Unterkunftskosten für sämtliche Arbeitslosengeld II-Bezieher und Sozialhilfeempfänger übernehmen müssen. Viele Städte müssen deshalb sogar mit Mehrbelastungen rechnen, sagte Frau Roth.
Den kommunalen Entlastungen bei den erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern um rund 11 Milliarden Euro ab dem Jahr 2005 stünden künftig in gleicher Höhe kommunale Unterkunftskosten gegenüber. Zudem seien die Kosten für zusätzliche Aufgaben der Kommunen in der sozialen Betreuung und Beratung von Langzeitarbeitslosen zu niedrig angesetzt: Deshalb muss der Bund die Belastung der Kommunen mit den Unterkunftskosten begrenzen, bevor die neuen Regelungen in Kraft treten. Und die Länder müssen uns garantieren, dass sie ihre eigene Entlastung in Milliardenhöhe an die Kommunen weitergeben.
Im Jahr 2004 müsse die Gemeindefinanzreform auf der Tagesordnung bleiben und tatsächlich verwirklicht werden. Dies sei zwingend, damit die Städte ihre Defizite abbauen und wieder stärker investieren könnten, forderte Frau Roth. Unter dem Strich blieben den Kommunen 2004 durch die Berliner Beschlüsse gerade einmal 1,5 Milliarden Euro bei einem voraussichtlichen kommunalen Haushaltsdefizit für 2003 von rund 10 Milliarden Euro und einem Verfall der kommunalen Investitionen um jährlich 10 Milliarden Euro im Zehn-Jahres-Vergleich. Die angekündigten Mehreinnahmen von 2,6 Milliarden Euro durch die Verringerung des Anteils von Bund und Ländern an der Gewerbesteuer und andere Korrekturen bei der Gewerbesteuer reduzierten sich durch das Vorziehen der Steuerreform erheblich. Das Senken der Gewerbesteuerumlage sei außerdem keine Reform der Gewerbesteuer, sondern lediglich die längst überfällige Korrektur einer Fehlentscheidung von Bund und Ländern.
Mit Blick auf die neue Steuerdebatte sagte die Städtetagspräsidentin: Die Städte versperren sich einer großen Steuerreform nicht. Bund und Länder müssen dabei jedoch nicht nur ihre eigene Haushaltslage beachten, sondern auch eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen. Außerdem müsse die Föderalismuskommission echte Mitwirkungsrechte der Kommunen in Gesetzgebungsverfahren absichern. Denn Bund und Länder dürften in Zukunft keine Kompromisse mehr schließen können, die sich massiv auf die Städte auswirken, aus deren Sicht aber nicht vertretbar sind.
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